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Bücher ]<br />
98]<br />
Brücken an der Wand<br />
Spätestens zu Anfang eines Jahres darf<br />
man sich mit der Frage beschäftigen, welche<br />
Art von Abbildungen oder Informationen<br />
in den nächsten zwölf Monaten die<br />
Wand verzieren, also vor, neben oder hinter<br />
dem Schreibtisch für einen gestalterischen<br />
Mehrwert oder wenigstens ein paar<br />
nützliche Angaben sorgen soll. Und das<br />
fällt in der Regel nicht ganz leicht, flattern<br />
einem doch immer wieder auf- und umklappbare<br />
»Werbeplakate« ins Haus, deren<br />
offenbar kaum zu stoppende Flut in Umfang<br />
und Farbigkeit lediglich von dem<br />
durchaus munter anwachsenden Angebot<br />
an sogenannten Architekturkalendern<br />
überflügelt wird.<br />
Daß die (Aus-)Wahl trotzdem keine großen<br />
Schwierigkeiten machen muß, liegt nicht<br />
zuletzt an zwei Kalendern, die sich nicht<br />
nur wohltuend von dem üblichen Einer-lei<br />
abheben, sondern auch fast zwangsläufig<br />
den Blick auf Bauwerke lenken, die zwar<br />
oft und gerne überquert, aber eher selten<br />
beachtet oder gar angemessen gewürdigt<br />
werden. Brücken aus verschiedenen Epochen<br />
darstellend, ja im besten Sinne veranschaulichend,<br />
zeigen sie nun beide eine<br />
wahrlich beeindruckende Bandbreite an<br />
Spannweiten, Formen und Konstruktionen<br />
– um quasi en passant zu beweisen, wann<br />
und warum gerade solche Geh- oder Fahrwegstrukturen<br />
einen kaum zu unterschätzenden<br />
Beitrag zur (Bau-)Kultur leisten.<br />
Wer vermag sich dieser monatlichen Anregungen<br />
jetzt (noch) zu verschließen?<br />
Stefan Teufel<br />
Deutsche Stiftung Denkmalschutz (Hrsg.):<br />
Brücken 2008. Verlag der Deutschen Stiftung<br />
Denkmalschutz, Bonn 2007. 12 doppelte<br />
Kalenderblätter plus Informationsseiten,<br />
23 cm x 57 cm, 13,80 Euro.<br />
Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />
Stadtentwicklung (Hrsg.): Brücken in<br />
Deutschland. Kalender 2008. Bundesanzeiger<br />
Verlag, Köln 2007. 12 Kalenderblätter<br />
plus Deck-blatt, 42 cm x 38 cm, 19,80 Euro.<br />
Angriff auf die Stadt<br />
Trotz der heute oft und gerne übersehenen<br />
Tatsache, daß sich nicht jede Idee und<br />
jedes Projekt ökonomisch erklären oder<br />
gar aus wirtschaftlichen Gründen rechtfertigen<br />
lassen, scheint das Zepter der sogenannten<br />
finanziellen Vernunft inzwischen<br />
zum alle und alles erschlagenden Instrument<br />
avanciert zu sein, das irgendwelche<br />
Formen des Widerspruchs bereits im Keim<br />
zu ersticken droht. Und dennoch gab und<br />
gibt es immer wieder Versuche, genau das<br />
ans Tageslicht zu befördern, was zu einer<br />
»ordentlichen« Meinungsbildung gehört –<br />
nämlich die unbeliebten, die eher unbequemen<br />
Standpunkte, sorgen doch erst sie<br />
für das eigentlich unabdingbare Spektrum<br />
an Auswahlkriterien.<br />
»Angriff auf die City« ist nun eine solche<br />
Streitschrift, ein Werk, das durchaus Ablehnung<br />
hervorrufen kann und vielleicht<br />
auch will, zugleich aber – und das zählt<br />
sicherlich zu seinen größten Verdiensten –<br />
eine längst überfällige Diskussion anstößt,<br />
ja dank nicht weniger höchst bedenkenswerter<br />
Argumente und Positionen geradezu<br />
herausfordert. Planung und Bau innerstädtischer<br />
Einkaufszentren unter den unterschiedlichsten<br />
Aspekten thematisierend,<br />
rühmt dieses Buch daher nicht die<br />
vermeintlich positive Kaufkraftanhäufung<br />
an einem Ort, sondern beleuchtet primär<br />
deren negative Auswirkungen, also Veränderungen<br />
und Konsequenzen, die von der<br />
(stets) möglichen Zerstörung historischer<br />
Kerne bis hin zum (mitunter) realen Verlust<br />
an identitätsstiftenden Strukturen reichen.<br />
An klaren Worten ermangelt es den Autoren<br />
dabei nicht, wenn sie zum Beispiel die<br />
Strategien mancher Entwickler charakterisieren<br />
(sollen) …<br />
Man braucht ihnen natürlich nicht zuzustimmen,<br />
es »genügt« schon, zu erkennen,<br />
warum eine derartige Perspektivenergänzung<br />
(generell) notwendig bleibt.<br />
Michael Wiederspahn<br />
Walter Brune, Rolf Junker, Holger Pump-<br />
Uhlmann (Hrsg.): Angriff auf die City. Kritische<br />
Texte zur Konzeption, Planung und<br />
Wirkung von integrierten und nichtintegrierten<br />
Shopping-Centern in zentralen<br />
Lagen. Droste Verlag, Bonn 2007. 288 S.,<br />
zahlr. Abb., geb., 18 Euro.<br />
Neues Bauen aus Überzeugung<br />
Bei der Frage, wer das »Neue Frankfurt«<br />
de facto repräsentiert, werden die meisten<br />
wohl automatisch an Ernst May und infolgedessen<br />
an einen Baudezernenten denken,<br />
unter dessen Ägide die sogenannte<br />
Brigade May in nur fünf Jahren ganze<br />
12.000 Wohnungen und diverse andere Gebäude<br />
errichten konnte, die das Bild der<br />
Mainmetropole durchaus nachhaltig zu<br />
verändern vermochten. Was hier zwischen<br />
1925 und 1930 entstand, hat ja auch Architekturgeschichte<br />
geschrieben, ist daher<br />
vielfach dokumentiert und analysiert, gelobt<br />
oder kritisiert – und sogar versuchsweise<br />
»modern« interpretiert worden. Über<br />
einen Mangel an Literatur, an mehr oder<br />
minder schöngeistigen Veröffentlichungen<br />
läßt sich also kaum klagen, so daß sich<br />
der Wunsch nach weiteren Erörterungen<br />
oder zusätzlichen Aspekten nicht unbedingt<br />
aufdrängt.<br />
Dieser »Schwierigkeit« wissen Helen Barr<br />
und Ulrike May hingegen in höchst erfreulicher<br />
Form auszuweichen, indem sie keine<br />
trockene Abhandlung für sach- und fachkundigste<br />
Detailexperten vorlegen, sondern<br />
schlicht und einfach zu einem Spaziergang,<br />
zu einer Entdeckungsreise durch<br />
eine bewegte Zeit und deren stählerne<br />
oder steinerne Strukturen einladen. Insgesamt<br />
neun Siedlungen und sieben Einzelbauwerke<br />
umfassend, bietet ihr zusammen<br />
mit der Photographin Rahel Welsen erarbeiteter<br />
Streifzug mithin die Möglichkeit<br />
einer ebenso unverkrampften wie informativen<br />
Annäherung an den Riederwald, die<br />
Römerstadt, den Bornheimer Hang, das<br />
I.G.-Farben-Haus, die Großmarkthalle oder<br />
das Gesellschaftshaus im Palmengarten,<br />
wobei historische Aufnahmen, zum Beispiel<br />
von der »Frankfurter Küche«, für die<br />
wünschenswerte Fundierung von Kontext<br />
und Entwicklungslinien sorgen: Eine solche<br />
Aufforderung müßte man eigentlich<br />
aufgreifen.<br />
Rudolf Richter<br />
Helen Barr, Ulrike May, Rahel Welsen: Das<br />
Neue Frankfurt. Spaziergänge durch die<br />
Siedlungen Ernst Mays und die Architektur<br />
seiner Zeit. B3 Verlag, Frankfurt am Main<br />
2007. 144 S., zahlr. Abb., br., 16,90 Euro.<br />
[Umrisse]