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CRESCENDO 5/18 September-Oktober 2018

CRESCENDO - das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Mit großer Würdigung Leonard Bernsteins und Interviews mit Martin Stadtfeld, Iveta Apkalna und Julian Prégardien.

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crescendo: Dem Schwaben muss ich diese Frage stellen. Haben<br />

Sie heute schon Ihre 17 ECHOS abgestaubt?<br />

Günter Hänssler: Noch nicht. Aber meine Haushälterin schimpft<br />

immer, wenn ich wieder eine neue Trophäe mit nach Hause bringe.<br />

Ich darf sie nur bei Editionen mitnehmen, wenn der Künstler nicht<br />

auf der Bühne war.<br />

Alles fing 1919 mit einem kleinen Lied an …<br />

… Auf Adlers Flügeln getragen von Anni von Viebahn, ein geistliches<br />

Gedicht, das mein Großvater, Friedrich Hänssler, vertonte,<br />

das aber keiner drucken wollte. So gründete er in Stuttgart einen<br />

Verlag. Neben eigenen Kompositionen veröffentlichte er Kirchenlieder<br />

und Werke jüdischer Komponisten wie Felix Mendelssohn<br />

Bartholdy. Nach öffentlichen Diffamierungen wurde der Verlag<br />

1941 verboten.<br />

Nur kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erhielt Ihr<br />

Großvater 1945 von den Alliierten die Lizenz zur Wiederaufnahme<br />

seiner Arbeit.<br />

Ja, ab 1950 ist mein Vater langsam eingestiegen. Als junger Mann<br />

wäre er fast an Tuberkulose gestorben. Bei meinem Großvater war<br />

das eine ganz kleine Veranstaltung mit zwei, drei Mitarbeitern. Bei<br />

meinem Vater hat sich der Verlag sprunghaft entwickelt …<br />

… mit Chor- und Gesangbüchern. Es heißt, der erste Band der<br />

Liederbuch-Reihe „Jesu Name“ wurde mehr als eine Million Mal<br />

gedruckt.<br />

Die Liederbücher und Helmuth Rilling haben sehr zu dem Erfolg<br />

und, wenn Sie so wollen, zu der Marke beigetragen. Rilling war<br />

eines Tages in den 50er-Jahren in den Laden gekommen auf der<br />

Suche nach Noten für seinen damals kleinen Gächinger Chor.<br />

Großzügig hat ihm mein Vater einen Satz Noten geschenkt. Daraus<br />

wurde eine Freundschaft. Mein Vater gründete 1975 mit Laudate<br />

ein Plattenlabel für vorrangig sakrale klassische Musik, aus dem<br />

später hänssler CLASSIC hervorging. 1976 machte Rilling für ihn<br />

die erste Platten-Box mit geistlicher Musik der Bach-Familie, die<br />

sich erstaunlich gut verkaufte. Später kamen die Kantaten dazu.<br />

Sie waren damals 15 Jahre alt. Lust aufs Verlagsgeschäft?<br />

Damals auf keinen Fall, obwohl zu Hause interessante Menschen<br />

ein- und ausgingen. Vom Ministerpräsidenten Baden-Württembergs<br />

Hans Filbinger, dessen Sicherheitsleute vor dem Haus Wache<br />

schoben, bis hin zu Charles Colson, dem ehemaligen Berater von<br />

Nixon.<br />

Der eine stürzte Ende der 1970er über seine NS-Vergangenheit,<br />

der andere über die Watergate-Affäre.<br />

Meine Eltern und Großeltern haben den Nationalsozialismus<br />

radikal abgelehnt. Das hatten sie auch mir vermittelt. Dass die<br />

Alliierten zum Aufbau eines funktionierenden Staatswesens im<br />

Nachkriegsdeutschland auf Leute zurückgegriffen haben, die<br />

intelligent waren und Verwaltungserfahrung hatten, war mir<br />

damals noch nicht bewusst. Colson kam für einige Jahre in den<br />

Knast und fand dort zum Glauben. Er lud 1979 meinen Vater zu<br />

einem „National Prayer Breakfast“ in Washington ein, einem<br />

Gebetsfrühstück für Politiker, das dann im baden-württembergischen<br />

Landtag, 1981 auch im Bundestag etabliert wurde mit<br />

Philipp Jenninger (CDU) und Hans-Jochen Vogel (SPD).<br />

Soviel ich weiß, sind auch Gregor Gysi (PDS), Günther Beckstein<br />

(CSU) und Otto Schily (SPD) zum Frühstücken und Beten<br />

nach Amerika gereist. Schily war zu Gast beim Justizminister<br />

John Ashcroft aus der Administration Bushs.<br />

Ja, erstaunlich. Politiker mit unterschiedlichen politischen<br />

Sichtweisen fühlen sich in gemeinsamen christlichen Werten<br />

verbunden.<br />

Zur Einweihung des neuen Hänssler-Verlagshauses in Holzgerlingen<br />

2000 kam Avi Primor, der langjährige Botschafter Israels<br />

in Deutschland.<br />

Ein sehr guter Freund meines Vaters. Mein Vater hatte viele Bücher<br />

zum Thema Israel herausgebracht, zum Teil im Auftrag des<br />

israelischen Außenministeriums.<br />

Zu diesem Zeitpunkt waren auch Sie längst Teil des Familienunternehmens.<br />

Was hatte Sie zum Umdenken gebracht?<br />

Aufgewachsen bin ich mit Bach, aber in der Pubertät wollte ich<br />

Led Zeppelin hören. Immer wenn ein Fest gefeiert wurde, bin ich<br />

aufgetreten. Heute singe ich im Gospel-Chor meiner Kirche.<br />

Außerdem studierte ich BWL, dazu einige Semester Philosophie.<br />

Ich sah, dass mein Vater – ein exzellenter Pianist und Musikwissenschaftler<br />

– viel von Musik verstand, aber sich mit dem Vertrieb<br />

schwertat. Also bin ich noch als Student mit dem Täschle herumgezogen<br />

und habe erste Vertriebsstrukturen aufgebaut. Das wurde<br />

besonders wichtig, als mein Vater in die Bach-Projekte einstieg,<br />

den „teuersten Waldspaziergang seines Lebens“, wie er sagt.<br />

Erzählen Sie!<br />

Beim Spaziergang hatten er und Helmuth Rilling ausgemacht, bis<br />

DAS IST PROFIL<br />

THOMAS FEY<br />

Carl Philipp Stamitz: Werke für Viola d’amore<br />

und Orchester. Gunter Teuffel – Viola d’amore,<br />

Heidelberger Sinfoniker, Thomas Fey (2004)<br />

„Das erste Produkt bei Profil! Thomas Fey kam mich<br />

besuchen. Ich kannte ihn noch von unserem ersten<br />

Projekt 1996 bei hänssler CLASSIC, eine Johann-<br />

Christian-Bach-Aufnahme. Mir gefiel seine Herangehensweise,<br />

seine Energie. Die Mannheimer Schule<br />

um Stamitz passte natürlich zu ihm.“<br />

CHRISTIAN THIELEMANN<br />

Richard Strauss: Konzert für Horn und Orchester.<br />

Robert Langebein, Staatskapelle Dresden, Christian<br />

Thielemann<br />

„Es war höchste Zeit, dass wir der Sächsischen<br />

Staatskapelle Dresden, die viele Werke von<br />

Richard Strauss zur Uraufführung gebracht hatte,<br />

mit Christian Thielemann ein Denkmal setzten.“<br />

Anton Bruckner: Symphonie Nr. 8: Staatskapelle Dresden,<br />

Christian Thielemann (2017)<br />

„Es gibt magische Momente und einen solchen hört man<br />

hier zwischen Christian Thielemann und der SSD.“<br />

Verlagssonderveröffentlichung 41

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