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Hohe Schule» für Lehrer - Johannes Beck

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hinter sich. Dann trennten sich ihre Wege. Wurden ihre Wege getrennt.<br />

Die Gruppe, ihr Bund, wurde von den Nazis aufgelöst - in die Staats- und<br />

Parteijugend überführt.<br />

Christa traf sich mit einigen Freunden aus ihrer und anderen Gruppen<br />

weiter. Sie gingen weiter auf Fahrt, trafen sich heimlich auf Heimabenden,<br />

lasen Hölderlin, Rosa Luxemburg oder Steiner und «Mein Kampf».<br />

Sie hatten Angst vor dem, was da auf sie zukommen sollte. Sie gelobten<br />

sich, zusammenzubleiben als verschworene Gemeinschaft: bis daß der<br />

Tod uns scheidet. Und er schied sie. Nach 1938 entschlossen sich die<br />

Freunde - drei Frauen und zwei Männerwaren übriggeblieben-, aus dem<br />

passiven, inneren Widerstand einen aktiven zu machen. Sie nahmen Kontakt<br />

mit einer kommunistischen Widerstandsgruppe auf. Da kannten sie<br />

einige noch von früher, als sie in den Jugendbünden miteinander rivalisierten<br />

um die richtige Form eines eigenständigen Jugendlebens. Für so<br />

etwas gab es jetzt keine Zeit mehr. Ihre Gegner, die Nazis, hatten sie in<br />

den gemeinsamen Untergrund verdrängt. Wollten sie überleben, mußten<br />

sie einig sein. Sie arbeiteten in der stillen Nachbarschaftshilfe von Frauen<br />

in einem Arbeiterviertel Magdeburgs. Druckten Flugschriften und verteilten<br />

sie. 1944 wurde Christa als Vorletzte der Gruppe verhaftet, nach<br />

Buchenwald geschleppt, gefoltert und in Bautzen zum Tode verurteilt. In<br />

den letzten Tagen vor der geplanten Ermordung 1945 hat sie noch einmal<br />

versucht, ihr Leben zu verstehen. Aufdiesem Rückweg ist ihr auch Elisabeth<br />

begegnet. Ob sie wirklich aufder anderen Seite stand? Eine Antwort<br />

wußte sie nicht.<br />

Christa wurde von der Roten Armee befreit. Überhaupt erlebte sie<br />

1945 als Befreiung. Auch als ihren Sieg. Von Zusammenbruch war da<br />

nichts. «Wir lagen uns in den Armen, waren frei und konnten neu anfangen.<br />

Auf diesem Schrott war nichts anderes möglich.» Sie begann nach<br />

1945 mit alten Freunden aus dem Widerstand und Genossen, die aus deIn<br />

Exil kamen, mit dem Aufbau der kommunalen Arbeit. Es sollte ein neues<br />

Land und ein neues Leben werden. «Basiskommunismus» nannten sie<br />

das, was sie da aufbauen wollten, so wie sie es im Widerstand erträumt<br />

hatten. Für den Tag nach dem Tag, an dem «alles in Scherben fällt». Da<strong>für</strong><br />

hatte sie gekämpft. Daß daraus nichts wurde, ist bekannt. Christa bekam<br />

schnell Schwierigkeiten. Ihr Basiskommunismus in der sowjetisch besetzten<br />

Zone Deutschlands, das galt bald wieder als Subversion. Sie und ihre<br />

Freunde arbeiteten wieder politisch - aber im Untergrund. Als dann 1953<br />

der Aufstand losbrach, war das auch ihr Werk. Und sie kämpften dort <strong>für</strong><br />

Sozialismus und Demokratie, wie sie es verstanden. Die Hoffnung wurde<br />

wie sie selbst niedergeschlagen. Für Christa war es zuviel. Sie setzte sich<br />

in den Westen ab und lebt seitdem zurückgezogen in einer kleinen Stadtwohnung.<br />

«Ob das Reich der Freiheit erst nach dem Tode beginnt?» Ihre<br />

Frage wenigstens, die sie schon öfter gestellt hatte, konnte Michel jetzt<br />

besser verstehen.<br />

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