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Nr. 45 - Mai / Juni 2013

Côte d'Azur: Grasse, der Duft einer Hauptstadt Lothingen: Saint-Louis / Arzviller: ein Fahrstuhl für Schiffe Camping: Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze Normandie: Heimat des Impressionismus Loire-Mündung: zwischen Nantes und Saint-Nazaire, Kunst am Fluss Pyrenäen: le Train Jaune, ein Zug als Wahrzeichen Interview: Patricia Kaas Rezept: Fondant au chocolat au cœur de framboises Wein: die Kunst der Karaffierens und Dekantierens Genuss: die AOC der Pays de la Loire

Côte d'Azur: Grasse, der Duft einer Hauptstadt
Lothingen: Saint-Louis / Arzviller: ein Fahrstuhl für Schiffe
Camping: Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze
Normandie: Heimat des Impressionismus
Loire-Mündung: zwischen Nantes und Saint-Nazaire, Kunst am Fluss
Pyrenäen: le Train Jaune, ein Zug als Wahrzeichen
Interview: Patricia Kaas
Rezept: Fondant au chocolat au cœur de framboises
Wein: die Kunst der Karaffierens und Dekantierens
Genuss: die AOC der Pays de la Loire

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UNTERWEGS IN FRANKREICH Pyrenäen<br />

Was soll ich Ihnen sagen, dieser Zug ist wirklich<br />

kein Zug wie jeder andere. Er ist ein fester Bestandteil<br />

unserer Identität. Selbst diejenigen, die<br />

«<br />

ihn gar nicht benutzen, sehen ihn als einen Teil ihrer Heimat<br />

an. Der Gelbe Zug ist für uns, was der Eiffelturm für<br />

die Pariser darstellt. Wir können uns nicht vorstellen, ohne<br />

ihn zu leben », erzählt uns ein Einheimischer am Bahnhof<br />

von Villefranche-de-Conflent, dem östlichen Ausgangspunkt<br />

der Zugstrecke, eine knappe Autostunde westlich<br />

von Perpignan.<br />

Diese Worte bringen auf den Punkt, welche Bedeutung<br />

die ungewöhnliche Schmalspurbahn in den östlichen<br />

Pyrenäen innehat. Sie stammen zudem nicht von irgendeinem<br />

Passagier, sondern von Joël Molinier. Der 40-Jährige<br />

ist einer der 14 Lockführer, die ungeachtet jeglicher<br />

meteorologischer Widrigkeiten den Gelben Zug Tag für<br />

Tag über die 62 Kilometer und 607 Meter lange Strecke<br />

vom 427 Meter hohen Villefranche-de-Conflent ins 1.231<br />

Meter hohe Latour-de-Carol steuern. Seit 1996 leistet Joël<br />

Molinier dabei seinen Dienst auf der Lokomotive. « Ich<br />

habe diesen Zug einfach im Blut », meint er, « denn seit<br />

meiner Kindheit spielt die Bahn eine Rolle in meinem Leben.<br />

Meine Mutter war Zugabfertigerin in Villefranchede-Conflent.<br />

»<br />

Durch die schönsten Landschaften<br />

der östlichen Pyrenäen<br />

Joël Molinier ist sich bewusst, dass er einen der schönsten<br />

Arbeitsplätze seiner Zunft besitzt. Auf dem Weg von<br />

Villefranche-de-Conflent nach Latour-de-Carol überwindet<br />

er mit seiner Bahn nicht nur Höhenunterschiede von<br />

1.165 Metern (der Scheitelpunkt der Strecke befindet sich<br />

auf einer Höhe von 1.592 Metern bei Bolquère), sondern<br />

passiert dabei auch eine der spektakulärsten Berglandschaften<br />

der Pyrenäen. Unterwegs sieht er die Gipfel des<br />

Massif du Canigou, Massif du Chambre d’Aze, Massif du<br />

Carlit und Massif du Puigmal, allesamt mythische Berge<br />

für Wanderer. Wo könnte man schöner arbeiten?<br />

Das Befahren der Strecke ist allerdings alles andere<br />

als eine gemütliche Spazierfahrt. Die engen Kurven und<br />

steilen Anstiege bzw. Abfahrten sind eine Herausforderung<br />

an jeden Lokomotivführer, zumal der Zug bei jedem<br />

Wetter unterwegs ist, bei Schnee im Winter genauso wie<br />

bei großer Hitze im Sommer. Zeitweise muss der Gelbe<br />

Zug Steigungen von sechs Prozent meistern. Ab sieben<br />

Prozent wäre dies ohne Zahnradtechnik gar nicht mehr<br />

möglich. Die Schmalspurbahn fährt also am Limit. Die<br />

Lokführer erhalten eine spezielle Ausbildung für die Strecke.<br />

Hinzu kommt, dass der Betrieb des Gelben Zuges<br />

noch vollkommen manuell erfolgt. Die Loks und Waggons<br />

sind als historisch einzustufen. Einige Loks (die Z<br />

100, Z 110 und Z 150) stammen noch aus der Zeit, als die<br />

Strecke 1910 eingeweiht wurde. Die Z 202, die von Mitte<br />

November bis Mitte April als Schneepflug eingesetzt<br />

wird, steht sogar unter Denkmalschutz. Die Schmalspurbahn<br />

in den östlichen Pyrenäen ist also definitiv keine<br />

Bahnstrecke wie jede andere. Oder wie uns Joël Molinier<br />

sagt, als wir uns verabschieden, damit er die Zugfahrt beginnen<br />

kann: « Alles an diesem Zug erinnert uns daran,<br />

dass diese Strecke ein historisches Erbe darstellt. Diesen<br />

Zug zu führen, bedarf eines guten Schusses Respekts, sowohl<br />

mit den Händen als auch im Herzen. »<br />

Eine Strecke<br />

von strategischer Bedeutung<br />

An Bord treffen wir Frédéric Roy. Er ist ebenfalls ein<br />

guter Beweis dafür, dass man für die Pyrenäenmetro nicht<br />

aus Zufall arbeitet. Der Zugschaffner ist 38 Jahre alt und<br />

ein leidenschaftlicher Fan der Schmalspurbahn. Als er die<br />

Unten: Im Sommer werden Waggons ohne Dach eingesetzt, was einen ungehinderten<br />

Rundumblick ermöglicht. Rechte Seite: Der Gelbe Zug auf dem Pont Séjourné, auch Pont de<br />

Fontpédrouse genannt, der von 1906 bis 1908 gebaut wurde und das Tal der Têt überspannt.<br />

S. 62/63: Die Schmalspurbahn auf ihrem Weg in die Pyrenäen.<br />

64 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2013</strong>

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