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Nr. 79 - Sommer 2021

Île de Port-Cros: ein regelrechtes Juwel Freizeitparks: Familienerlebnisse in Frankreich Abbaye de Montmajour: durch die Vergangenheit der Provence Amiens: Gartenfestival im "Venedig des Gemüses" Geschichte: 150 Jahre Pariser Kommune Debatte: Sacé-Cœur schützen oder abreißen ? Rezept: Soufflé d'été au basilic

Île de Port-Cros: ein regelrechtes Juwel
Freizeitparks: Familienerlebnisse in Frankreich
Abbaye de Montmajour: durch die Vergangenheit der Provence
Amiens: Gartenfestival im "Venedig des Gemüses"
Geschichte: 150 Jahre Pariser Kommune
Debatte: Sacé-Cœur schützen oder abreißen ?
Rezept: Soufflé d'été au basilic

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Wie ich als Buchhändlerin<br />

die aktuelle Gesundheitskrise<br />

in Frankreich erlebe.<br />

Hélène des Ligneris<br />

Hélène des Ligneris leitet die unabhängige Buchhandlung La Machine à Lire in Bordeaux. Die kleine<br />

Buchhandlung in der Stadt musste, wie alle Buchhandlungen in Frankreich, während der durch die Coronavirus-Pandemie<br />

verursachten Ausgangsbeschränkungen mehrfach schließen. Nach vielen aufreibenden<br />

Monaten hat Hélène vor Kurzem eine positive Nachricht erhalten: Durch eine Verordnung erhielten<br />

die französischen Buchhandlungen offiziell den Status als Commerces essentiels, also als « wesentliche<br />

Geschäfte », sodass sie nun auch im Falle eines weiteren Lockdowns nicht mehr schließen<br />

müssen. Eine schöne Anerkennung. Vor allem, da die Kunden wieder in Scharen strömen. Wie ist diese<br />

plötzliche Zuneigung der Franzosen zu ihren Buchhändlern zu bewerten? Wird sie von Dauer sein? Hélène<br />

spricht über ihre Erfahrungen und ihre Gedanken …<br />

Guten Tag Hélène des Ligneris. Sie sind seit vielen<br />

Jahren nicht nur die « feste » Buchhändlerin von<br />

Frankreich erleben, sondern vor allem eine « kundennahe<br />

Buchhändlerin ». Eine, die von vielen Leserinnen<br />

und Lesern des Viertels gerne um Empfehlungen und Buchtipps<br />

gebeten wird. Eine Buchhändlerin, zu der viele Kunden im<br />

Laufe der Jahre und der gemeinsamen Leseerfahrungen eine<br />

regelrechte Bindung entwickelt haben. Als Sie im März 2020<br />

dann aufgrund des Lockdowns die Türen Ihrer Buchhandlung<br />

schließen mussten, waren wir sehr traurig. Zugegebenermaßen<br />

hatten wir sogar Angst um Ihre Zukunft und den Fortbestand<br />

des Ladens. Daher zunächst die naheliegende Frage: Wie geht<br />

es Ihnen?<br />

Vielen Dank, mir und den anderen Mitarbeitern der<br />

Buchhandlung geht es gut. Es ist aber unbestritten, dass<br />

das letzte Jahr für uns, wie für die meisten anderen, sehr<br />

kompliziert war …<br />

Was haben Sie an diesem Tag im März 2020 gefühlt, als Sie<br />

Ihre Buchhandlung aufgrund der Ausgangsbeschränkungen<br />

schließen mussten?<br />

Ich erinnere mich noch ganz genau daran: Gemäß den<br />

Weisungen der Regierung mussten wir die Buchhandlung<br />

von einem Tag auf den anderen schließen. Am Dienstag,<br />

17. März 2020, um 12 Uhr begann der Lockdown. Als<br />

ich den Laden verließ, begegnete ich auf der Straße einer<br />

Kundin. Auf ihre Frage, wie es mir gehe, brach ich in Tränen<br />

aus. Ich hatte den Eindruck, mein Kind im Stich zu<br />

lassen. Anders kann ich es nicht ausdrücken. Im Grunde<br />

genommen war ich wie vom Donner gerührt.<br />

Zu dem Zeitpunkt wusste noch niemand, dass dieser erste, sehr<br />

strenge Lockdown zwei Monate dauern würde, vom 17. März<br />

bis zum 11. Mai 2020. Zwei lange Monate, in denen Ihre<br />

Buchhandlung, wie alle sogenannten « nicht wesentlichen » Geschäfte<br />

in Frankreich geschlossen bleiben mussten. Wie haben<br />

Sie sich organisiert, nachdem der erste Schock vorbei war?<br />

Glücklicherweise gab es von staatlicher Seite schnell<br />

eine gewisse Anzahl an Unterstützungsmaßnahmen für<br />

die Unternehmen, die gezwungenermaßen schließen<br />

mussten. Wir erhielten beispielsweise ein staatlich garantiertes<br />

Darlehen, um die Fixkosten und vor allem die<br />

Gehälter bezahlen zu können. Das war eine große Hilfe.<br />

Mir war dann auch schnell klar, dass wir uns nicht unterkriegen<br />

lassen durften. Das kam gar nicht infrage. Wissen<br />

Sie, der französische Buchhandel ist keine einfache Branche.<br />

Er ist einer der Sektoren mit der geringsten Marge:<br />

35 %, das ist lächerlich! Nehmen Sie beispielsweise ein<br />

Bekleidungsgeschäft: Dieses kauft in der Regel ein Kleidungsstück<br />

für 10 Euro ein, um es für 40 oder 50 Euro<br />

– wenn nicht gar zu einem noch höheren Preis – zu verkaufen.<br />

Von solchen Margen kann man als Buchhändler<br />

nur träumen. Eine kleine Struktur wie wir ist nicht in der<br />

Lage, ausreichend Rücklagen zu bilden, um eine staatlich<br />

verordnete, mehrmonatige Schließung zu überstehen. Insofern<br />

war mir schnell klar, dass wir in dieser Situation<br />

mehr denn je zupacken mussten, und zwar schnell. Dass<br />

wir uns so gut es ging auf die Krise einstellen und gemeinsam<br />

im Team Mittel finden mussten, um weiterzumachen.<br />

Wir mussten auf die Wiedereröffnung optimal vorbereitet<br />

sein.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2021</strong> · 69

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