Gärtnern macht Schule - Ministerium für Ländlichen Raum und ...
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Zu den „Erlebnispflanzen“ zählen zweifellos auch<br />
die ein- <strong>und</strong> zweijährigen Sommerblumen. Sie<br />
bestimmen die sommerliche Formen- <strong>und</strong> Farbenpracht<br />
eines Gartens. Manche einjährige Sommerblumen<br />
können auch auf einer hellen Schulfensterbank vorkultiviert<br />
werden. Um eine Fehlentwicklung infolge<br />
einseitiger Belichtung zu verhindern, kann man den<br />
„Spiegeltrick“ anwenden: Man stellt auf der Fensterbank<br />
konträr zum Lichteinfall <strong>und</strong> unmittelbar hinter<br />
den Pflanzen einen Spiegel auf. Sommerblumen<br />
sind sehr gut geeignet, den Schülern eine Vorstellung<br />
vom Lebenszyklus einer Pflanze zu vermitteln.<br />
Für die Anzucht auf der Schulfensterbank sind u.a.<br />
Tagetes, Levkoje, Zinnie, Schöngesicht <strong>und</strong><br />
Schwarzäugige Susanne geeignet. Eine große Anzahl<br />
einjähriger <strong>und</strong> natürlich alle zweijährigen<br />
Sommerblumen können auch im kalten Kasten bzw.<br />
im Freiland ausgesät werden (s. Tabelle 4).<br />
Gartenwildkräuter („Unkräuter“)<br />
Zum Garten gehören nicht nur eine Vielzahl von<br />
Nutz- <strong>und</strong> Zierpflanzen, sondern auch Pflanzen, die<br />
„ungerufen“ in allen Winkeln eines Gartens, vor allem<br />
aber auf den Beeten, erscheinen. Hier machen<br />
sie den Nutz- <strong>und</strong> Zierpflanzen Platz, Nährstoffe <strong>und</strong><br />
Wasser streitig <strong>und</strong> können so den Ernteertrag<br />
schmälern. Diese unerwünschten Pflanzen werden<br />
seit alters her „Unkräuter“ genannt <strong>und</strong> oft mit allen<br />
nur zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft. Es<br />
handelt sich hierbei um Wildpflanzen, die in besonderer<br />
Weise an die Lebensbedingungen des Gartens<br />
angepasst sind. Die Grenzen zwischen den Nutz-<br />
<strong>und</strong> Zierpflanzen auf der einen <strong>und</strong> den „Unkräutern“<br />
auf der anderen Seite sind fließend, denn nicht wenige<br />
von den erstgenannten waren einmal „Unkräuter“<br />
bevor sie zu Nutzpflanzen avancierten, z.B.<br />
Feldsalat <strong>und</strong> Gartenportulak.<br />
Der naturnahe Gartenbau hat einen Wandel in der<br />
Einstellung gegenüber den „Unkräutern“ mit sich<br />
gebracht: Man sieht in ihnen nicht nur Pflanzen, denen<br />
man im Rahmen einer ethisch orientierten Einstellung<br />
zur Natur das gleiche Lebensrecht wie den<br />
übrigen Pflanzen zubilligen muss, sondern kann<br />
ihnen, vom Gärtnerischen her betrachtet, sogar positive<br />
Seiten abgewinnen, wie weiter unten dargestellt<br />
wird. Das schließt nicht aus, dass sie bei zu starkem<br />
Wachstum zurückgedrängt werden müssen, aber<br />
dies gilt ja gleichermaßen auch z.B. <strong>für</strong> Ringelblu-<br />
men <strong>und</strong> Garten-Rittersporn. Die Bedürfnisse des<br />
Menschen <strong>und</strong> die Ansprüche der Natur sollten sorgfältig<br />
gegeneinander abgewogen werden.<br />
Mehr als 90 % der europäischen Acker- <strong>und</strong> Gartenwildkräuter<br />
stammen aus dem Mittelmeerraum<br />
bzw. dem westlichen Asien (Hanf, 1984) <strong>und</strong> kamen<br />
in frühgeschichtlicher Zeit mit den gleichfalls aus<br />
diesem <strong>Raum</strong> stammenden Nutzpflanzen zu uns.<br />
Viele Arten sind in ihrem Vorkommen bedroht <strong>und</strong><br />
stehen daher auch unter Naturschutz. Im Garten<br />
dominieren solche Wildkräuter, deren Lebensweise<br />
es entgegenkommt, dass der Boden vom Frühjahr<br />
bis in den Sommer hinein durch Hacken offen gehalten<br />
wird, so dass ihre Samen laufend an die Beetoberfläche<br />
gebracht werden. Sie sind wärmeliebend,<br />
haben eine kurze Entwicklungszeit <strong>und</strong> dadurch<br />
mehrere Generationen pro Vegetationszeit. Ein bew<strong>und</strong>ernswertes<br />
Beispiel ist das Hirtentäschel:<br />
• einjähriger Lebenszyklus<br />
• pro Pflanze bis zu 40 000 Samen<br />
• drei Generationen pro Jahr<br />
• variable Keimruhe von 3 Tagen bis viele Monate<br />
• kann nahezu ganzjährig blühen, d.h. keine Blühperiodizität<br />
• Samengewicht 0,0001 bis 0,0002 g (d.h. Windverbreitung<br />
möglich)<br />
• grün überwinternd, d.h. im Frühling sofort in den<br />
„Startlöchern“.<br />
Der Nutzaspekt von Gartenwildkräutern<br />
• Die frühblühenden Wildkräuter sind attraktiv <strong>für</strong><br />
Insekten, deren Larven Blattläuse vertilgen, z.B.<br />
<strong>für</strong> Schwebfliegen (Weiss, Stettmer, 1991). Das<br />
gilt vor allem <strong>für</strong> Rote Taubnessel, G<strong>und</strong>elrebe<br />
<strong>und</strong> Persischen Ehrenpreis, die die ersten Pollen-<br />
<strong>und</strong> Nektarlieferanten <strong>für</strong> die aus der Winterstarre<br />
erwachenden Marienkäfer <strong>und</strong> außerdem <strong>für</strong> die<br />
im März ausschwärmenden Hummelköniginnen<br />
<strong>und</strong> Wildbienen sind.<br />
• Gartenwildkräuter stellen eine wichtige Nahrungsquelle<br />
<strong>für</strong> die im Garten heimischen Vögel<br />
dar.<br />
• Sie sorgen vorübergehend <strong>für</strong> eine Belebung,<br />
Durchwurzelung <strong>und</strong> Bedeckung des Bodens, zu<br />
einer Zeit, wo die Nutzpflanzen dies noch nicht<br />
selbst besorgen können.<br />
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