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PLATTSNACKERS TRAFEN SICH ZUM 200. MAL<br />

EINMAL IM MONAT TOHOOPKAMEN<br />

Jeden dritten Mittwoch im Monat treffen sich<br />

„De Plattsnackers“ vom Heimatverein Lilienthal.<br />

Ihr 200. Treffen begingen sie feierlich und<br />

trafen sich ausnahmsweise mal nicht im<br />

Emmi-Brauer-Haus. Zur Feier des Tages wurde<br />

das Jubiläums-Tohoopkamen im Restaurant<br />

Rohdenburg mit einem gemeinsamen Schnitzelessen<br />

begangen.<br />

„Man darf auch hochdeutsch reden, aber<br />

eigentlich sollten alle plattdeutsch sprechen“,<br />

erklärte Ingrid Pfeiffer, Mitglied der Arbeitsgruppe<br />

„De Plattsnackers“ das allgemeine<br />

Prozedere beim Treffen des „Kring“. „Wir sind<br />

kein Verein, sondern ein Kring“, sagte Johannes<br />

Rehder-Plümpe. 2002 rief der Kringbaas<br />

Rehder-Plümpe gemeinsam mit Karl-Heinz<br />

Kupka, Rupprecht Knoop und Hermann Köhnken<br />

die Gruppe zur Erhaltung der plattdeutschen<br />

Sprache ins Leben. Ihr erstes Treffen<br />

fand im Amtmann-Schroeter-Haus statt. Durch<br />

Mund-zu-Mund-Propaganda wuchsen sie auf<br />

40 Teilnehmer an. Heutzutage ist es nur noch<br />

die Hälfte dessen, denn die Arbeitsgemeinschaft<br />

im Heimatverein Lilienthal plagen große<br />

Nachwuchssorgen. Das ist bedauerlich, denn<br />

außer die Sprache lebendig zu halten, bietet<br />

die AG „De Plattsnackers“ ein vielfältiges<br />

Programm. „Wir machen keine Sprachübungen<br />

oder -schulungen, vermitteln aber den geschichtlichen<br />

Hintergrund über die Zeit Anfang<br />

des 19. Jahrhunderts“, so Rehder-Plümpe.<br />

Aktuell kümmern sich die Plattsnackers gerade<br />

um die Übersetzung der in der Region heimischen<br />

Vogelarten. Das braucht Zeit, bis das<br />

Buch fertig ist und bietet viel Diskussionsstoff<br />

aufgrund der regional sehr unterschiedlichen<br />

Bezeichnungen. Beispiel dafür ist der Pirol,<br />

den manche als Vagel Bülo, andere als<br />

„Pastor sin Köster“ kennen.<br />

Als Kringbaas schreibt Leiter Johannes Rehder-<br />

Plümpe für jedes Treffen ein Rahmenprogramm,<br />

eine plattdeutsche Geschichte gehört dazu.<br />

Aber eigentlich kommen die Leute, so Rehder-<br />

Plümpe, um zu klönen. Zur Jubiläumsfeier<br />

brachte der Kringbaas neben plattdeutscher<br />

Literatur auch eine Originaltonaufnahme des<br />

1922 geborenen niederdeutschen Schriftstellers<br />

Christian Holsten mit. Zur großen Freude der<br />

Anwesenden erzählten ehemalige Nachbarn<br />

Holstens an diesem Abend Anekdoten über<br />

den Schriftsteller, der bis zu seinem Tod in<br />

Borgfeld lebte. Als theatralisch intoniert mit<br />

dem richtigen Schnack bezeichnete Ingrid<br />

Pfeiffer die Tonaufnahme von Christian Holsten.<br />

Für Rehder-Plümpe ist das Plattdeutsche Muttersprache;<br />

während seiner Tätigkeit als Architekt<br />

machte das auf den Dörfern so einiges<br />

leichter. „Begrifflichkeiten vergisst man, die<br />

Sprachmelodie aber nicht“, sagte Rehder-<br />

Plümpe, der mit Holsteiner Platt aufwuchs.<br />

Wer sich mit der niederdeutschen Sprache und<br />

dessen regionalen Dialekten auskenne, der<br />

höre aber auch den Unterschied. 50 Prozent<br />

der Lilienthaler Plattsnackers haben die niederdeutsche<br />

Sprache mit der Muttermilch aufgesogen,<br />

der Rest der Gruppe eignete sich die<br />

Sprachkompetenz durch das Gespräch über<br />

den Gartenzaun an. Dazu gehört auch Ingrid<br />

Pfeiffer als „Zugereiste“. Ein normales Gespräch<br />

könne sie auf Plattdeutsch führen, bei<br />

Erklärungen aber verfalle sie ins Hochdeutsche.<br />

Manfred Lütjen, der seit mehr als 50 Jahren<br />

Mitglied im Lilienthaler Heimatverein ist, fand<br />

bei den Plattsnackers ein neues Betätigungsfeld.<br />

Er schloss sich der Gruppe an, weil er es<br />

wichtig findet, die alte Sprache am Leben zu<br />

erhalten.<br />

Nicht nur in Lilienthal gibt es Plattsnackers,<br />

auch in Borgfeld rief Johannes Rehder-Plümpe<br />

eine Gruppe ins Leben. Gemeinsame Treffen<br />

beider Gruppen finden allerdings nur anlässlich<br />

der alljährlichen Nikolausfeier statt. „Lilienthal<br />

Kringbaas Johannes Rehder-Plümpe mit dem lütt<br />

Vagelbreveer.<br />

und Borgfeld haben so ihre Eigenarten“, so der<br />

Kringbaas augenzwinkernd. Die Borgfelder seien<br />

vor ewigen Zeiten mal von den Lilienthalern<br />

verhauen worden, das sitzt immer noch. Umgekehrt<br />

erhielten aber auch die Lilienthaler ihre<br />

Keile, auch unvergessen, berichte Rehder-<br />

Plümpe lachend. Die Borgfelder Plattsnackers<br />

treffen sich an jedem 4. Mittwoch im Monat im<br />

Dorfkrug. Text und Fotos: Sabine von der Decken<br />

OBERNEULAND 101

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