Nr. 45 - Mai / Juni 2013
Côte d'Azur: Grasse, der Duft einer Hauptstadt Lothingen: Saint-Louis / Arzviller: ein Fahrstuhl für Schiffe Camping: Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze Normandie: Heimat des Impressionismus Loire-Mündung: zwischen Nantes und Saint-Nazaire, Kunst am Fluss Pyrenäen: le Train Jaune, ein Zug als Wahrzeichen Interview: Patricia Kaas Rezept: Fondant au chocolat au cœur de framboises Wein: die Kunst der Karaffierens und Dekantierens Genuss: die AOC der Pays de la Loire
Côte d'Azur: Grasse, der Duft einer Hauptstadt
Lothingen: Saint-Louis / Arzviller: ein Fahrstuhl für Schiffe
Camping: Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze
Normandie: Heimat des Impressionismus
Loire-Mündung: zwischen Nantes und Saint-Nazaire, Kunst am Fluss
Pyrenäen: le Train Jaune, ein Zug als Wahrzeichen
Interview: Patricia Kaas
Rezept: Fondant au chocolat au cœur de framboises
Wein: die Kunst der Karaffierens und Dekantierens
Genuss: die AOC der Pays de la Loire
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FRANKREICH HEUTE Kultur<br />
Diese Politik der Dezentralisierung und Förderung<br />
moderner Kunst erklärt aber nur zum Teil, warum sich<br />
Frankreichs Museen ein dynamisches und junges Image<br />
zulegen konnten. Wichtig dafür war auch, dass sich die<br />
Arbeit der Museen und ihre Ausstellungskonzepte revolutioniert<br />
haben. Längst sind Museen wichtige Faktoren für<br />
den Tourismus und damit für die Wirtschaft. Moderne<br />
Marketingaspekte haben Einzug gehalten. Die Menschen<br />
trachten nach grandiosen und spektakulären Events. Die<br />
Museumsdirektoren haben dies begriffen.<br />
So wird die Inszenierung der Kunst in Frankreich –<br />
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Architektur längst<br />
als Markenzeichen.<br />
Dank renommierter<br />
Architekten<br />
wurden und werden<br />
sie zu Ikonen,<br />
die ein großes Medieninteresse und damit Aufmerksamkeit<br />
bei den Menschen erlangen.<br />
Ein gutes Beispiel dafür ist die kürzlich stattgefundene<br />
Eröffnung des Louvre-Lens. Der Neubau wurde von dem<br />
japanischen Büro Sanaa auf dem Gelände eines ehemaligen<br />
Bergwerks errichtet. Es ist ein Bau, der sich durch seine<br />
grandiose Schlichtheit und Transparenz auszeichnet.<br />
Ein Bau, der erstaunt, der begeistert und der damit selbst<br />
zur Sehenswürdigkeit wird. Die Besucher strömen nicht<br />
nur in die neue Zweigstelle, um die dort gezeigte Kunst zu<br />
sehen, sondern auch, um das Museum selbst zu erleben.<br />
Natürlich ist dieses Phänomen, das als Bilbao-Effekt<br />
bekannt ist, wo ein neues Guggenheim-Museum einst eine<br />
ganze Stadt wachküsste, nicht nur in Frankreich zu beobachten.<br />
Neben Bilbao könnte man auch das Museum of Old<br />
& New Art (MONA) auf Tasmanien nennen, das Astrup<br />
Fearnley Museet in Oslo oder das neue, wie eine auf den<br />
Kopf gestellte Pyramide gebaute Museum von Hanoi. Doch<br />
anders als in anderen Ländern haben die Franzosen bereits<br />
eine längere Tradition mit dieser Art der architektonischen<br />
Inszenierung. Man denke an das Centre George Pompidou<br />
mit seinen bunten Rohren im Herzen von Paris oder an die<br />
Pyramide im Innenhof des Louvre. Beides übrigens Bauten,<br />
die damals durchaus kritisch betrachtet wurden, heute aber<br />
ganz selbstverständlich zum Stadtbild gehören.<br />
Doch die baulichen Voraussetzungen sind nur ein<br />
Teil der modernen Inszenierung. Mindestens genauso<br />
wichtig ist die Ausrichtung von spektakulären und<br />
massentauglichen Ausstellungen. Auch in diesem<br />
Bereich haben Frankreichs Museumsdirektoren schon<br />
seit einigen Jahren ein gutes Gespür. Sowohl in Paris<br />
als auch in anderen Städten des Landes vermehren sich<br />
große Ausstellungsevents. Egal ob es um die Geheimnisse<br />
der alten Ägypter oder um Künstler wie Picasso,<br />
Dalí, Renoir, Hopper oder Monet geht, immer mehr<br />
Ausstellungen werden zu einem Event, das man unbedingt<br />
gesehen<br />
haben muss.<br />
Der Hype geht<br />
manchmal sogar<br />
so weit, dass sich<br />
die Besucher schon<br />
in der Nacht anstellen,<br />
um in die<br />
Aus stel lun gen<br />
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wird mit Slogans<br />
wie « die beste<br />
», « die größte »<br />
oder « die außerge<br />
wöhn lichs te Aus stellung » geworben. Dazu kommt der<br />
Effekt, dass solche Großereignisse natürlich Touristen<br />
anziehen. Dies führt bei vielen Einheimischen wiederum<br />
dazu, die Ausstellung auch sehen zu wollen. Ganz nach<br />
dem Motto: Wenn man schon von weit her dafür in die<br />
Stadt anreist, muss man wohl etwas sehen können, was<br />
man nicht verpassen sollte. So verstärkt sich das Phänomen<br />
noch weiter.<br />
Ein Grund für den Zuwachs der Besucherzahlen in<br />
Frankreichs Museen liegt also darin, dass die Franzosen<br />
einem Trend folgen, wie man ihn auch von woanders<br />
kennt. Ein weniger erfreulicher Nebeneffekt zeigt sich<br />
jenseits des Rheins ebenfalls: Am meisten profitieren von<br />
der neuen Lust aufs Museale die Museen, die am sichtbarsten<br />
und am spektakulärsten sind. Denn die Situation<br />
der kleinen, weniger bekannten Museen ist in Frankreich<br />
nicht unbedingt besser als in anderen Ländern – trotz der<br />
steigenden Besucherzahlen allgemein.<br />
So erklärt sich die Situation in Frankreich am Ende<br />
sowohl durch einen allgemeinen Trend, der weltweit zu<br />
beobachten ist, als auch durch einige lokale Besonderheiten,<br />
etwa die Dezentralisierungspolitik im Bereich der<br />
modernen Kunst. Unterm Strich ist aber auf jeden Fall<br />
festzuhalten, dass die Franzosen momentan ihre Museen<br />
lieben und dass sie stolz auf sie sind.<br />
82 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2013</strong>