Hohe Schule» für Lehrer - Johannes Beck
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haben sie Dich aber wieder ins Grab gepackt. Da sind die braunen Stiefel<br />
der faschistischen Horden über Dich getrampelt.<br />
Ich weiß nicht, was demnächst sein wird. Aber zur Zeit ist Natur<br />
nicht nur «in» - wie man heute sagt -, sie ist auch kaputtgemacht wor-,<br />
den. Vielleicht sehnen sich deshalb alle nach ihr? Je künstlicher, desto<br />
natürlicher. Manche kennen den Wald nur noch von dem Parfüm, das<br />
nach ihm riechen soll und das sie sich ins Gesicht sprühen, oder sie<br />
kennen ihn von der Mattscheibe ihres Fernsehers. Die Leute wollen<br />
immer, was sie nicht haben, und werfen weg, was ihr Glück sein könnte,<br />
wie Du mich weggeworfen hast. Sie halten Dich <strong>für</strong> einen Apostel<br />
der Natur, den Rest kennen sie nicht. Aber, lieber Jean,. bleib bei Deinem<br />
arroganten Satz: «Wer nicht leidenschaftlich <strong>für</strong> mich ist, ist meiner<br />
nicht wert.»<br />
Du hast es nicht mitgekriegt, das Grauen nach Deinen Grablegungen<br />
hast Du verschlafen. Nach 1948, nach 1914 und nach 1933. Auf<br />
die Frühlinge folgten überfallartig harte Winter. Die Mächtigen schlugen<br />
zu, stellten ihre Ordnung wieder her. Seit 1968 in Prag, Paris und<br />
Berlin, aber auch in Portugal, Chile und in Polen. Immer dasselbe.<br />
Und auch dazwischen: Einerlei.<br />
Weil ich noch nicht weiß, ob ich bald wieder überwintern muß, wo und<br />
ob es klappt, schicke ich Dir diese Briefe mit Reisebildern der letzten<br />
Jahre aus den pädagogischen Provinzen. Ich bin inzwischen ein alter<br />
Mann, auch wenn mir niemand die Jahre ansieht. Als ich in den Jahren<br />
,vor der Revolution, die sie die Französische nennen, das erste Mal aus<br />
Deinen und Deiner Mitaufklärer vielversprechenden Büchern vorlesen<br />
gehört habe, da beschloß ich, das Glück zu finden, das Ihr versprochen'<br />
hattet. Ich beschloß, erst zu sterben, wenn das Glück, das Ihr mit einer<br />
neuen Gesellschaft versprochen habt, wenigstens in Sicht ist. Heute denke<br />
ich, daß ich wohl noch eine Weile leben muß, wenn sie die Welt nicht<br />
vorher in die Luft sprengen, die «Herren der sogenannten Schöpfung».<br />
Vielleicht sind wir aber noch weiter vom Glück entfernt als damals. Die<br />
Sucher des Glücks werden wohl leider unsterblich sein müssen, wenn sie<br />
es erleben wollen.<br />
Angesichts des seitJahrtausendenangekündigtenUntergangs derWelt,<br />
der heute aber machbar ist, scheint mir Dein Grab <strong>für</strong> diese Briefe auch<br />
eine halbwegs sichere Adresse zu sein. Durch die pädagogischen Provinzen<br />
bin ich deshalb gereist, weil ich dachte, daß dort ja das versprochene<br />
Glück vorbereitet werden soll. Die Kinder seien die Hoffnungen auf eine<br />
bessere Zukunft, sagen die Leute. Was ich sah, kannst Duhier lesen. Alles<br />
ist so geschehen, wie es hier steht. Sollte das, was ich zu erzählen habe, mit<br />
irgendwelchen lebenden Personen, mit Ereignissen und Tatsachen übereinstimmen,<br />
so ist das beabsichtigt und überhaupt nicht zufällig. Wenn<br />
meine Erzählungen mit den Tatsachen nicht übereinstimmen, so ist das<br />
ganz und gar nicht unbeabsichtigt: dann liegt das aber an den Tatsachen.<br />
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