Nr. 45 - Mai / Juni 2013
Côte d'Azur: Grasse, der Duft einer Hauptstadt Lothingen: Saint-Louis / Arzviller: ein Fahrstuhl für Schiffe Camping: Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze Normandie: Heimat des Impressionismus Loire-Mündung: zwischen Nantes und Saint-Nazaire, Kunst am Fluss Pyrenäen: le Train Jaune, ein Zug als Wahrzeichen Interview: Patricia Kaas Rezept: Fondant au chocolat au cœur de framboises Wein: die Kunst der Karaffierens und Dekantierens Genuss: die AOC der Pays de la Loire
Côte d'Azur: Grasse, der Duft einer Hauptstadt
Lothingen: Saint-Louis / Arzviller: ein Fahrstuhl für Schiffe
Camping: Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze
Normandie: Heimat des Impressionismus
Loire-Mündung: zwischen Nantes und Saint-Nazaire, Kunst am Fluss
Pyrenäen: le Train Jaune, ein Zug als Wahrzeichen
Interview: Patricia Kaas
Rezept: Fondant au chocolat au cœur de framboises
Wein: die Kunst der Karaffierens und Dekantierens
Genuss: die AOC der Pays de la Loire
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in der Flasche bilden kann. Der als<br />
Depot bezeichnete Bodensatz besteht<br />
überwiegend aus Farb- und<br />
Gerbstoffen.<br />
Es kommt in der Praxis selten<br />
vor, dass ein und der gleiche Wein<br />
karaffiert und dekantiert werden<br />
muss.<br />
Welche Weine sollten karaffiert<br />
oder dekantiert werden?<br />
Grundsätzlich können sowohl<br />
Rot- als auch Weißweine karaffiert<br />
bzw. dekantiert werden. Manche<br />
Experten raten sogar, besonders<br />
wertvolle Champagner vor dem<br />
Genuss in eine Karaffe umzufüllen.<br />
Allerdings ist es nicht notwendig,<br />
alle Weine derart zu behandeln.<br />
Grob gesagt karaffiert man Weine,<br />
die jünger als zehn Jahre sind.<br />
Weine, die älter als zehn Jahre sind,<br />
sollten in der Regel nicht karaffiert<br />
werden. Ein solches Vorgehen kann<br />
für ältere Weine sogar gefährlich<br />
sein, denn der plötzliche Kontakt<br />
mit Sauerstoff ist eine wahre<br />
Schocktherapie für den Wein. Es<br />
besteht die Gefahr des Umkippens.<br />
Dekantiert werden müssen nur<br />
Weine, bei denen sich in der Weinflasche<br />
ein Bodensatz gebildet hat.<br />
Wonach entscheiden, ob ein<br />
Wein karaffiert werden sollte?<br />
Um bei einem jüngeren Wein<br />
zu entscheiden, ob ein Karaffieren<br />
wirklich notwendig ist, sollte man<br />
den Wein kurz nach dem Öffnen der<br />
Flasche testen. Dafür gießt man ein<br />
wenig Wein in ein Glas und riecht<br />
daran, ohne das Glas zu schütteln.<br />
Danach schwenkt man das Weinglas,<br />
so dass der Wein mit Sauerstoff<br />
in Kontakt kommt, und riecht erneut<br />
daran. Wenn der Wein beim zweiten<br />
Mal genauso riecht wie beim ersten<br />
Mal, ist kein Karaffieren des Weines<br />
erforderlich. Solche Weine können<br />
direkt serviert werden.<br />
Wenn der Wein beim zweiten<br />
Mal dagegen vollmundiger herüberkommt,<br />
handelt es sich um einen<br />
Wein, der für die volle Entfaltung<br />
seiner Aromen atmen muss. Ein<br />
Karaffieren erscheint sinnvoll. Um<br />
noch sicherer zu sein, kann man<br />
den Wein auch probieren und dieses<br />
rund eine Viertel Stunde später ein<br />
zweites Mal wiederholen. Wenn<br />
beim zweiten Probieren die Aromen<br />
auch geschmacklich besser zum<br />
Vorschein kommen, sollte man den<br />
Wein definitiv karaffieren.<br />
Wonach entscheiden, ob ein<br />
Wein dekantiert werden sollte?<br />
Um über die Frage zu entscheiden,<br />
ob man einen Wein dekantieren<br />
sollte, reicht es, den eigenen Augen<br />
zu vertrauen. Man muss von außen<br />
schlicht den Boden einer Weinflasche<br />
betrachten. Entdeckt man dort<br />
einen Bodensatz, der gerade bei sehr<br />
alten Weinen signifikant sein kann,<br />
sollte man den Wein dekantieren.<br />
Dabei muss man aber auch wissen,<br />
dass dieser Bodensatz etwas vollkommen<br />
Normales ist. Er bedeutet<br />
nicht, dass der Wein weniger gut<br />
ist. Es geht primär um ästhetische<br />
Aspekte.<br />
Wie karaffieren und<br />
dekantierten?<br />
Um einen Wein atmen zu lassen,<br />
gießt man ihn in eine Karaffe, wobei<br />
der Wein mindestens eine Stunde in<br />
der Karaffe verweilen sollte, bevor<br />
man ihn genießt. Die Karaffe sollte<br />
gewöhnlich einen breiten Boden<br />
haben, damit mehr Weinoberfläche<br />
mit der Luft in Verbindung kommt.<br />
Der eigentliche Belüftungsvorgang<br />
findet allerdings während des Umfüllens<br />
statt. Je langsamer man den<br />
Wein in die Karaffe gießt, desto<br />
mehr kommt er mit Sauerstoff in<br />
Berührung. Man sollte also behutsam<br />
vorgehen.<br />
Das Dekantieren ist dagegen ein<br />
etwas delikaterer Prozess. Man muss<br />
den Wein unmittelbar vor der Verkostung<br />
vorsichtig in eine schmale<br />
Karaffe mit geringer Luftspiegelfläche<br />
umfüllen und dabei darauf achten,<br />
dass der Bodensatz in der Flasche<br />
zurückbleibt. Wichtig ist eine<br />
helle Lichtquelle hinter der Flasche,<br />
etwa eine Kerze, um den Bodensatz<br />
gut erkennen zu können.<br />
Wie riskant ist das Karaffieren<br />
und Dekantieren?<br />
Wenn das Karaffieren des Weines<br />
in den meisten Fällen keine<br />
negativen Nebenwirkungen hat, so<br />
weist es trotzdem ein paar Gefahren<br />
auf. Es kann passieren, dass der<br />
Wein bei zu großer bzw. langer Belüftung<br />
seinen Geschmack verliert,<br />
vergleichbar mit der Situation, wenn<br />
man eine offene Flasche vergisst und<br />
zu lange stehen lässt. Deshalb sollte<br />
man darauf achten, Wein nicht zu<br />
lange vor der Verkostung in eine Karaffe<br />
zu füllen.<br />
Beim Dekantieren läuft man<br />
Gefahr, dass ein guter alter Tropfen<br />
seinen Geschmack verliert oder gar<br />
umkippt. Alte Weine sind fragil, das<br />
Dekantieren kann ihnen bei fehlender<br />
Vorsicht schaden. Deshalb muss<br />
der Vorgang mit äußerster Präzision<br />
und Ruhe erfolgen. Im professionellen<br />
Umfeld, beispielsweise in guten<br />
Restaurants, wird deshalb gerne auf<br />
ein Umfüllen in eine Karaffe verzichtet<br />
und stattdessen eine Vorrichtung<br />
verwendet, bei der die Flasche<br />
in waagerechter Position verbleibt<br />
und die ein möglichst gleichmäßiges<br />
und ruhiges Eingießen erlaubt.<br />
Puristen stört bei dem Vorgehen<br />
aber immer noch, dass durch die<br />
horizontale Lage die der Luft ausgesetzte<br />
Oberfläche des Weines zu<br />
groß ist. Sie ziehen es vor, die edlen<br />
Tropfen ganz normal in kleinen<br />
Mengen zu servieren und zwischen<br />
jedem Einschenken die notwendige<br />
Zeit verstreichen zu lassen, bis der<br />
Bodensatz sich wieder sammelt.<br />
Dies ist wahrscheinlich die sicherste<br />
Vorgehensweise, aber auch eine, die<br />
am meisten Zeit und Geduld beansprucht.<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2013</strong> · 85