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Hohe Schule» für Lehrer - Johannes Beck

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Unter schwierigen Bedingungen haben die Jeepneyleute wohl den<br />

größten selbstorganisierten Nahverkehrsbetrieb derWelt entwickelt. Ohne<br />

Betriebsleitung, ohne Bürokratie und auch ohne Fahrplan. Die wenigen<br />

und lahmen Busse der Metro Manila Administration unter Leitung<br />

der hier diktierenden Präsidentengattin Marcos stecken hoffnungslos eingekeilt<br />

zwischen den kleinen Jeepneys. Mario meint: «Unser System<br />

funktioniert. »<br />

Mit viel Gestank, Akrobatik und Krach, der nur manchmal durch die<br />

Stereomusik übertönt wird, wälzt sich der bunteWurm durch die Straßen.<br />

Die meisten Jeepneys sind voll besetzt. Selten muß jemand länger als zwei<br />

Minuten auf das Fahrzeug warten, das seine Strecke fährt. Die Route mit<br />

den Namen der Straßen, die durchfahren werden, steht meist über der<br />

Windschutzscheibe: «Die Leute wollen doch wissen, wo es langgeht und<br />

nicht nur wo es hingeht.» Vorne steht auch oft das laufende Musikprogramm:<br />

Boogie, Rock, Klassik-Gitarre, Beethoven oder Wunschkonzert<br />

zum Beispiel. Sonst gibt's heiße Diskussionen in der fahrenden Disco.<br />

«Für einen halben Peso sind Sie dabei!» Bei einer halben Stunde Fahrt<br />

den elenden Alltag vergessen, abhauen, ihn so schön wie möglich<br />

machen.<br />

In den Jeepneys fahren vor allem die armen Leute. Deshalb gibt es so<br />

viele.<br />

«Aussteiger zischen tzi, tzi oder klopfen ans Blechdach!» Das antwortet<br />

Mario auf die dumme Frage, ob er bei dieser Hitze nicht endlich mal<br />

aussteigen will aus seinem Fahrzeug. Er meint: «Haltestellen gibt es an<br />

jedem Punkt der Straße, und Pause - wenn du das meinst - mache ich erst<br />

nachmittags am Rizal-Park.» Also, Zischen zum Aussteigen.<br />

Wir sitzen am frühen Nachmittag am Rand des Rizal-Parks im Stadtzentrum.<br />

Es ist nichts los um diese Zeit. Wir trinken Basi, den Zuckerrohrwein,<br />

Eistee, und wir reden. Marios Jeepney und die einiger Freunde<br />

von ihm haben jetzt ebenfalls Pause. Auch wenn er lässige Gleichgültigkeit<br />

demonstriert, Mario findet es nicht schlecht, wenn jemand seinen<br />

Jeepney mit den von ihm selbst gemalten Bildern nicht schlecht findet. Er<br />

weiß Geschichten zu allen Bildern, zur Musik, zu den Lampen, Pferden,<br />

Spiegeln und Antennen.<br />

«Über Politik wollen wir nicht reden», sagt Mario, um dann nur noch<br />

von Politik zu reden. Aberwie? Mit dem Denkmal des früheren Freiheitskämpfers<br />

Jose Rizal vor sich und den unsichtbaren «Snüffis» des großen<br />

Diktators der Gegenwart im Rücken, sind die Claims der Bewegung abgesteckt.<br />

Politik in den Zwischendecken, die Leute wie Mario überall<br />

eingezogen haben.<br />

«Unsere Träume können sie uns nicht nehmen. Die haben wir selber<br />

noch nicht erreicht und malen sie überallhin. Vielleicht ist alles sentimental<br />

oder sehr grell und schrill. Wer nichts zu sagen hat, muß eben schreien,<br />

singen oder weinen und, wenn's geht, lachen. Das sagt sich leicht. Mir<br />

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