Hohe Schule» für Lehrer - Johannes Beck
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Nun bleibt selbstverständlich angesichts der hier vorgeführten Sinnlosigkeit<br />
die Frage nach dem Sinn bestehen und offen.<br />
Weißt Du eine Antwort, Jean?<br />
Ich sehe keinen höheren Sinn. Den könnte man leicht von einer Ebene<br />
auf die nächsthöhere Ebene schieben, <strong>für</strong> die die vorhergehende Ebene<br />
einen Sinn haben soll, und dann verschwindet man allmählich in den Wolken.<br />
------ Ich sehe den Sinn in unserem, in meinem Leben, auf unseren Wegen in<br />
der Zeit. In der Verantwortung <strong>für</strong> unser, <strong>für</strong> mein Handeln,<br />
in meiner Liebe zu den mir nächsten Menschen,<br />
in meinem Kampf gegen Leid und Elend anderer Menschen, gegen<br />
Rassismus, Ausbeutung und Knechtschaft,<br />
in der Entrüstung über all die Unverschämtheiten der Machthaber gegenüber<br />
den Ohnmächtigen,<br />
in meiner Entrüstung. Im erfüllten Augenblick.<br />
Wenn wir uns klarmachen, daß die ganze Menschheit nicht mehr ist als<br />
jeder einzelne Mensch in seiner Kultur und in seinen Lebensbedingungen<br />
und daß unser Sinn in unserem Leben sein kann und nur darin sein kann,<br />
dann haben wir Grund zu leben und zu hoffen.<br />
Schimdi! Es ist nichts kaputt!<br />
Dort, wo der Nordhang des Hasan Dag in die Salzebene des Tuz Gölu im<br />
anatolischen Hochland übergeht, liegt die kleine weiße Stadt Aksaray.<br />
Einige Monate war ich schon in dieser Gegend und zog mit meinem Esel<br />
von Dorf zu Dorf. «Zeit spielte keine Rolle», sie war da und verging.<br />
Heute war das anders. Ich sollte morgen in Nevshehir sein, das liegt fünfzig<br />
Kilometer weiter östlich. Eine Verabredung.<br />
Also ging ich zum Autobuskontor, kaufte mir einen Fahrschein. «Ja,<br />
morgen früh um acht Uhr ist Abfahrt am kleinen Platz in Richtung Nevshehir.»<br />
Acht Uhr morgens. Vielleicht zwanzig Leute am Straßenrand. Trauben,<br />
Brot, Joghurt..<br />
Neun Uhr. Ich frage den Fahrkartenverkäufer, der auch da ist: «Wann<br />
kommt der Bus?» Er schaut auf seine riesige Armbanduhr: «Schimdi!».<br />
Schimdi, das heißt: «jetzt».<br />
Zehn Uhr: Schimdi.<br />
ElfUhr: Schimdi.<br />
, Zwölf Uhr: «Wo ist der Bus?» fragte ich.<br />
«Da!» er zeigte gen Westen.<br />
«Kommt er aus Konya?»<br />
«Nein, um Allahs willen, doch nicht auf der dreckigen Straße.»<br />
«Ist der Bus in Aksaray?»<br />
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