Hohe Schule» für Lehrer - Johannes Beck
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Die Menschen hier nützen ihre Zeit nicht zum Leben.<br />
Sie planen ihr Studium rückwärts von den Prüfungen her.<br />
«Welche Scheine brauche ich, und wo bekomme ich sie billig?» das ist<br />
die Hauptfrage der Studenten. Ansonsten stellen die Professoren die Fragen.<br />
Wie die <strong>Lehrer</strong> in der Schule. Wer die Macht hat und das Sagen, der<br />
stellt auch die Fragen. Wer sie nicht hat, muß antworten oder schweigen.<br />
Alleinsein und Kälte.<br />
Verantwortungslos, verwahrlost, hoffnungslos.<br />
Ist das Glück nur draußen?<br />
Ich habe nicht verstanden, warum diese Leute die viele Zeit, die sie <strong>für</strong><br />
sich haben, die sie nicht verkaufen müssen, und warum sie die Institution,<br />
in der sie sich eingesperrt fühlen, nicht so benutzen, wie es ihnen paßt.<br />
Warum nehmen sie sich nicht die Freiheiten heraus, die hier angeblich<br />
ihren Platz haben? In der freien Forschung und Lehre! Warum starren sie<br />
wie Kaninchen auf die Schlange, sehen nur alle möglichen Chefs, Zwänge,<br />
«Leistungsstandards», Prüfungsordnungen, kahle Wände, Bücherregale<br />
und Aktenordner?<br />
Sicher, es gibt Ausnahmen. Es gibt Versuche, oft verzweifelte, auszubrechen.<br />
Viele suchen nach Alternativen. Aber die meisten dieser Alternativen<br />
tragen noch die Schäden in sich, gegen die sie sich richten sollen.<br />
Wo ein vernünftiges Leben zur Alternative wird, da ist auch an dieser<br />
Alternative einiges faul. Es sind auch hier die alten Werkzeuge und Begriffe,<br />
denen die Beschädigungen des Lebens und des Denkens anhaften,<br />
die sie sogar hervorgebracht haben, mit denen jetzt etwas anderes, etwas<br />
Alternatives, geschaffen werden soll. Allzu leicht geraten diese pädagogischen<br />
Alternativen auf den Weg in eine neue Isolierung. Dabei wollten<br />
die Alternativleute da ja gerade heraus. Sie wehren sich zum Beispiel<br />
gegen die Trennung des Lernens, der Wissenschaft, der Arbeit von ihrem<br />
übrigen Leben. Sie wollen sich einen Lebenszusammenhang schaffen. Ein<br />
schöner und ein richtiger Wunsch. Aber es besteht die Gefahr, daß dieser<br />
Zusammenhang zu einem großen Zwangszusammenhang wird. Leben<br />
und Arbeiten und auch Lernen sind in diesem Land ja an einigen Stellen<br />
ganz eng verbunden: im Knast, beim Militär und in einigen anderen Anstalten.<br />
Es wird also schon notwendig sein zu sagen, was man in diesem<br />
einheitlichen Lebenszusammenhang eigentlich machen will, damit es<br />
kein totaler wird. In dieser Welt verkommen auch die besten Absichten<br />
oft unter der Hand zu ihrem Gegenteil. Die zerrissenen Lebensbereiche<br />
bieten auch einige Möglichkeiten. Man kann zwischen den Stühlen sitzen,<br />
in den Zwischen-Räumen leben, um nicht vom «Großen Bruder» total<br />
beherrscht zu werden. Andererseits, wenn die Leute sich ihren einheitlichen<br />
Lebensbereich selber machen und ihn auch wollen, dann wird es<br />
schon gut <strong>für</strong> sie sein.<br />
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