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CRESCENDO 5/18 September-Oktober 2018

CRESCENDO - das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Mit großer Würdigung Leonard Bernsteins und Interviews mit Martin Stadtfeld, Iveta Apkalna und Julian Prégardien.

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J U B I L Ä U M<br />

1985 die Aufnahmen von Bachs Kantatenwerk fertigzustellen –<br />

über 200 Kantaten auf 100 Langspielplatten. Was auch geschah und<br />

wofür sie mit dem „Grand Prix du Disque“ geehrt wurden. 1989<br />

schafften wir es, mit Rilling einen Exklusivvertrag abzuschließen.<br />

Unser erstes Projekt auf dieser Basis war die Messa per Rossini, an<br />

der Verdi und zwölf weitere Komponisten mitgewirkt haben. Die<br />

hat sich verkauft wie verrückt. 35.000 Stück! Traumzahlen.<br />

Einen weiteren Rekord feierten Sie mit der „Edition Bachakademie“,<br />

das erhaltene Werk Johann Sebastian Bachs auf 172 CDs<br />

mit Helmuth Rilling. Dann aber kam der Zusammenbruch.<br />

Der neue Firmensitz in Holzgerlingen wurde teurer als geplant.<br />

Die moderne, computergesteuerte Kommissionierungsanlage<br />

funktionierte nicht wie gewünscht. Zudem ging in den USA ein<br />

AUFGEWACHSEN BIN ICH MIT BACH,<br />

ABER IN DER PUBERTÄT<br />

WOLLTE ICH LED ZEPPELIN HÖREN<br />

großer Musikkunde in die Insolvenz. 2002 wurde der Verlag von<br />

der SCM (Stiftung Christliche Medien) übernommen. Für mich<br />

und meinen Vater war das sehr schwierig.<br />

Auch Sie waren betroffen.<br />

Das war ein Schnitt in meinem Leben. Vorher hatte ich zwei<br />

Sekretärinnen und eine Assistentin. Von heute auf morgen musste<br />

ich die Pakete wieder selber auf die Post tragen. Da waren nicht<br />

wenige Verletzungen dabei. Wenn man sich nicht dauerhaft frei<br />

davon macht, raubt man sich Lebensqualität. Wie heißt es so<br />

schön: Wer keine Täler sah, schätzt der die Höhe?<br />

2003 gründeten Sie in Neuhausen die Profil Medien GmbH.<br />

Das war leicht und schwer zugleich. Ein ehemaliger Geschäftspartner,<br />

lange Chef im einstigen Bertelsmann Club und nun in einem<br />

kleinen Verlag, sprach mich an. Der Verlag schrieb Verluste, hatte<br />

aber einen interessanten Katalog. Das Label war also zu groß, um<br />

es sterben zu lassen, und zu klein, um profitabel zu sein. Da bin ich<br />

eingestiegen mit meinen Kontakten zu Künstlern, Vertrieben und<br />

der Presse. Es war ein sehr großes, persönliches Risiko, die ersten<br />

zehn Jahre waren sehr anstrengend.<br />

Angetrieben hatte Ihren Vater immer der Wunsch, „dass das<br />

Evangelium von Jesus Christus gelesen, gesehen, gehört,<br />

gesungen, gemailt und gechattet wird“. Was war es bei Ihnen?<br />

In seinem christlichen Verlag konnte er seinen Glauben zum Beruf<br />

machen. Mit Profil wollte ich ein Klassik-Label etablieren. Ich<br />

wusste: Nur ein Label mit eindeutigem Wiedererkennungseffekt<br />

hat eine Chance auf dem CD-Markt. Ein freundlicher Mensch von<br />

der Presse sagte über mich, ich sei der Sternstundensammler. Ich<br />

suche die „magischen Momente“ der klassischen Musik, unvergessene<br />

Konzerterlebnisse. Es sind oft Live-Mitschnitte. Da ist noch<br />

mehr Adrenalin drin. Viel Zeit verbringe ich in den Archiven der<br />

Rundfunkanstalten, beiße mich durch die Bestände oder setze<br />

meine „Trüffelsucher“ an, ehemalige Mitarbeiter von ARD-Anstalten<br />

oder von Plattenfirmen. So brachte ich eine Günter-Wand-Edition<br />

heraus, entdeckte ein Quartett von Swjatoslaw Richters Vater,<br />

der komponierte und vom russischen Geheimdienst erschossen<br />

wurde, gebe Editionen der Staatskapelle Dresden und der Semperoper<br />

heraus, u. a. mit Christian Thielemann, Bernard Haitink,<br />

Sir Colin Davis. Trotz berühmter Namen frage ich mich bei jeder<br />

Aufnahme: Ist Substanz da?<br />

22 CDs allein umfasst Ihre aktuelle Tschaikowsky-Edition, mit<br />

russischen Aufnahmen der 1930er bis 1950er aus dem Bolshoi-<br />

Theater. Half da auch die politische Situation, der Fall des<br />

Eisernen Vorhangs?<br />

Weniger. Es ist hauptsächlich das gute Netzwerk, das man sich in<br />

all den Jahren aufgebaut hat. Auch für die Dino Lipatti Collection.<br />

Die wurde ein Hit, das hätte ich ihr so nicht zugetraut. EMI hatte<br />

DINU LIPATTI<br />

COLLECTION<br />

100th anniversary edition<br />

(10 CD-Box | 2017)<br />

„Wir hatten das große Glück, an nicht<br />

(mehr) erhältliche Aufnahmen heranzukommen.<br />

Ohne das ‚Last Recital‘, das die<br />

EMI seinerzeit erfolgreich vermarktete,<br />

wäre das nie so gut gelaufen. Der Katalog<br />

der EMI ist großartig. Die Firma hatte<br />

mithin die besten Mitarbeiter, auch in<br />

USA und UK.“<br />

JUKKA-PEKKA SARASTE<br />

Beethoven: Symphonies 4/5. WDR Sinfonieorchester,<br />

Jukka-Pekka Saraste<br />

Brahms: Symphonies 1–4. WDR Sinfonieorchester,<br />

Jukka-Pekka Saraste (3 CDs | 20<strong>18</strong>)<br />

„Von Semyon Bychkov hatte ich bereits einiges<br />

veröffentlicht. Der Kontakt zu seinem Nachfolger<br />

beim WDR, Saraste, kam über den Orchester-<br />

Manager Siegwald Bütow, den ich noch vom BR<br />

kannte. Das Denken in Zyklen ist uns beiden<br />

nicht fremd. Deshalb die Symphonien von<br />

Brahms und Beethoven.“<br />

R U D O L F<br />

BUCHBINDER<br />

W. A. Mozart: Piano Concertos.<br />

Wiener Symphoniker, Rudolf Buchbinder<br />

(9 CD-Box | 2014)<br />

„Ich habe Rudi Buchbinder leider<br />

nie persönlich kennengelernt, aber<br />

natürlich oft gehört. Einst ein<br />

‚Wunderkind‘, schaffte er es<br />

dauerhaft auf die ganz großen<br />

Bühnen. Ein Zufall wollte es, dass<br />

ich die Vermarktung dieser<br />

wunderbaren Box im Ausland<br />

unterstützen bzw. übernehmen<br />

konnte.“<br />

42 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>September</strong> – <strong>Oktober</strong> 20<strong>18</strong>

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