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Nr. 55 - Sommer 2015

Provence: Sénanque, klösterliche Besinnung in der Provence Baskenland: Corniche Basque, von Saint-Jean-de-Luz nach Hendaye Ärmelkanal: Le Touquet-Paris-Plage, ein Strand für die Hauptstadt Korsika: Wenn Steine zu sprechen beginnen Loire-Tal: Saumur: Stall, Schloss, Fluss Chantals Rezept: Mes quiches favorites

Provence: Sénanque, klösterliche Besinnung in der Provence
Baskenland: Corniche Basque, von Saint-Jean-de-Luz nach Hendaye
Ärmelkanal: Le Touquet-Paris-Plage, ein Strand für die Hauptstadt
Korsika: Wenn Steine zu sprechen beginnen
Loire-Tal: Saumur: Stall, Schloss, Fluss
Chantals Rezept: Mes quiches favorites

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den Moment zu genießen. Und was gibt es Schöneres, als<br />

entspannt in einer Zeitung zu schmökern und die Umgebung<br />

zu beobachten. Allerdings gibt es durchaus Kellner –<br />

gerade in Paris –, die ihre Träumer gerne auffordern, noch<br />

ein weiteres Getränk zu bestellen, schließlich nehmen sie<br />

anderen potentiellen Kunden den Platz weg, wenn sie nur<br />

lesen und nicht viel konsumieren.<br />

Neben Tee und Kaffee gibt es ein weiteres Getränk,<br />

welches bei den Franzosen beliebt ist und 1954 in Bordeaux<br />

erfunden wurde: « le cacolac ». Hierbei handelt<br />

es sich um einen Kakao, der in fast allen Cafés in einer<br />

nostalgisch anmutenden Flasche serviert wird. Wenn Sie<br />

diesen bestellen, werden Sie in den Augen des Kellners<br />

unweigerlich in den Rang eines wahren Kenners der französischen<br />

Lebensart erhoben.<br />

Gerade im <strong>Sommer</strong> möchten viele Franzosen jedoch<br />

lieber etwas Erfrischendes trinken und bestellen daher<br />

« un citron pressé » oder « une orange pressée », um damit<br />

zugleich in den Genuss gesunder Vitamine zu kommen.<br />

Gleichzeitig ist diese Getränkeauswahl sehr günstig, da<br />

Sie nicht nur ein Glas mit dem ausgepressten Saft bekommen,<br />

sondern auch noch eine Karaffe mit Leitungswasser,<br />

die üblicherweise so viel Flüssigkeit enthält, dass Sie mehrere<br />

Stunden mit Ihrem Getränk verbringen können.<br />

Allerdings sollten Sie nicht versuchen, eine Saftschorle<br />

zu bestellen, sei es auf Basis von Apfelsaft oder jeglicher<br />

anderer Fruchtsorten. Damit wird man Sie sofort als Tourist<br />

identifizieren, da eine Saftschorle gänzlich unbekannt<br />

ist. Franzosen können sich darunter schlicht nichts vorstellen.<br />

Wenn Sie auf gar keinen Fall auf Ihre Saftschorle<br />

verzichten wollen, müssen Sie einen Saft und ein Mineralwasser<br />

getrennt bestellen. Der Kellner wird aber nicht<br />

verstehen, was Sie damit vorhaben.<br />

Am nächsten kommt einer Schorle vielleicht noch<br />

eine Orangina, wenn diese auch weniger mit einer Orangensaftschorle<br />

zu vergleichen ist, sondern eher mit einer<br />

Orangenlimonade. Kohlensäurehaltige Getränke gibt es<br />

dagegen natürlich viele. Es sind die gleichen großen Marken<br />

wie überall auf der Welt, etwa Coca-Cola, Pepsi oder<br />

Schweppes. Wenn man eine Cola bestellen will, sagt man<br />

übrigens « un coca s.v.p. » und nicht « un cola s.v.p. ».<br />

Wenn es um alkoholische Getränke geht, sind Franzosen<br />

üblicherweise sehr traditionell. Einen einzelnen<br />

Mann vor seinem Bierglas sitzen zu sehen, ist nichts Ungewöhnliches,<br />

eine oder mehrere Frauen dagegen schon.<br />

Während in nordeuropäischen Ländern in diesem Punkt<br />

Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern herrscht<br />

und der Genuss von Bier eher eine Geschmacksfrage ist,<br />

so wird es in Frankreich immer noch als wenig schicklich<br />

angesehen, wenn Frauen Bier trinken.<br />

Ähnlich verhält es sich mit dem Pastis oder Ricard.<br />

Diese anishaltigen Getränke, welche an Marseille und<br />

die Provence erinnern, werden ebenfalls vorwiegend von<br />

Männern getrunken. Hin und wieder wird ein Pastis mit<br />

etwas Minzsirup bestellt, wobei dann beim Kellner nach<br />

einem « Perroquet » gefragt wird, weil die grüne Minzfarbe<br />

an einen Papagei erinnert. Gerade in Südfrankreich<br />

können Sie sicher sein, mit dem Bestellen eines « Perroquet<br />

» ein äußerst typisches <strong>Sommer</strong>getränk zu genießen.<br />

Auch beim Wein halten sich Klischees und Gebräuche<br />

hartnäckig. Während Frauen üblicherweise ein Glas<br />

Weißwein bestellen, greifen Männer eher zu Rotwein.<br />

Doch ganz langsam ändern sich hier die Verhaltensweisen.<br />

Nicht unwesentlich dazu beigetragen hat der Roséwein,<br />

der üblicherweise als « der » klassische <strong>Sommer</strong>wein<br />

angesehen wird. Die Franzosen sind sogar Weltmeister,<br />

wenn es um Roséweine geht: 37 Prozent der weltweiten<br />

Produktion dieser Weine werden in Frankreich getrunken.<br />

Die US-Amerikaner konsumieren nur zwölf Prozent<br />

der Weltproduktion und die Deutschen sogar nur neun<br />

Prozent. Interessanterweise wird in Frankreich jedoch<br />

nicht der meiste Rosé im Süden, sondern im Loire-Tal getrunken,<br />

wie 2014 eine offizielle Studie des INPES, dem<br />

nationalen Institut der Suchtvorbeugung und Gesundheitsausbildung,<br />

herausgefunden hat. Diese Region liegt<br />

mit 43,5 Prozent an der Spitze im Land.<br />

Frankreich ist jedoch nicht nur der größte Konsument<br />

von Roséwein, sondern auch der größte Produzent – vor<br />

Italien und Spanien. Allerdings ist der Konsum so hoch,<br />

dass Frankreich trotzdem Roséweine importieren muss.<br />

Viele Franzosen sehen einen Rosé als « das » klassische<br />

Getränk an, welches in größerer Runde auf der Terrasse<br />

eines Cafés getrunken wird. Für sie gehören Sonne, Urlaub,<br />

gutes Essen und ein Glas Rosé einfach zusammen.<br />

Wenn Sie sich von den vielen Rosétrinkern um sich<br />

herum abheben möchten, sollten Sie nicht einfach nur einen<br />

großen Eiskübel mit einer Roséweinflasche bestellen,<br />

sondern einen « rosé pamplemousse ». Diese auf den ersten<br />

Blick merkwürdige Mixtur aus Roséwein und Pampelmusenaroma<br />

wird von einigen Franzosen sehr geschätzt, da<br />

der oftmals gar nicht so leichte Rosé damit eine frischere<br />

Note erhält.<br />

Wenn Sie jedoch ein geübter Biertrinker sind, dann<br />

wird Ihnen Frankreich wie die Diaspora vorkommen,<br />

da der Bierausschank mitnichten mit Bierkulturen wie<br />

in Belgien oder Deutschland zu vergleichen ist. Wer ein<br />

großes frisch gezapftes Pils liebt, der wird sich über das<br />

25cl-Glas wundern, in dem normalerweise belgisches oder<br />

holländisches Bier großer Konzerne ausgeschenkt wird.<br />

Manchmal bestellen die bierliebenden Franzosen auch ein<br />

« Monaco », ein Bier mit Granatapfelsirup, welches vielen<br />

Puristen sicher nie auf den Tisch kommen würde.<br />

Vor allem der Preis lässt viele Biertrinker davor zurückschrecken,<br />

in Frankreich Bier in rauen Mengen zu<br />

konsumieren, da beispielsweise in Paris das 25cl-Glas oft<br />

bereits fünf Euro oder mehr kostet. Außerdem ist es in<br />

Frankreich relativ untypisch, ein Bier zu bestellen, so dass<br />

Sie mit einem Pastis oder Rosé nicht nur besser aufgehoben<br />

sind, sondern sich auch vortrefflich an die französische<br />

Kultur und einheimischen Gebräuche anpassen. Und<br />

am schönsten ist ohnehin, was man sich in Frankreich<br />

beim Anstoßen wünscht: « Santé! » (dt. Gesundheit).<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 83

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