Tagebuch eines Wachsoldaten
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In Glurns ist für den Zug Endstation. Er fährt nicht weiter.
Ihr müsst hingegen weitergehen. In einer Entfernung von 16
oder 18 Kilometern befindet sich der Reschensee. Dort entspringt
die Etsch. 108
Ihr werdet den See – wenn der Mond scheint – vom Berg aus
sehen. Ich empfehle euch, den See zu meiden. Noch ein paar
Kilometer und ihr seid an der Grenze. Ich weiß nicht, wie
ich euch die Lage beschreiben soll, aber eine letzte Warnung:
Seid sehr, sehr vorsichtig, ihr seid Geächtete, ihr seid verfolgte
Männer. Wenn sie euch erwischen, war alles umsonst.
Erzählt niemals, dass es ein italienischer Soldat war, der die
Flucht geplant hat. [An den englischen Freund gerichtet]:
Deine Gefährten verstehen meine Sprache nicht. Besprich mit
ihnen ausführlich die bevorstehenden Schwierigkeiten und
Risiken der Flucht, oder vielmehr die doppelten Gefahren,
denen ihr beim Überqueren der Grenze ausgesetzt seid.
Es gibt am Reschenpass zwei Kontrollpunkte, an denen die
italienischen Wachen, Patrouillen der Soldaten und der Zollwächter
besonders präsent sind. Diese Herren bewachen und
kontrollieren alle Bewegungen am Grenzübergang. Sollte eure
Flucht missglücken (möge Gott euch beistehen), werdet ihr
zunächst in das Lager zurückgebracht. Verratet niemals, dass
es ein italienischer Wachsoldat war, der euch den Fluchtweg
aufgezeichnet hat.
Wisset, dass ihr mir viel zu denken gebt, und dass mir das
auch Angst macht. Mein befreundeter Gefangener hat sehr
viel studiert und ist superintelligent [...].“
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