Hohe Schule» für Lehrer - Johannes Beck
Hohe Schule» für Lehrer - Johannes Beck
Hohe Schule» für Lehrer - Johannes Beck
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Unter schwierigen Bedingungen haben die Jeepneyleute wohl den<br />
größten selbstorganisierten Nahverkehrsbetrieb derWelt entwickelt. Ohne<br />
Betriebsleitung, ohne Bürokratie und auch ohne Fahrplan. Die wenigen<br />
und lahmen Busse der Metro Manila Administration unter Leitung<br />
der hier diktierenden Präsidentengattin Marcos stecken hoffnungslos eingekeilt<br />
zwischen den kleinen Jeepneys. Mario meint: «Unser System<br />
funktioniert. »<br />
Mit viel Gestank, Akrobatik und Krach, der nur manchmal durch die<br />
Stereomusik übertönt wird, wälzt sich der bunteWurm durch die Straßen.<br />
Die meisten Jeepneys sind voll besetzt. Selten muß jemand länger als zwei<br />
Minuten auf das Fahrzeug warten, das seine Strecke fährt. Die Route mit<br />
den Namen der Straßen, die durchfahren werden, steht meist über der<br />
Windschutzscheibe: «Die Leute wollen doch wissen, wo es langgeht und<br />
nicht nur wo es hingeht.» Vorne steht auch oft das laufende Musikprogramm:<br />
Boogie, Rock, Klassik-Gitarre, Beethoven oder Wunschkonzert<br />
zum Beispiel. Sonst gibt's heiße Diskussionen in der fahrenden Disco.<br />
«Für einen halben Peso sind Sie dabei!» Bei einer halben Stunde Fahrt<br />
den elenden Alltag vergessen, abhauen, ihn so schön wie möglich<br />
machen.<br />
In den Jeepneys fahren vor allem die armen Leute. Deshalb gibt es so<br />
viele.<br />
«Aussteiger zischen tzi, tzi oder klopfen ans Blechdach!» Das antwortet<br />
Mario auf die dumme Frage, ob er bei dieser Hitze nicht endlich mal<br />
aussteigen will aus seinem Fahrzeug. Er meint: «Haltestellen gibt es an<br />
jedem Punkt der Straße, und Pause - wenn du das meinst - mache ich erst<br />
nachmittags am Rizal-Park.» Also, Zischen zum Aussteigen.<br />
Wir sitzen am frühen Nachmittag am Rand des Rizal-Parks im Stadtzentrum.<br />
Es ist nichts los um diese Zeit. Wir trinken Basi, den Zuckerrohrwein,<br />
Eistee, und wir reden. Marios Jeepney und die einiger Freunde<br />
von ihm haben jetzt ebenfalls Pause. Auch wenn er lässige Gleichgültigkeit<br />
demonstriert, Mario findet es nicht schlecht, wenn jemand seinen<br />
Jeepney mit den von ihm selbst gemalten Bildern nicht schlecht findet. Er<br />
weiß Geschichten zu allen Bildern, zur Musik, zu den Lampen, Pferden,<br />
Spiegeln und Antennen.<br />
«Über Politik wollen wir nicht reden», sagt Mario, um dann nur noch<br />
von Politik zu reden. Aberwie? Mit dem Denkmal des früheren Freiheitskämpfers<br />
Jose Rizal vor sich und den unsichtbaren «Snüffis» des großen<br />
Diktators der Gegenwart im Rücken, sind die Claims der Bewegung abgesteckt.<br />
Politik in den Zwischendecken, die Leute wie Mario überall<br />
eingezogen haben.<br />
«Unsere Träume können sie uns nicht nehmen. Die haben wir selber<br />
noch nicht erreicht und malen sie überallhin. Vielleicht ist alles sentimental<br />
oder sehr grell und schrill. Wer nichts zu sagen hat, muß eben schreien,<br />
singen oder weinen und, wenn's geht, lachen. Das sagt sich leicht. Mir<br />
198