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Nr. 55 - Sommer 2015

Provence: Sénanque, klösterliche Besinnung in der Provence Baskenland: Corniche Basque, von Saint-Jean-de-Luz nach Hendaye Ärmelkanal: Le Touquet-Paris-Plage, ein Strand für die Hauptstadt Korsika: Wenn Steine zu sprechen beginnen Loire-Tal: Saumur: Stall, Schloss, Fluss Chantals Rezept: Mes quiches favorites

Provence: Sénanque, klösterliche Besinnung in der Provence
Baskenland: Corniche Basque, von Saint-Jean-de-Luz nach Hendaye
Ärmelkanal: Le Touquet-Paris-Plage, ein Strand für die Hauptstadt
Korsika: Wenn Steine zu sprechen beginnen
Loire-Tal: Saumur: Stall, Schloss, Fluss
Chantals Rezept: Mes quiches favorites

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UNTERWEGS IN FRANKREICH Korsika<br />

Die Hinkelsteine von Filitosa befinden sich in einer idyllischen<br />

Umgebung. Manche Menhire haben anthropomorphe<br />

Züge. S. 59: Die im Halbkreis stehenden Menhire sehen aus<br />

wie Wächter. S. 58: Je nach der eigenen Fantasie kann man<br />

Gesichter oder gar Menschen in den Steinen erkennen.<br />

Die Anlage von Filitosa mit ihren vielen verstreut liegenden<br />

Steinen, Bauten und Felsformationen befindet sich<br />

inmitten eines alten Olivenhains auf einer kleinen Anhöhe.<br />

Diese strategisch günstige Position wurde nachweislich<br />

bereits vor 8.000 Jahren von Hirten und Bauern besiedelt.<br />

Ab 3500 v. Chr. wurden die Megalithiker sesshaft,<br />

ab 1600 v. Chr. tauchten die sogenannten Torreaner auf,<br />

ein fremdes Seevolk, das in der Bronzezeit die Bewohner<br />

Korsikas bedrängte und turmförmige Festungsbauten<br />

(torre) errichtete.<br />

Filitosa ist für Fachleute, aber auch für die Besucher<br />

der Anlage unter anderem deshalb so interessant, weil nirgendwo<br />

sonst im Mittelmeerraum megalithische Menhire<br />

und Turmbauten der Torreaner am selben Ort gefunden<br />

wurden. Das bedeutet, dass vor ca. 4.000 Jahren megalithische<br />

und torreanische Stämme aufeinandergetroffen<br />

waren, wobei letztere die Oberhand gewannen und die<br />

megalithischen Zeitgenossen in die Schranken wiesen.<br />

Roger Grosjean ging davon aus, dass die beiden Kulturen<br />

einander feindlich gesinnt waren. Denn megalithische<br />

Menhire wurden von den Torreanern « zweckentfremdet »<br />

und als Baumaterial in deren typische Rundbauten integriert.<br />

Entstanden sind Kastelle und Wehrtürme, heute nur<br />

noch als Ruinen erkennbar.<br />

Als Menhir bezeichnet man übrigens aufgerichtete,<br />

mehr oder minder große Monolithen. Der Begriff kommt<br />

ursprünglich aus dem Bretonischen und bezeichnete einen<br />

langen Stein (maen = Stein, hir = lang). Diese Bezeichnung<br />

fand bereits Ende des 18. Jahrhunderts Eingang in die<br />

archäologische Fachliteratur Frankreichs und Kontinentaleuropas.<br />

Menhire werden auch Hinkelsteine genannt<br />

– Asterix und Obelix lassen grüßen. Falls die Steinsäulen<br />

anthropomorphe Formen, zumindest aber Kopfumrisse,<br />

Augenpaare oder Gesichter aufweisen, nennt man sie<br />

Menhir-Statuen. Die Menhire von Filitosa stellen zudem<br />

teilweise Krieger mit Schwertern dar.<br />

Filitosa ist parkähnlich erschlossen und von einer<br />

großen Ringmauer umgeben. Die Anlage ist in mehrere<br />

Bereiche gegliedert: Man kann ein Ost- und Westmonument,<br />

ein zentrales Kultmonument, eine Siedlung mit<br />

torreanischen Bauten und mehrere Steinformationen<br />

besichtigen. Es lässt sich für den Laien manchmal kaum<br />

erkennen, was die Natur bereits im Ursprung geliefert hat<br />

oder was Menschen später herausgemeißelt haben.<br />

Den Rundgang durch den Freiluftpark beginnen die<br />

meisten Besucher am Koloss « Filitosa V ». Mit den wenig<br />

poetischen Bezeichnungen der Steine muss man sich<br />

abfinden, die Namensgebung entspricht archäologischen<br />

Gepflogenheiten. Sie ist darauf ausgelegt, die Katalogisierung<br />

praktisch und nachvollziehbar zu machen. « Filitosa<br />

V » ist demnach der fünfte in der Anlage gefundene Menhir.<br />

Die Statue lässt Waffen und angedeutete Kleidung erkennen.<br />

Mit zweieinhalb Metern Höhe gehört sie zu den<br />

größten auf Korsika gefundenen Menhir-Statuen. Der<br />

Kopfteil ist jedoch verloren gegangen.<br />

Umgekehrt verhält es sich bei anderen Menhiren, die<br />

60 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>

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