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Jahrb. <strong>Bochum</strong>er Bot. Ver. 1 114-133 2010<br />

Aus gegebenem Anlass sei darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass es hier nicht um "Artenmacherei" geht<br />

und ebenso wenig Gelegenheiten gesucht werden, den eigenen Namen h<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ation<br />

zu setzen. Hier wird lediglich dem Internationalen Code der Botanischen Nomenklatur<br />

(ICBN, MCNEILL & al. 2006) Rechnung getragen, um gültige Publikationen der Namen auf<br />

bestimmten taxonomischen Rangstufen (<strong>in</strong>sbesondere dem Artrang) vorzunehmen, die im<br />

Rahmen e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>heitlichen, konsequent und logisch angewandten taxonomischen Konzeptes<br />

e<strong>in</strong>zig s<strong>in</strong>nvoll ersche<strong>in</strong>en. Die Me<strong>in</strong>ungen gehen freilich ause<strong>in</strong>ander, jedoch ist von<br />

Diskussionen über und Kritik an den hier vertretenen Auffassungen e<strong>in</strong>e rationale Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />

mit der Konzeption sowie die explizite Benennung transparenter, nachvollziehbarer<br />

und logisch-konsequenter Alternativen auf e<strong>in</strong>er konzeptionellen Basis e<strong>in</strong>zufordern.<br />

Die Verwendung e<strong>in</strong>es engen Artbegriffes oder e<strong>in</strong>es "Geschwisterarten"-Konzeptes ist ke<strong>in</strong>e<br />

grundsätzliche Neuerung. Nur wurden solche Artkonzepte von vielen Autoren, unter ihnen<br />

bedeutende Florenverfasser und somit Me<strong>in</strong>ungsbildner, offensichtlich meist re<strong>in</strong> gefühlsmäßig<br />

verbannt. Entsprechende Arten s<strong>in</strong>d mit Begriffen wie "Jordanons" (zuerst LOTSY<br />

1916, vgl. auch WAGENITZ 2003; ROTHMALER 1955 setzt diesen Term<strong>in</strong>us mit "Kle<strong>in</strong>-Art"<br />

gleich) belegt worden, die wenigstens von späteren Autoren oft <strong>in</strong> abwertendem und brandmarkendem<br />

S<strong>in</strong>ne gebraucht wurden. "Jordanons" hat es jedoch bereits vor den Arbeiten<br />

JORDANs (z. B. 1864) schon gegeben, so haben viele Floristen um die Wende 18./19.<br />

Jahrhundert kaum <strong>in</strong>fraspezifische Taxa aufgestellt, sondern be<strong>in</strong>ahe jede Abweichung als<br />

eigene Art beschrieben. Teilweise fußte e<strong>in</strong>e solche Auffassung auf dem Schöpfungsgedanken,<br />

wonach von e<strong>in</strong>er Gottheit erschaffene Arten unveränderlich seien (dar<strong>in</strong> stimmte<br />

selbst JORDAN mit se<strong>in</strong>en Vorgängern, zahlreichen Zeitgenossen und e<strong>in</strong>igen Nachfolgern<br />

übere<strong>in</strong>, vgl. ROTHMALER 1955: 89). Dadurch s<strong>in</strong>d zahlreiche Punktmutations-Ausprägungen<br />

(die heute am besten als Formen bewertet werden) und sogar Modifikationen auf Artebene<br />

gehoben, damit förmlich überschätzt worden. Wenn dieses Vorgehen kritisiert wird, muss<br />

stets der historische H<strong>in</strong>tergrund gesehen werden, was bei heutiger Kritik jedoch selten der<br />

Fall ist. Dass dieses Vorgehen der Vergangenheit angehört und im se<strong>in</strong>erzeitlichen Kontext<br />

mit den damaligen taxonomischen Grundpostulaten und Konzepten <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang zu br<strong>in</strong>gen<br />

ist, wird bei Diskussionen oft nicht expliziert und so f<strong>in</strong>det nach wie vor bei kritischen Diskussionen<br />

und Bewertungen e<strong>in</strong>e ungerechtfertigte Vermengung von überholten Verfahren mit<br />

moderneren, s<strong>in</strong>nvollen Konzepten statt. Grundsätzliche, undifferenzierte Kritik an den<br />

"Jordanons" wie auch am engen Artbegriff <strong>in</strong> der "Flora der UdSSR" (theoretisch fundiert bei<br />

KOMAROV 1944) ist für e<strong>in</strong>e Erfassung der Realität kontraproduktiv, weil im Gleichzug e<strong>in</strong> Teil<br />

der Variabilität ausgeblendet (<strong>in</strong> der Synonymie verschwunden) oder auf niedrigeren Rangstufen<br />

(<strong>in</strong>fraspezifische Taxa) abgebildet wird, ehe ihr Wert h<strong>in</strong>reichend studiert wurde. H<strong>in</strong>zu<br />

kommt, dass Rangstufen unterhalb der Art von erfassenden Floristen <strong>in</strong> der überwiegenden<br />

Mehrzahl nicht ernst genommen und somit nicht kartiert werden. So kann es nur e<strong>in</strong> enger<br />

Artbegriff se<strong>in</strong>, der zu e<strong>in</strong>er ausführlicheren, <strong>in</strong>duktiven Beschäftigung mit den Verhältnissen<br />

vor Ort zw<strong>in</strong>gt, die dann jedoch wiederum Basis e<strong>in</strong>er umfangreicheren Bearbeitung se<strong>in</strong> und<br />

Aspekte zu Tage fördern kann, die bislang e<strong>in</strong>fach nur übersehen worden s<strong>in</strong>d. Neben<br />

diesem didaktischen Aspekt e<strong>in</strong>es s<strong>in</strong>nvollen konsequenten Artkonzepts ist jedoch auch die<br />

konzeptionelle Basis entsprechend begründbar, weil e<strong>in</strong>e hierarchisierende Bewertung der<br />

Merkmalstypen e<strong>in</strong>en extremen Anthropozentrismus bed<strong>in</strong>gt, der die naturwissenschaftliche<br />

Grund<strong>in</strong>tention der Taxonomie ad absurdum führt (vgl. LOOS 1997a). Es ist stets zu berücksichtigen,<br />

dass die Phänotyp-Morphologie nur e<strong>in</strong>en Merkmalstyp darstellt – ganz unabhängig<br />

davon, wie schwierig die Erfassung von anderen Merkmalstypen se<strong>in</strong> mag.<br />

Soeben liegt e<strong>in</strong>e neue "Liste der Gefäßpflanzen Deutschlands" (BUTTLER & HAND 2008) vor,<br />

<strong>in</strong> der gegenüber WISSKIRCHEN & HAEUPLER (1998) e<strong>in</strong>ige der vom Verf. vertretenen<br />

Ansichten <strong>in</strong> gleicher Weise bewertet und e<strong>in</strong>e ganze Reihe von bisher <strong>in</strong>fraspezifisch e<strong>in</strong>gestuften<br />

Taxa nun endlich im Artrang akzeptiert werden (teilweise schon längst <strong>in</strong> Arbeiten<br />

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