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56]<br />
Anspruch und Ausrichtung<br />
Am 18. Januar führte die 2007 gegründete<br />
Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges<br />
Bauen e.V. (DGNB) ihre Auftaktveranstaltung<br />
»Lebensräume zukunftsfähig gestalten«<br />
durch: Im Audimax der Fachhochschule<br />
für Technik und Wirtschaft in Berlin<br />
präsentierten Mitglieder der DGNB aus<br />
Bauwirtschaft und -wissenschaft sowie<br />
Vertreter aus der Politik vor 230 Teilnehmern,<br />
wie sie eine ganzheitliche, am gesamten<br />
Lebenszyklus von Immobilien<br />
orientierte Betrachtung etablieren wollen.<br />
Die DGNB versteht sich als zentrale Organisation,<br />
die deutschlandweit eine umfassende<br />
Informations- und Weiterbildungsplattform<br />
für nachhaltige Planung, Realisierung<br />
und Nutzung von Gebäuden bietet.<br />
Den Mittelpunkt ihrer Arbeit soll die Vergabe<br />
eines Zertifikats bilden, das ökologische,<br />
ökonomische und soziokulturelle<br />
Aspekte des Bauens hinsichtlich ihrer<br />
Nachhaltigkeit bewertet.<br />
Für das Zertifizierungssystem existiert aber<br />
noch kein definitiver Kriterienkatalog.<br />
Sobald dieser vorliegt, möchte die DGNB<br />
seine Umsetzung ab der Planung mit Vorzertifikat<br />
bis hin zum endgültigen Zertifikat<br />
nach Baufertigstellung sichern, wobei<br />
Zusatzausbildungen von Architekten und<br />
Ingenieuren, ein Handbuch und speziell<br />
zugelassene Gutachter helfen sollen, die<br />
Zielvorgaben zu erfüllen. Ein Ausschuß der<br />
DGNB kontrolliert abschließend den ordnungsgemäßen<br />
Ablauf des gesamten Verfahrens<br />
und vergibt nach positiver Prüfung<br />
ein Zertifikat und eine Gebäudeplakette. Im<br />
Juni beabsichtigt man, die ersten Bauten<br />
mit einem solchen Zertifikat auf der »Consense«,<br />
einem Kongreß mit Fachausstellung,<br />
der 2008 erstmals in der Messe Stuttgart<br />
stattfindet, vorzuzeigen.<br />
Die DGNB begreift das Zertifikat als Instrument,<br />
durch das die deutsche und europäische<br />
Bauwirtschaft ihre Umweltkompetenz<br />
international unterstreichen kann.<br />
Erfahrungen mit bereits im Ausland praktizierten<br />
Bewertungssystemen sollen dabei<br />
Nachhaltigkeit im Bauwesen zertifizieren?<br />
Ein Angebot zur ganzheitlichen Immobilienbewertung<br />
ebenso einfließen wie die Resultate des<br />
Runden Tisches Nachhaltiges Bauen des<br />
Bundesministeriums für Verkehr, Bau und<br />
Stadtentwicklung, aktuelle Qualitätsstandards<br />
zur Nachhaltigkeit, Qualitäts- und<br />
Gütezertifizierungen für Bauprodukte<br />
sowie zu Umweltdeklarationen wie beispielsweise<br />
ISO 14026; agieren möchte die<br />
DGNB unter dem Dach des World Green<br />
Building Council.<br />
Bedarf und Bedeutung<br />
Die Ziele sind hochgesteckt. Allerdings<br />
läßt die von der DGNB angestrebte Zertifizierung<br />
– abgesehen davon, wie hoch der<br />
Bedarf an einem solchen Nachweis von<br />
Investoren, Käufern und Mietern tatsächlich<br />
ist – bisher viele Fragen offen. So zum<br />
Beispiel, ob das DGNB-Zertifikat als das<br />
alleinige Gütesiegel für nachhaltiges<br />
Bauen in Deutschland eingeführt wird:<br />
Weder die Bundesarchitekten- und die<br />
Bundesingenieurkammer noch die Deutsche<br />
Energie-Agentur GmbH (dena) engagieren<br />
sich in der DGNB. Die dena fungierte<br />
aber zwischen 2005 und 2006, also<br />
während der Pilotphase des europäischen<br />
Green-Building-Programms, als nationaler<br />
Ansprechpartner.<br />
Außerdem bleibt unklar, welchen Stellenwert<br />
das DGNB-Zertifikat neben dem ab<br />
Juli 2008 gesetzlich vorgeschriebenen<br />
Energieausweis einnehmen wird; dieser ist<br />
eine Umsetzung einer EU-Richtlinie und<br />
zehn Jahre gültig. Benötigt ein Bauherr<br />
künftig einen Ausweis und/oder ein Zertifikat?<br />
Wie lange gilt ein DGNB-Zertifikat?<br />
Wie hoch sind die Kosten für das mehrgliedrige<br />
Verfahren? Und inwieweit finden,<br />
wie bei anderen Klassifizierungen üblich,<br />
zum Beispiel nach ISO 9000 ff., regelmäßige<br />
Überprüfungen der Zertifizierungen<br />
statt?<br />
Das Qualitätszeichen »Made in Germany«<br />
gibt es in Deutschland bereits durch die<br />
gesetzlichen und technischen Mindestanforderungen,<br />
darüber hinausgehende freiwillige<br />
Einstufungen existieren ebenfalls<br />
schon, nicht zuletzt in Form diverser<br />
Gebäudeenergiestandards. Auch diese<br />
können einem Bauherrn als Marketinginstrument<br />
dienen.<br />
Das Thema Nachhaltigkeit wird zur Zeit<br />
von vielen Akteuren angegangen, und<br />
dementsprechend unterschiedlich und<br />
wenig gebündelt fallen die Lösungswege<br />
aus. Vor dem Hintergrund von Klimaschutz<br />
und Ressourcenverknappung gewinnt eine<br />
ganzheitliche Betrachtung von Immobilien<br />
und deren Werterhaltung natürlich an<br />
Bedeutung. Hier wäre jedoch ein Konsens<br />
aller Beteiligten aus Baubranche und<br />
öffentlicher Hand wünschenswert.<br />
Bettina Gehbauer-Schumacher,<br />
Griesheim<br />
[Umrisse]