28.12.2012 Aufrufe

jahresbericht 05_IH.xp - Museum Rietberg

jahresbericht 05_IH.xp - Museum Rietberg

jahresbericht 05_IH.xp - Museum Rietberg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Stickereien<br />

In einigen Regionen Indiens werden Gewebe durch Stickerei, d.h. die Applikation<br />

von Zierfäden, gemustert, wobei eine Vielfalt von Stichtypen (Kettenstich, Spannstich,<br />

Kreuzstich, Plattstich) verwendet werden können. Auswahl und Kombination<br />

dieser oft nur für bestimmte Muster geeigneten Stiche sind häufig ein untrügliches<br />

Kennzeichen für eine bestimmte Volkskunstregion oder eine Kaste. Zum<br />

Sticken wird in Nordindien fast immer unterschiedlich gefärbtes, ungezwirntes Seidengarn<br />

verwendet. Manchmal sind zusätzlich noch Spiegelstückchen, Samen,<br />

Kaurischnecken u.ä. eingenäht. Auch können zur Musterung grösserer Partien<br />

ausgeschnittene farbige Stoffstücke appliziert sein.<br />

Sticken ist in Indien meist Frauenarbeit. Eine Ausnahme bildeten früher die<br />

Handelswaren professioneller Produzenten wie Wollschals aus der Kashmir-Region,<br />

bestickte Weisswäsche aus Lakhnau und die ausschliesslich mit Kettenstichen<br />

verzierten Seidenstoffe und Lederarbeiten der Mochi-Schuhmacher in Guja -<br />

rat. In der Regel verzieren Frauen in ihren Mussestunden nur für den Eigenbedarf<br />

Kostümteile, Steppdecken, Wandschmuck und Prestigegüter in Handarbeit. Stickereien<br />

zeigen Wohlstand an, stiften Identität und weisen Betrachter auf den kulturellen<br />

Hintergrund und den sozialen Status der Besitzenden hin. Bestickte Textilien<br />

werden vor allem als Mitgift eingesetzt und bei Hochzeiten gezeigt. Früher<br />

wurde das Wissen von der älteren Generation an die jüngere weitergegeben, indem<br />

die Mutter ihrer Tochter oder Schwiegertochter sämtliche Aspekte des Stickens<br />

wie die verschiedenen Stich- und Mustertypen und die Farbpräferenzen beibrachte.<br />

Selten wurden Stickereien allerdings als «Erbstücke» im Familienbesitz<br />

aufbe wahrt; wenn sie unansehnlich geworden waren oder der Mode nicht mehr<br />

entspra chen, wurden sie zerschnitten und zweitverwendet.<br />

Phulkari-Stickereien aus dem Panjab<br />

Eine besonders schöne Textilgruppe sind grosse rechteckige, aus grobem braunem<br />

oder rotem Baumwollgarn gewebte Stoffe, die flächendeckend vor allem mit<br />

dem sogenannten Plattstich (von der Rückseite her über abgezählte Fäden des<br />

Grundgewebes) geometrisch oder kleinteilig mit figürlichen Mustern in goldgelben<br />

Tönen, in Orange, Rot, Blau und Schwarz bestickt sind. Sie stammen aus ländlichen<br />

Gegenden des nördlichen Panjab. Diese von Frauen nur für den Eigenbedarf<br />

angefertigten Prestigegüter wohlhabender bäuerlicher Familien werden phulkari,<br />

«Blumenarbeit», genannt und anlässlich von Hochzeiten bei der Ankunft der<br />

Gäste ausgebreitet, üblicherweise aber gefaltet als Brautschatz in Truhen aufbewahrt.<br />

2009.524–549 Phulkari, gesticktes Tuch, Panjab<br />

59

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!