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CRESCENDO 5/18 September-Oktober 2018

CRESCENDO - das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Mit großer Würdigung Leonard Bernsteins und Interviews mit Martin Stadtfeld, Iveta Apkalna und Julian Prégardien.

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M U S I K & K U N S T<br />

Ein beredtes Überangebot an Bildern: Parsifal an der Hamburger Staatsoper in der Inszenierung von Achim Freyer<br />

FOTOS: STAATSOPER HAMBURG / HANS JOERG MICHEL<br />

KUNST FÜR DIE GROSSE BÜHNE<br />

Mittlerweile gehört es fast in die Vita eines bildenden Künstlers: Ob William Kentridge, Georg Baselitz, Ólafur Elíasson<br />

oder jüngst Neo Rauch – sie alle haben auch Kunst für die Opernbühne geschaffen.<br />

VON JASMIN GOLL<br />

Das Interesse der Opernhäuser an den Größen der Malerei,<br />

Architektur und Plastik ist groß. Schließlich lechzt<br />

man nach neuen Lesarten, nach Experimenten und<br />

ästhetischer Innovation auf der Bühne. Ganz neu ist das<br />

nicht. Friedrich Schinkel mit seinem berühmten Sternenhimmel<br />

für Die Zauberflöte, Giorgio De Chirico oder Pablo Picasso haben<br />

das bereits vor Jahrzehnten gewagt. In der zweiten Hälfte des letzten<br />

Jahrhunderts heuerte man dann verstärkt „theaterexterne“<br />

Künstler wie bildende Künstler oder Filmregisseure an. Auch sie<br />

sollen sich am Opernkanon abarbeiten und die Oper mit ihrer<br />

Bildwelt konfrontieren.<br />

Einen Maler statt eines Bühnenbildners für eine Opernproduktion<br />

zu engagieren, sei „eine andere Geschichte“, meint Markus<br />

Lüpertz. Der Maler ist vielfältig interessiert, schreibt Gedichte,<br />

hat eine Band und liebt die Oper. Seit den 1980er-Jahren entwirft<br />

er hin und wieder Bühnenbilder und Kostüme für Opernproduktionen<br />

– ab <strong>Oktober</strong> sind Arbeiten von ihm in einer Produktion von<br />

Vicente Martín y Solers Una cosa rara am Theater Regensburg zu<br />

sehen. Denn das, was auf der Bühne entsteht, sind für ihn Bilder,<br />

„Bilder, in denen plötzlich Menschen leben – der Traum eines<br />

jeden Künstlers“. Damit hat er sich nicht immer Freunde gemacht.<br />

Bei einer seiner ersten Arbeiten für die Oper – Jules Massenets<br />

Werther am Theater Ulm 1983 – fand die Premiere schlussendlich<br />

konzertant statt, nachdem sich die Sänger weigerten, im Bühnenbild<br />

und den Kostümen des Malers aufzutreten. Für ihn seien die<br />

Sänger damals nur „Farben, die singen“, gewesen. „Sicherlich ist das<br />

für Regisseure und Sänger manchmal nicht unproblematisch, weil<br />

sie plötzlich Bestandteil eines Kunstwerks werden und nicht ihre<br />

Individualität als Sänger behalten dürfen, sondern sich in gewisser<br />

Weise den Vorstellungen eines Künstlers anpassen müssen.“ Und<br />

diese Vorstellungen entspringen Lüpertz’ Fantasie, denn: „Ich will<br />

keine nachgebaute Realität. Ich will schon das Bewusstsein, dass es<br />

etwas Künstliches ist, etwas Gebautes, dass es Kulisse ist.“ Und so<br />

ist auf der Bühne eine Bildsprache zu sehen, die in bunten Farben<br />

und einfachen Formen überzeichnet, Kunsträume erschafft, ja niemals<br />

die Realität abzubilden versucht – gemäß Lüpertz’ Haltung:<br />

„Ich hasse die Wahrheit der Kunst. Weil sie langweilig ist. Die weiß<br />

ja jeder.“ Insgeheim träumt er von einer eigenen Regiearbeit: „Den<br />

Ring, Bayreuth, ich, Regie und Bühnenbild. Die Regie, das wäre<br />

ein großer Pinsel, mit dem man dann die Leute in sein Bild einfügt,<br />

damit sie sich dann auch nach meinen Bewegungsvorstellungen<br />

anordnen. Das wäre eine Vollendung.“<br />

Achim Freyer erfüllt sich den Traum dieses Jahr zum dritten<br />

Mal – nach Los Angeles und Mannheim schmiedet er den Ring<br />

82 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>September</strong> – <strong>Oktober</strong> 20<strong>18</strong>

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