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Nr. 45 - Mai / Juni 2013

Côte d'Azur: Grasse, der Duft einer Hauptstadt Lothingen: Saint-Louis / Arzviller: ein Fahrstuhl für Schiffe Camping: Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze Normandie: Heimat des Impressionismus Loire-Mündung: zwischen Nantes und Saint-Nazaire, Kunst am Fluss Pyrenäen: le Train Jaune, ein Zug als Wahrzeichen Interview: Patricia Kaas Rezept: Fondant au chocolat au cœur de framboises Wein: die Kunst der Karaffierens und Dekantierens Genuss: die AOC der Pays de la Loire

Côte d'Azur: Grasse, der Duft einer Hauptstadt
Lothingen: Saint-Louis / Arzviller: ein Fahrstuhl für Schiffe
Camping: Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze
Normandie: Heimat des Impressionismus
Loire-Mündung: zwischen Nantes und Saint-Nazaire, Kunst am Fluss
Pyrenäen: le Train Jaune, ein Zug als Wahrzeichen
Interview: Patricia Kaas
Rezept: Fondant au chocolat au cœur de framboises
Wein: die Kunst der Karaffierens und Dekantierens
Genuss: die AOC der Pays de la Loire

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hinzunehmen. Sie befürchteten, dass diese Regionalisierung<br />

mittelfristig das Ende der Pyrenäenmetro bedeuten<br />

würde. Kurzerhand widersetzten sie sich den Ordern ihrer<br />

Vorgesetzten und stoppten damit die Reform.<br />

Die Reaktion der Direktion ließ nicht lange auf sich<br />

warten. Sie leitete am 4. März 1986 ein Disziplinarverfahren<br />

mit sofortigen Sanktionen ein. Damit meinte man,<br />

das Problem aus dem Weg geräumt zu haben. Weder die<br />

SNCF noch das Verkehrsministerium ahnten, welches<br />

Ausmaß die Affäre anschließend annehmen würde. Denn<br />

das Medienecho über den Widerstand der zwölf Eisenbahner<br />

wurde Stück für Stück größer, so dass aus der lokalen<br />

Angelegenheit plötzlich eine nationale wurde. Eisenbahnerkollegen<br />

im ganzen Land erklärten sich solidarisch und<br />

traten in Streik. Der kleine Gelbe Zug aus den Pyrenäen<br />

wurde zu einem Synonym im Kampf « gegen Sozialabbau »<br />

und « für die Verteidigung der öffentlichen Grundversorgung<br />

». 1993 wurden die Sanktionen gegen die zwölf Eisenbahner<br />

durch ein Gerichtsurteil schließlich aufgehoben.<br />

Das ewige Problem der Rentabilität<br />

Der Kampf ums Überleben der Pyrenäenmetro hat damit<br />

aber noch nicht aufgehört. An vorderster Front stehen<br />

unverändert die Eisenbahner. « Die SNCF versucht seit<br />

langem, sich des Gelben Zuges zu entledigen », meint Joël<br />

Molinier. « Der Zug wurde nur durch uns Eisenbahner<br />

und die Menschen vor Ort immer wieder gerettet. Wir<br />

haben uns an den Kampf gewöhnt. Der Kampf ist noch<br />

nicht zu Ende. Wir bleiben wachsam. »<br />

So initiierte man vor kurzem eine Internetpetition,<br />

die forderte, dass die Strecke weiterhin von der SNCF<br />

betrieben und nicht privatisiert wird. In eineinhalb Monaten<br />

unterschrieben 10.000 Menschen. Schließlich steht<br />

die große Mehrheit in der Region hinter dem Zug. Wenn<br />

mal wieder eine Aktion vor Ort stattfindet,<br />

erklären sich die meisten Bewohner schnell<br />

solidarisch.<br />

Doch auch die Eisenbahner und Gewerkschaftler<br />

wissen, dass sich die Bestimmung<br />

der Schmalspurbahn immer mehr verändert.<br />

Wurde die Strecke ursprünglich gebaut, um<br />

eine entlegene Bergregion aus ihrer Isolation zu führen,<br />

steht heute immer mehr die touristische Nutzung im Vordergrund.<br />

Natürlich muss sich dies auch auf die Ausrichtung<br />

des Angebots auswirken. Doch genau daran hapert<br />

es zum Teil.<br />

So ist es einerseits richtig, dass die Passagierzahlen<br />

von Jahr zu Jahr rückläufig sind. Andererseits passiert es<br />

regelmäßig, dass im Sommer Passagiere wegen Überfüllung<br />

der Waggons am Bahnsteig zurückbleiben müssen,<br />

da das Angebot nicht für den touristischen Ansturm in<br />

der Hauptsaison gewappnet ist. Dann rächt sich, dass<br />

nicht genug ins Material der Linie investiert wurde. Ist es<br />

aus Desinteresse, Missmanagement oder einfach nur, weil<br />

der Zug noch nicht in der heutigen Zeit angekommen ist?<br />

Sollte man die Pyrenäenmetro deshalb lieber privatisieren?<br />

Ein privater Investor würde das touristische Potential<br />

vielleicht besser erkennen und nutzen. Gleichzeitig wäre es<br />

aber sehr wahrscheinlich, dass die Züge in Zeiten schwachen<br />

Verkehrsaufkommens im Depot blieben. So wie bei<br />

vielen anderen touristischen Einsenbahnstrecken. Die<br />

Meinungen darüber gehen auseinander. Für Frédéric Roy<br />

wäre es eine schlechte Wahl, wie er uns erzählt, als wir uns<br />

schließlich dem Endbahnhof nähern: « Das Risiko wäre zu<br />

groß, dass der Gelbe Zug zu einer touristischen Attrappe<br />

würde und seine Seele verlöre. Das fände ich schade. »<br />

So wird das Zittern weitergehen. Seit 2002 befindet<br />

sich die Schmalspurbahn immerhin auf der Liste der<br />

Orte, die Frankreich eines Tages der UNESCO als Welterbe<br />

vorschlagen könnte. Ähnliche Zugstrecken auf der<br />

Welt profitieren bereits von dieser Auszeichnung. Warum<br />

also nicht auch der Gelbe Zug? Bis auf weiteres werden<br />

Joël Molinier, Frédéric Roy und deren Kollegen aber erst<br />

einmal Tag für Tag von Villefranche-de-Conflent nach<br />

Latour-de-Carol fahren, so wie es seit über 100 Jahren<br />

geschieht.<br />

Rechts: Die mittelalterliche Stadt Villefranche-de-<br />

Conflent, wo sich der östliche Ausgangsbahnhof<br />

der Pyrenäenmetro befindet. Die dicken<br />

Stadtmauern zeugen von einer unruhigen<br />

Vergangenheit. Die Befestigungsanlage<br />

stammt von Vauban und gehört zum Welterbe<br />

der UNESCO. Villefranche-de-Conflent zählt<br />

offiziell zu den schönsten Dörfern des Landes.<br />

Linke Seite: Mit dem Gelben Zug gelangt man<br />

in beliebte Wandergebiete der Pyrenäen,<br />

wie beispielsweise zum Mont Carlit.<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2013</strong> · 67

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