jahresbericht 05_IH.xp - Museum Rietberg
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I N D I E N<br />
Textilien: Die Sammlung Eberhard Fischer<br />
Geschenk (Teil 1: 2009) an das <strong>Museum</strong> <strong>Rietberg</strong> Zürich<br />
Indische Textilien wurden von Eberhard Fischer vor allem während seiner mehrjährigen<br />
Aufenthalte in Gujarat (1965/66 und 1968/71) erworben. Eine erste Sammlung<br />
befindet sich seit vierzig Jahren im <strong>Museum</strong> der Kulturen in Basel; die zweite<br />
gelangt jetzt als Geschenk von Barbara und Eberhard Fischer an das <strong>Museum</strong><br />
<strong>Rietberg</strong>. Bei seinem ersten Indien-Aufenthalt baute Eberhard Fischer am National<br />
Institute of Design in Ahmedabad die Abteilung «Documentation of Indian Handicrafts»<br />
auf, beim zweiten kooperierte er in derselben Stadt sowohl mit dem Calico<br />
<strong>Museum</strong> of Textiles als auch mit dem Tribal Research and Training Institute<br />
der von Mahatma Gandhi 1920 gegründeten Universität Gujarat Vidyapith. Für diese<br />
Institutionen dokumentierte er u. a. lokal hergestellte und verwendete Textilien,<br />
insbesondere durch Feldforschung mit Haku Shah, die in dem Bericht «Simple<br />
Weft-Ikat from South Gujarat» (1970) mündeten. Darüber hinaus produzierte er mit<br />
seinem Lehrer Alfred Bühler die umfassende, zweibändige Monografie «Patola of<br />
Gujarat» (1979), eine Publikation über «Presschablonen» in Gujarat (1974), gemeinsam<br />
mit Alfred Bühler und Marie Louise Nabholz den vierten Katalog-Band<br />
«Indian Tie-dyed Fabrics» besagten Calico-<strong>Museum</strong>s (1980) und schliesslich «Tem -<br />
peltücher für die Muttergöttinnen in Indien» (1982).<br />
Der erste Teil der Textilsammlung umfasst Saris, Stoffe für Röcke und Blusen,<br />
Umschlag-, Hüft- und Schultertücher, Turbane, Wandbehänge, Türverzierungen<br />
und Tempeltücher aus Baumwolle oder Seide. Es sind fast alles Stoffe aus<br />
von Hand gesponnenem und gefärbtem Garn, die auf mechanischen Webstühlen<br />
gewebt sind und eingewebte, eingefärbte, aufgedruckte, applizierte oder aufgestickte<br />
Muster zeigen. Die Vielfalt der textilen Verfahren, die Eigenwilligkeit der<br />
Gestaltung und die Geschicklichkeit der Ausführung sind in Indien, insbesondere<br />
im Bundesstaat Gujarat, erstaunlich. Traditionen scheinen sich hier über lange<br />
Zeiten gehalten zu haben dank der kastenmässigen Organisation der Weber und<br />
Färber in Familienbetrieben und der weitverbreiteten Verwendung von besonders<br />
gemusterten Textilien für die einheimische Tracht, mit der die Zugehörigkeit zu lokalen<br />
und gesellschaftlichen Gruppen oder ein gesellschaftlicher Status sichtbar<br />
gemacht wurde. Die Bindungen bestimmter Textilformen an gewisse Produzenten<br />
und eine klar umrissene Abnehmergruppe zerbrachen im westlichen Indien erst<br />
in den Sechzigerjahren. Heute werden solche spezifisch gemusterte, auf dem<br />
Handwebstuhl gefertigten Stoffe kaum mehr für den lokalen Gebrauch hergestellt,<br />
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