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Prüfungsängste und deren Behandlung - Psychologie und ...

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4.4 Angst aus strategischer <strong>und</strong> taktischer Sicht<br />

In den vorangegangenen Kapiteln wurde aufgezeigt, dass Prüfungsängstliche ihre Leistungen<br />

anders attribuieren als nicht-Ängstliche. Wie wir aber gleich sehen werden, kann Angst selbst<br />

die Möglichkeit bieten, eine selbstwertschützende Ursachenzuschreibung vorzunehmen.<br />

Daten über Prüfungsangst werden meist durch Selbstbeobachtungsfragebögen gewonnen.<br />

Dabei wird vorausgesetzt, dass die Befragten willig sind, ihre „wahren“ Emotionen zu<br />

beschreiben, was aber nicht immer zutreffen muss. So werden Prüfungen vor allem von hoch<br />

Prüfungsängstlichen als bedrohliche soziale Bewertungssituationen aufgefasst. Bei Misserfolg<br />

besteht die Gefahr, sich selbst als wenig intelligent <strong>und</strong> kompetent beurteilen zu müssen <strong>und</strong><br />

von an<strong>deren</strong> auch so gesehen zu werden. Um diese Bedrohung abzuwenden, benutzen viele<br />

Menschen Strategien <strong>und</strong> Taktiken zur Eindruckssteuerung <strong>und</strong> Selbstpräsentation. Schlenker<br />

(1980, p. 6) schreibt dazu: „Impression management is the concious or unconsious attempt to<br />

control images that are projected in real or imagined social interactions.” Wobei wir uns nach<br />

diesem Autor, indem wir das beeinflussen, was andere von unserer Persönlichkeit, unseren<br />

Fähigkeiten <strong>und</strong> unserem Charakter denken sollen, nicht selten selbst so beeinflussen, dass<br />

wir glauben, das zu sein, was wir vorgeben.<br />

Zwei wichtige Strategien, die zur Eindruckssteuerung eingesetzt werden, sind selfhandicapping<br />

<strong>und</strong> selbstdienliche Erklärungen (self-serving explanations). So wies schon<br />

Adler (1913, p. 42, zitiert nach Smith, Snyder & Handelsmann, 1982, p. 314) darauf hin, dass<br />

Patienten ihre Symptome einsetzen, um ihr Selbstwertgefühl zu schützen: „The patient<br />

declares that he is unable to solve his task on account of the symptoms, and only on account<br />

of these.“ Diese Sichtweise einer strategischen Nutzung von Symptomen wurde von an<strong>deren</strong><br />

aufgegriffen. Berne (1964) schreibt dazu, dass psychisch Kranke ihre Störung als Holzbein<br />

oder Entschuldigung benutzen, um die Verantwortung für ihre Taten <strong>und</strong> unerwünschte<br />

Erwartungen anderer zurückzuweisen. Jones <strong>und</strong> Berglas (1978) entwickelten aus diesen<br />

Hinweisen ein Modell, um die selbstdienliche Funktion psychischer Symptome im Sinne<br />

einer self-handicapping Strategie zu beschreiben. Diese Strategie wird benutzt, um die kausale<br />

Attribution von Erfolg oder Misserfolg zu kontrollieren. Der Student hat durch seine Angst<br />

eine gültige Entschuldigung für einen Misserfolg, wodurch er verhindern kann, dass dieser<br />

auf niedrige Kompetenzen oder mangelnde Intelligenz zurückgeführt werden kann. Hat er<br />

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