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Nr. 45 - Mai / Juni 2013

Côte d'Azur: Grasse, der Duft einer Hauptstadt Lothingen: Saint-Louis / Arzviller: ein Fahrstuhl für Schiffe Camping: Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze Normandie: Heimat des Impressionismus Loire-Mündung: zwischen Nantes und Saint-Nazaire, Kunst am Fluss Pyrenäen: le Train Jaune, ein Zug als Wahrzeichen Interview: Patricia Kaas Rezept: Fondant au chocolat au cœur de framboises Wein: die Kunst der Karaffierens und Dekantierens Genuss: die AOC der Pays de la Loire

Côte d'Azur: Grasse, der Duft einer Hauptstadt
Lothingen: Saint-Louis / Arzviller: ein Fahrstuhl für Schiffe
Camping: Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze
Normandie: Heimat des Impressionismus
Loire-Mündung: zwischen Nantes und Saint-Nazaire, Kunst am Fluss
Pyrenäen: le Train Jaune, ein Zug als Wahrzeichen
Interview: Patricia Kaas
Rezept: Fondant au chocolat au cœur de framboises
Wein: die Kunst der Karaffierens und Dekantierens
Genuss: die AOC der Pays de la Loire

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UNTERWEGS IN FRANKREICH Pyrenäen<br />

Von Anfang an war die Elektrifizierung der Strecke<br />

fester Bestandteil der Planungen. Anders als sonst üblich<br />

verwirklichte man das aber nicht durch den Bau von<br />

Oberleitungen. Stattdessen kommt eine Seitenstromschiene,<br />

die für Tiere zum Verhängnis werden kann und<br />

deshalb von den Einheimischen zum Beispiel Tue-Chiens<br />

(dt. Hundetöter) genannt wird, zum Einsatz. Diese Technik,<br />

die seit Beginn des 20. Jahrhunderts beim Bau der<br />

Pariser Metro erprobt wurde, bot mehrere Vorteile: So<br />

ließen sich die ingenieurs- und bautechnischen Ansprüche<br />

an die Strecke, die ohnehin schon 19 Tunnel und 40<br />

Brücken aufweist, reduzieren, da man nicht noch aufwändige<br />

Oberleitungen errichten musste. Außerdem ist eine<br />

solche Seitenstromschiene weniger störungsanfällig bei<br />

Unwettern und im Winter lässt sie sich besser von Eis und<br />

Schnee befreien.<br />

Um aber wirklich beurteilen zu können, wie fortschrittlich<br />

die Elektrifizierung zur damaligen Zeit war,<br />

muss man sich klarmachen, dass es damals noch kein großes,<br />

flächendeckendes Stromnetz im Land gab wie heute.<br />

Damit die Schmalspurbahn trotzdem mit Strom fahren<br />

konnte, legten die Ingenieure einen Stausee im Têt-Tal<br />

an, den Lac des Bouillouses, sowie ein Wasserkraftwerk.<br />

Dank dieser Einrichtungen fährt der Gelbe Zug bis heute<br />

ausschließlich mit grünem Strom aus Wasserkraft.<br />

Das ist aber nicht die letzte Besonderheit dieser<br />

Zugstrecke. Eine weitere wartet an der Endstation in<br />

Latour-de-Carol. Dieser kleine Bahnhof an der französisch-spanischen<br />

Grenze ist nicht nur ein internationaler<br />

Bahnhof, sondern auch einer der ganz wenigen in der<br />

Welt, an dem Schienen mit drei unterschiedlichen Spurbreiten<br />

ankommen: die einen Meter breiten Schienen der<br />

Schmalspurbahn, die Schienen der normalen französischen<br />

Eisenbahn mit einer Breite von 1,435<br />

Metern und die Schienen der spanischen Eisenbahn<br />

mit einer Breite von 1,668 Metern.<br />

Ein Technikerbe in Gefahr<br />

Ein ökologisches Verkehrsmittel<br />

All diese Besonderheiten sowie die Geschichte<br />

reichen aber nicht aus, damit die<br />

Zukunft des Gelben Zuges wirklich gesichert<br />

ist. Politiker, Eisenbahner und Passagiere<br />

sind sich zwar grundsätzlich einig,<br />

dass die Pyrenäenmetro ein Wahrzeichen<br />

der Region ist. Doch damit ist noch nicht die<br />

finanzielle Situation geregelt. Allerdings sind<br />

die wirtschaftlichen Sorgen nicht neu. Schon<br />

öfter war die Zukunft der Bahn ungewiss, da<br />

die Rentabilität – so wie bei vielen Nebenstrecken<br />

im Bahnnetz – nicht gesichert ist.<br />

Doch in Zeiten allgemeiner Etatkürzungen<br />

und wirtschaftlicher Probleme kommt die<br />

Frage nach dem Weiterbetrieb fast zwangsweise<br />

wieder auf den Tisch.<br />

In ihrer 100-jährigen Geschichte war die Schmalspurbahn<br />

nur in den ersten zwei Jahrzehnten von 1910<br />

bis 1930 profitabel. Rein wirtschaftlich betrachtet ist das<br />

sicherlich ungenügend. So stand die Strecke bereits 1968<br />

auf einer Liste des französischen Verkehrsministers über<br />

zu schließende Nebenstrecken im Land. Doch die Einheimischen<br />

und Fans der Eisenbahn wehrten sich damals<br />

erfolgreich. Der Gelbe Zug blieb in Betrieb. Die Frage<br />

nach einer Schließung wurde für ein paar Jahre vergessen.<br />

Ein Symbol<br />

des Widerstandes gegen den Staat<br />

In den 1980er-Jahren kam die Frage der Schließung<br />

aber neu auf. Als François Mitterrand 1981 an die Macht<br />

kam, schob er ein großes Dezentralisierungsprojekt an.<br />

Der Zentralstaat sollte zugunsten der Regionen auf Macht<br />

verzichten. Eine Politik, die seitdem von den Nachfolgeregierungen<br />

weitergeführt wurde. Denn die Übertragung<br />

von Kompetenzen auf die Regionen bedeutet für die Zentralregierung<br />

auch Kostenersparnisse. In Bezug auf das<br />

Eisenbahnnetz hatte dies zur Folge, dass Regionalstrecken,<br />

die Train Express Régionaux (TER), zwar weiterhin<br />

von der nationalen SNCF betrieben, von den Regionen<br />

aber bezahlt werden müssen. Folglich wurde auch die Pyrenäenmetro<br />

zu einem TER.<br />

Diese politische Neuordnung des Landes war eine<br />

kleine Revolution, die allerdings nicht ohne Proteste<br />

durchgesetzt werden konnte, wobei die kleine Schmalspurbahn<br />

in den östlichen Pyrenäen unerwartet zu einem<br />

nationalen Symbol des Widerstandes wurde. Im Herbst<br />

1985 wehrten sich zwölf Eisenbahner der Linie, die<br />

« Douze de Cerdagne » (dt. Die Zwölf von Cerdagne) die<br />

Umstrukturierung der staatlichen Eisenbahngesellschaft<br />

66 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2013</strong>

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