FRANKREICH HEUTE Großevents tee (IOC) angekündigt, rund 1,8 Milliarden Euro selbst beizusteuern. Eine weitere Milliarde Euro ist aus dem Ticketverkauf und Sponsoring zu erwarten. Bleiben also rund drei Milliarden Euro, die die französischen Steuerzahler bzw. die Privatwirtschaft aufbringen müssten. Eine Summe, die beherrschbar erscheint. Gleichzeitig weiß man aber, dass derartige Großevents am Ende oft teurer werden als anfänglich geplant. Allerdings hat die Vergangenheit gezeigt, dass die Kostensteigerungen meist im Bereich des Ausbaus der Infrastruktur anfallen, so etwa in Sotchi beim Bau der Skistationen oder in Athen bei der Konstruktion eines neuen Flughafens. Im Fall von Paris ist die Infrastruktur aber weitestgehend vorhanden. Die Chancen sind also nicht schlecht, dass der Kostenrahmen eingehalten werden könnte. Außerdem ist die Hälfte des Budgets für den Bau des Olympischen Dorfes vorgesehen. Es würden Wohnungen entstehen, in die nach den Spielen die Pariser selbst einziehen könnten, was sich positiv auf den angespannten Wohnungsmarkt in der französischen Hauptstadt auswirken würde. Obwohl die offizielle Machbarkeitsstudie von einem Sportverband kam, hat sie Anne Hidalgo und ihr Team überzeugt. Die Bürgermeisterin erklärte inzwischen, dass die Stadt ihren Hut in den Ring beim IOC werfen wolle. Am 13. April gab außerdem das Stadtparlament seine Zustimmung für eine Bewerbung. Der offizielle Bewerbungsprozess beim IOC kann in Gang gesetzt werden. Olympische Spiele 2024 in Paris wären zudem ein schönes Jubiläum. Denn das letzte Mal trafen sich die Olympioniken 1924 an der Seine, also genau 100 Jahre vorher. Ob es aber wirklich dazu kommen wird, ist noch vollkommen offen. Der Wettbewerb um die Spiele ist hart. Aber nicht nur die anderen Bewerberstädte um die Olympischen Spiele 2024 wie Hamburg, Rom oder Boston könnten dem französischen olympischen Traum entgegenstehen. Es gibt auch noch eine hausgemachte Konkurrenz. Es mehren sich nämlich Stimmen, die wollen, dass Paris im Jahre 2025 Austragungsort der Weltausstellung wird. Käme die Stadt zum Zuge, würde zum siebten Mal eine Expo in der Seine-Metropole stattfinden. Allerdings ist die letzte schon eine Ewigkeit her: Sie fand 1937, zwei Jahre vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, statt. Am berühmtesten war vermutlich die Weltausstellung von 1900, der Paris emblematische Bauwerke wie den Eiffelturm, das Grand Palais, das Petit Palais oder den Bahnhof « Gare de Lyon » zu verdanken hat. In einem Jahr könnte Frankreich seine Bewerbung für die Expo 2025 beim Weltausstellungsbüro, das sich interessanterweise ebenfalls in Paris befindet, einreichen. Sogar einen Slogan gibt es bereits: Au cœur des territoires s’ouvre celui des hommes (dt. etwa Im Herzen der Regionen öffnen sich die Herzen der Menschen). Die Weltausstellung würde sechs Monate dauern. Man geht von 80 Millionen Besuchern aus. Die Expo wäre damit ein sehr viel größerer Publikumsmagnet als die Olympischen <strong>Sommer</strong>spiele, die lediglich wenige Millionen Live-Besucher anziehen würden. Anders als bei der Weltausstellung von 1900 will man dieses Mal kein neues Wahrzeichen wie den Eiffelturm errichten. Herzstück der Expo soll ein 200.000 Quadratmeter großes « digitales Expo-Dorf » irgendwo im Pariser Großraum sein. Daneben soll es zwölf weitere « Antennen » geben, die sich über die ganze Stadt, aber auch über andere Orte im Land verteilen könnten. Die Weltausstellung würde damit näher an die Menschen heranrücken und symbolträchtige Orte wie Bahnhöfe, besondere Plätze oder kulturelle Einrichtungen erobern. Die genauen Details sind noch offen. Auf der Kostenseite geht man momentan von drei Milliarden Euro aus. Außerdem würde eine Weltausstellung genau wie Olympische Spiele diverse Infrastrukturmaßnahmen beschleunigen. Die Befürworter der Expo- Bewerbung nennen als Beispiel gerne eine schnellere Schienenanbindung der beiden Pariser Flughäfen Charles de Gaulle und Orly an die Innenstadt, die nach bisherigen Planungen bis 2030 realisiert werden soll, dann aber schon 2025 fertig sein könnte. Aber welcher Bewerbung soll man nun den Vorrang einräumen? Oder sollten trotz der zeitlichen Nähe beide Events gleichzeitig angestrebt werden? Für Anne Hidalgo ist die Sache klar: « Bleiben wir vernünftig. Entweder Olympische Spiele oder Weltausstellung. Beide Ereignisse können erfolgreich sein. Aber beide zusammen sind nicht verantwortungsvoll. Ab einem gewissen Moment muss man sich für ein Projekt entscheiden. » Anders sehen das die Politiker auf nationaler Ebene. Sowohl François Hollande als auch Premierminister Manuel Valls sehen keinen Grund für ein « Entweder-Oder ». Letzterer erklärte Mitte April vor einer Versammlung der Bürgermeister der Kommunen des Pariser Großraumes: « Beide internationalen Ereignisse haben eine Chance. Paris ist groß genug, beides auszurichten. » Trotzdem hegen viele Menschen Zweifel, ob Frankreich in der derzeitig wirtschaftlich schwierigen Lage des Landes beide Großereignisse wirklich stemmen kann. Zurzeit werden dennoch erst einmal beide Bewerbungen vorangetrieben. Für das Weltausstellungsprojekt hat man Pascal Lamy, den ehemaligen Kopf der Welthandelsorganisation, als Chef gewinnen können. Die Bewerbung um die Olympischen Spiele soll von einem großen Mann aus der Sportwelt angetrieben werden: Bernard Lepasset, der Präsident des Comité Français du Sport International. Die Diskussion um die beiden Projekte wird also auch ein Wettstreit zwischen diesen beiden Männern werden. Es bleibt offen, ob Paris sich am Ende um beide Events bemüht oder eine Vorauswahl trifft. Die Menschen im Land scheinen gespalten zu sein. In Umfragen sprechen sich knapp zwei Drittel der Franzosen für Olympische Spiele in Paris aus. Gleichzeitig sagt eine Mehrheit, dass sie die Weltausstellung bevorzugen würde, sollte es nur eines der beiden Events geben. Zu hoffen ist nur, dass sich die Stadt mit zwei derartigen Großereignissen nicht verzettelt und am Ende vielleicht vollkommen leer ausgeht. 80 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
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