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CRESCENDO 5/18 September-Oktober 2018

CRESCENDO - das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Mit großer Würdigung Leonard Bernsteins und Interviews mit Martin Stadtfeld, Iveta Apkalna und Julian Prégardien.

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M U S I K & K U N S T<br />

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Kunst ist eben doch grenzenlos: Musiker und bildende Künstler haben sich immer inspiriert. Beeindruckende Beweise: 1) Felix Mendelssohn<br />

Bartholdy: Blick aus Reichels Garten auf das winterliche Leipzig 2) György Ligeti: Artikulation 3) Paul Klee: Das Vokaltuch der Kammersängerin<br />

Rosa Silber 4) Albrecht Dürer: Dudelsack-Spieler 5) Pablo Picasso: Vorhang für das Ballett „Parade“ von Erik Satie und Jean Cocteau<br />

spielt, anstatt nur zuzuschauen“. Das Ballett wird am <strong>18</strong>. Mai 1917<br />

von Sergei Diaghilevs Compagnie der Ballets Russes uraufgeführt.<br />

Für das Publikum ist es ein „kubistischer Schock“, für den Dichter<br />

Guillaume Apollinaire der neue Geist.<br />

Die Ideen, Experimente und Theorien der Avantgarde erweisen<br />

sich als unendlich fruchtbar. Sie öffnen Räume und Wege mit<br />

immer neuen Verzweigungen. Im<br />

Verlauf des 20. Jahrhunderts werden<br />

DIE FORMEL MUSIK ENTFALTET<br />

SICH IN DER ZEIT, DAS<br />

KUNSTWERK IM RAUM<br />

ERFÄHRT IM 20. JAHRHUNDERT<br />

EINE UMKEHRUNG<br />

die Verbindungen zunehmend enger,<br />

und man sucht die gegenseitige Inspiration.<br />

Als Paul Klee zum Blauen Reiter<br />

nach München kommt und sich<br />

mit Kandinsky anfreundet, besucht er<br />

als begeisterter Opernliebhaber auch<br />

die Oper. Sein Bild Das Vokaltuch<br />

der Kammersängerin Rosa Silber, das<br />

auf eine Sängerin oder auf Richard<br />

Strauss’ Rosenkavalier anspielt, inspiriert in den 1950er-Jahren<br />

Hans Werner Henze zu seinem gleichnamigen Ballett. Henze<br />

überträgt Klees zarte, spitzenähnliche Darstellung in Musik. Kandinsky<br />

wiederum verwandelt für eine szenische Aufführung von<br />

Modest Mussorgskys Bilder einer Ausstellung in Dessau 1928 dessen<br />

musikalische Beschreibungen zurück in Bilder.<br />

Seine abstrakten Gemälde dienen auch als Anregung für<br />

Anestis Logothetis bei der Entwicklung seiner grafischen Notation.<br />

Logothetis entwirft im elektronischen Studio des WDR in<br />

Köln 1959 die Komposition „Struktur-Textur-Spiegel-Spiel“. Um<br />

die musikalischen Momente zu verdeutlichen, reicht ihm das<br />

Fünfliniensystem nicht aus, und er entwickelt eine „Klangcharakterschrift“.<br />

Damit finden grafische Elemente Eingang in die Partitur,<br />

die in der Folge selbst zum Kunstwerk wird. György Ligeti<br />

arbeitet mit dem Grafiker Rainer<br />

Wehinger, um für seine ebenfalls im<br />

Kölner Studio entstandene Tonband-<br />

Collage Artikulation eine Hörpartitur<br />

zu erstellen. Und Josef Anton Riedl<br />

schafft 1960 mit seinen „optischen<br />

Lautgedichten“ Musik zum Sehen.<br />

Musik entfaltet sich in der Zeit,<br />

das Kunstwerk im Raum. Diese einfache<br />

Formel erfährt im 20. Jahrhundert<br />

eine Umkehrung. Komponisten<br />

setzen sich intensiv mit dem Raum auseinander, seinem Klang<br />

und seiner Wirkung. Es öffnet sich der Weg zur Klangkunst, der<br />

Klanginstallation und der Klangskulptur. Robin Minard beginnt<br />

1994 seine Werkreihe Silent Music. Hunderte kleiner Lautsprecher<br />

wachsen mit ihren Kabeln wie Efeu an den Wänden empor. Aus<br />

den Lautsprechern tönen hohe, ruhige Klänge. Die Besucher sind<br />

eingeladen, in den Raum, der zum Hör-Raum wird, hineinzulauschen.<br />

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80 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>September</strong> – <strong>Oktober</strong> 20<strong>18</strong>

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