Hans Rudolf Stampfli - Zentralbibliothek Solothurn
Hans Rudolf Stampfli - Zentralbibliothek Solothurn
Hans Rudolf Stampfli - Zentralbibliothek Solothurn
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Branntwein diente fast nur zu Heilzwecken. Man mied auch das (ver-<br />
schmutzte) Wasser als Getränk, wohl instinktiv seiner – wissenschaftlich<br />
erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts nachgewiesenen – Gefährlichkeit als<br />
Träger von Krankheitskeimen bewusst. Man trank somit hauptsächlich<br />
Wein und Bier. Die Rebe wurde früher auch in den nördlichen Gebieten<br />
Mitteleuropas gepflegt; ihr Produkt allerdings, der Wein, musste durch Süs-<br />
sen und Würzen geniessbarer gemacht werden. Doch auch das Bier hatte<br />
seine grosse Bedeutung; als täglicher Trank war es vor allem in den nördli-<br />
chen Teilen Europas beliebt. Nicht im «Bierland» Bayern, sondern in den<br />
Seestädten Deutschlands stand der Gerstensaft als Getränk an erster Stelle.<br />
Das Bierbrauen war Ehrenaufgabe der Hausfrau, genau wie das Backen,<br />
und der Reim vom Rumpelstilzchen «... heute back ich, morgen brau ich ...»<br />
hatte auch inhaltlich seine vollwertige Bedeutung. In Westfalen braute noch<br />
im letzten Jahrhundert jede Frau ihr eigenes Familien-Bier.<br />
Die Zerstörung der Weinberge im Dreissigjährigen Krieg wie auch die<br />
Verschleppung der Reblaus aus den USA nach Europa im 19. Jahrhundert<br />
führten zu einer massiven Verteuerung des Weines. Als Folge förderte man<br />
die Bierherstellung; das Bier wurde Konkurrent zum Wein. Leider kam im<br />
vergangenen Jahrhundert noch der Branntwein dazu. Sein Vordringen ist ein<br />
Zeitdokument erster Ordnung, auf das wir noch zu sprechen kommen wer-<br />
den. Der Schnaps wurde so zum Getränk der Armen, die sich weder Brot<br />
noch Bier leisten konnten.<br />
Der Rückgang der Weinproduktion und das Vordringen des Bieres führ-<br />
ten rasch zu einer technisch verbesserten Fabrikationsmethode, wobei vor<br />
allem die künstliche Eisfabrikation eine wesentliche Rolle spielte. Die Vor-<br />
machtstellung des Weines fiel zusammen, das Bier wurde mehr und mehr<br />
zum Volksgetränk.<br />
– 13 –