in Bochum
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Jahrb. <strong>Bochum</strong>er Bot. Ver. 1 242-243 2010<br />
um die sich <strong>in</strong> der Regel mehrere blattgrünfreie Zellschichten gruppieren (die entsprechenden<br />
Zellen s<strong>in</strong>d Hyalocyten), die der Wasserspeicherung dienen. Damit unterscheidet sich<br />
das Weißmoos von den meisten anderen Laubmoosen, die meist generell e<strong>in</strong>schichtige<br />
Blätter aufweisen. Übrigens liest man oft statt "Blatt" auch "Blättchen"; streng genommen<br />
haben die Moosblätter nichts mit denen der Samenpflanzen zu tun, sondern s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e<br />
konvergente Bildung (Blattäquivalent) mit ähnlichen Funktionen (Oberflächenvergrößerung<br />
für effektivere Photosynthese, Halten von Wasser usw.). Entsprechend haben die Moose<br />
auch ke<strong>in</strong>e Sprosse, da es ke<strong>in</strong>e Sprosspflanzen s<strong>in</strong>d, sondern nur "Stämme" oder "Stämmchen",<br />
die nicht mit Baumstämmen zu verwechseln s<strong>in</strong>d, da jene wiederum Sprosse darstellen.<br />
2004 <strong>in</strong> der Saarner Mark im Mülheimer Stadtwald<br />
(Foto: I. HETZEL).<br />
– 243 –<br />
2007 im Pfälzer Wald<br />
(Foto: P. GAUSMANN).<br />
Weil dieses Moos als e<strong>in</strong>ige der wenigen Gattungen und Arten auch von Nicht-Mooskennern<br />
und vor allem <strong>in</strong> der Volkskunde unterschieden wurde, existiert e<strong>in</strong>e Reihe von Volksnamen.<br />
Am Bekanntesten ist der Name "Ordenskissen", daneben wurden und werden heute noch<br />
"Polsterkissen" oder "Kissenpolster" verwendet. Da <strong>in</strong> Deutschland nur e<strong>in</strong>e weit verbreitete<br />
Art aus der Gattung existiert (e<strong>in</strong>e zweite Art, Leucobryum juniperoideum, ist erheblich seltener<br />
und weitestgehend auf Gebirge beschränkt), wurde der Name "Weißmoos" <strong>in</strong> der Regel<br />
ohne Zusatz verwendet.<br />
Heute liest man öfters "Gewöhnliches Weißmoos", was jedoch wenig s<strong>in</strong>nvoll ersche<strong>in</strong>t, da<br />
es <strong>in</strong> vielen Gebieten gar nicht mehr gewöhnlich ist. Der Name "Graues Weißmoos" passt<br />
kaum besser, weil die Farbe der feuchten Polster eher e<strong>in</strong> bläuliches Grün, aber auf jeden<br />
Fall ke<strong>in</strong> Grau ist (das sagt auch das wissenschaftliche Artepitheton "glaucum").<br />
Das Weißmoos wurde <strong>in</strong> Weihnachts- und Grabgestecken verwendet und ersche<strong>in</strong>t auch<br />
heute noch gelegentlich an Weihnachtskrippen, sogar auf Modellbahnanlagen. Das<br />
Sammeln ist allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> Deutschland untersagt, hier ist es e<strong>in</strong>e gesetzlich geschützte<br />
Pflanzenart. In den Mittelgebirgen, z. B. im höheren Sauerland und Hochsauerland, ist das<br />
Weißmoos noch weit verbreitet, im Flachland und an der Mittelgebirgsschwelle ist es jedoch<br />
erheblich zurückgegangen, als gefährdet e<strong>in</strong>gestuft und teilweise ganz verschwunden. In<br />
<strong>Bochum</strong> gehört es zu den seltenen Arten und kommt nur im Süden des Stadtgebietes vor.<br />
Ursachen für den Rückgang liegen <strong>in</strong> der Trockenlegung vieler Feucht- und Nasswälder<br />
sowie <strong>in</strong> der Standortsveränderung <strong>in</strong> Folge von Nährstoffanreicherungen. Die kalkmeidende<br />
und säurezeigende Art ist e<strong>in</strong> bedeutender Rohhumusbildner und wächst vor allem <strong>in</strong><br />
feuchten bis nassen Waldgesellschaften ganz verschiedener Ausprägung (vor allem Eichen-<br />
Birken- und Erlenbruchwälder, auch vielfach <strong>in</strong> nicht zu dicht gepflanzten Fichtenforsten) auf<br />
dem Boden oder morschen Holz, selten auf feuchtem Geste<strong>in</strong>, auch <strong>in</strong> bewaldeten Mooren<br />
(Erlenbruch-Niedermoore u. ä.).