Nr. 79 - Sommer 2021
Île de Port-Cros: ein regelrechtes Juwel Freizeitparks: Familienerlebnisse in Frankreich Abbaye de Montmajour: durch die Vergangenheit der Provence Amiens: Gartenfestival im "Venedig des Gemüses" Geschichte: 150 Jahre Pariser Kommune Debatte: Sacé-Cœur schützen oder abreißen ? Rezept: Soufflé d'été au basilic
Île de Port-Cros: ein regelrechtes Juwel
Freizeitparks: Familienerlebnisse in Frankreich
Abbaye de Montmajour: durch die Vergangenheit der Provence
Amiens: Gartenfestival im "Venedig des Gemüses"
Geschichte: 150 Jahre Pariser Kommune
Debatte: Sacé-Cœur schützen oder abreißen ?
Rezept: Soufflé d'été au basilic
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UNTERWEGS IN FRANKREICH Hauts-de-France / Somme<br />
ist etwas untypisch, da ich die Schule vor dem Abitur verließ. Ich<br />
war jedoch von jeher ein sehr neugieriger Mensch, zog eine Zeit lang<br />
kreuz und quer durch Frankreich und begeisterte mich für die Welt der<br />
Kultur. Zuerst für Musik, dann für Kino und Theater. Mit 32 Jahren<br />
gründete ich eine Produktionsfirma für Theater- und Kulturveranstaltungen,<br />
bevor ich 1996 in Bourges (Anm. d. Red.: Centre-Val-de-<br />
Loire) zum Leiter des Maison de la Culture ernannt wurde. 2005, also<br />
knapp zehn Jahre später, bot man mir die Leitung des Kulturzentrums<br />
in Amiens an. Da mir der Sinn nach einem Wechsel stand, sagte ich<br />
zu. So kam ich in diese Region.<br />
Kannten Sie zu diesem Zeitpunkt bereits die Hortillonnages, also die in<br />
Frankreich einzigartige und für Amiens charakteristische Tradition, in<br />
einem von kilometerlangen Kanälen durchzogenen Sumpfgebiet Obst und<br />
Gemüse anzubauen?<br />
Ich hatte zwar davon gehört, wusste aber nicht wirklich, wie ich<br />
mir das vorzustellen hatte. Tatsächlich entdeckt habe ich sie dann eher<br />
durch Zufall, als ich mich aufgrund eines gesundheitlichen Problems<br />
sehr viel bewegen musste. Je mehr ich die Umgebung von Amiens erforschte,<br />
desto öfter stieß ich auf diese, im Grunde genommen sehr<br />
verborgenen Orte, die oft nur mit dem Boot zugänglich sind. Zunächst<br />
betrachtete ich sie nur « von Weitem », umrundete sie auf der Uferböschung<br />
der Kanäle. Dann hatte ich die Gelegenheit, mit einem Kahn<br />
zu Gemüsebauern zu fahren, wo ich mehr über diese geschichtsträchtigen<br />
Orte voller Geheimnisse und Charme erfuhr.<br />
Die Hortillonnages von Amiens haben in der Tat bereits eine lange Vergangenheit<br />
und sind im Übrigen im Gedächtnis und im Alltag der Bewohner<br />
dieser Region tief verankert …<br />
Das stimmt. Bei Recherchen wurde mir klar, dass die ersten Spuren<br />
auf die galloromanische Zeit zurückgehen. Da die Gegend sehr sumpfig<br />
war, wollten die Menschen damals den Boden trockenlegen, um<br />
Land für ihre Kulturen zu gewinnen. Im Mittelalter wurde der Gemüseanbau<br />
dann systematischer und organisierter betrieben, entwickelte<br />
sich zu einer Einkommensquelle für Tausende von Menschen und ernährte<br />
jahrhundertelang den Norden Frankreichs bis Paris. Noch zu<br />
Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in Amiens tausend Gemüsebauern.<br />
Leider fielen fast alle der Industrialisierung zum Opfer, und der überwiegende<br />
Teil der kultivierten Parzellen wurde aufgegeben. Nur einige<br />
dieser Gemüsebauern – die hier Hortillons genannt werden – hielten an<br />
der Tradition fest und bestellten weiterhin ihr Land. Andere Parzellen<br />
wurden von Naturliebhabern, vor allem von Fischern, übernommen.<br />
Anfang der 2000er-Jahre versetzten allerdings Überschwemmungen<br />
den Hortillonnages den Todesstoß. Beim Anblick der vom Wasser überfluteten<br />
kleinen Inseln gaben nahezu alle der verbliebenen Hortillons<br />
und Landbesitzer ihre Gemüse- und Obstgärten oder kleinen Wochenend-<br />
und Urlaubshütten auf. Als ich diese Gegend entdeckte, war<br />
das knapp 300 Hektar große Gebiet zum Großteil verlassen.<br />
Hat Sie diese Naturlandschaft sofort berührt?<br />
Ja. Das viele Brachland, die aufgegebenen und nicht mehr unterhaltenen<br />
Inselchen, all das hatte eine geheimnisvolle Seite. Vor allem aber<br />
eine Seele. Es ging etwas Besonderes davon aus. Etwas, das man nur<br />
schwer erklären kann. Es war offensichtlich, dass der Ort in der Vergangenheit<br />
eine wichtige Rolle für die Menschen hier gespielt hatte,<br />
dass er ein wichtiges Naturerbe darstellte, das jedoch gerade dabei war,<br />
Neben einer angenehmen Fahrt mit dem Elektrokahn<br />
über die Kanäle bietet das Festival schöne<br />
Spaziermöglichkeiten von Garten zu Garten. Oben<br />
der Garten Sphère nourricière von Manon Bordet<br />
Chavanes, Marie Brégeon und Johann Laskowski<br />
(Festival 2016). Während der Dauer des Festivals<br />
trifft man nicht nur auf enthusiastische Besucher,<br />
sondern auch die Mitarbeiter gehen begeistert<br />
ihrer Arbeit nach. Rechte Seite: Roques von Luca<br />
Antognoli und Gabriel Pontoizeau (Festival 2020).<br />
40 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2021</strong>