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Hohe Schule» für Lehrer - Johannes Beck

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mit Begeisterung noch von den Jahren nach dem Krieg erzählen, in denen<br />

sie in wilden Kriegsruinen spielen konnten. Diewaren freundlicher als die<br />

Betonspielplätze, die sie <strong>für</strong> ihre Kinder gebaut haben. Und wo könnt ihr<br />

spielen?<br />

Schaut euch die Straßen an, auf denen die Menschen in ihren Blechwannen<br />

fliehen, Gott weiß wohin, und sich totrasen. Auf diesen Straßen<br />

jagen sie der Zeit hinterher, weil sie nicht in ihr leben, also haben sie auch<br />

kein Leben, denn das Leben ist Zeit.<br />

Schaut euch die Fabriken und Büros an, in denen die Menschen festgehalten<br />

werden und verkümmern, weil sie dauernd den immer gleichen<br />

Handgriff an irgendwelchen Maschinen machen müssen, die nicht die ihren<br />

sind. Aus denen Produkte herauskommen, die sie nicht einmal kennen<br />

und brauchen. Fabriken, in denen sie nichts zu sagen haben, aber ihre<br />

Lebenszeit abgeben müssen. In denen sie gehorchen und mitmachen<br />

müssen, in denen sie noch dankbar da<strong>für</strong> zu sein haben, daß sie dort verkümmern<br />

dürfen, um wenigstens einen Teil des geschaffenen Reichtums<br />

als Lohn zum Leben zu bekommen. In der gleichen Zeit leben einige<br />

wenige reiche und mächtige Leute von diesem Elend.<br />

Schaut euch die Kanonen, Düsenjäger und Atombomben an, die in<br />

solchen Fabriken gemacht werden und die sich jetzt aufalle richten, die sie<br />

gemacht haben. Die Menschen haben Angst vor ihren eigenen Werken.<br />

Schaut euch die Schulen an, in die man euch einsperrt, um euch auf<br />

dieses Elend vorzubereiten, anstatt daß man euch leben läßt, so wie ihr es<br />

könnt, wie ihr es versucht zum Beispiel hier mit Rika, eurer <strong>Lehrer</strong>in.<br />

Nicht einmal eure Sprache lassen sie euch mehr. Eure Sprache, in der ihr<br />

lebt, in der ihr alles sagen könnt, was euch wichtig ist, in der sie euch nicht<br />

verstehen. Und auch deshalb zwingen sie euch ihre Schriftsprache in den<br />

Mund, damit es euch eure Sprache verschlägt. Damit euch eure Wörter<br />

im Hals steckenbleiben. Und sie messen euren Wert daran, wie gut ihr<br />

ihre Sprache sprechen könnt, wie gut ihr eure Sprache verlernt habt.<br />

Schaut auch nach Afrika und nach Südamerika, wo die Menschen heute<br />

verhungern, immer ärmer werden, während die Regierungen hierzulande<br />

nicht mehr wissen, in welches Meer sie die Nahrungsmittel verklappen<br />

sollen wie Dünnsäure in die Nordsee.<br />

Schaut euch eure Zukunft an. Sie sagen euch, daß ihr einen Beruf<br />

braucht und daß ihr <strong>für</strong> diesen Beruf lernen sollt. Und so lernt ihr wenigstens<br />

neun Jahre lang <strong>für</strong> einen Beruf, den ihr doch nicht bekommt. So<br />

stehlen sie eure Zeit. Sie haben euch abgeschrieben, machen euch zum<br />

Bodensatz. Aber das seid ihr nicht.><br />

So ungefähr, nur viel gescheiter, hätte dieser weise Mann vielleicht zu<br />

euch gesprochen, wenn er an meiner Stelle hier wäre. Aber ich bin nicht<br />

sicher, denn schließlich hat er zu Lebzeiten <strong>für</strong> die Macht der Bürger<br />

gekämpft, die das dann alles angerichtet haben. Aber das konnte er ja<br />

nicht wissen, damals.<br />

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