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Hans Rudolf Stampfli - Zentralbibliothek Solothurn

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stelligen. Aber ab Mitte des 17. Jahrhunderts und in vermehrtem Masse im<br />

18. Jahrhundert wurden immer mehr die «gebrandten Wasser» auf dem<br />

Markt und in «Brendtstübli» (oft Hinterstuben von Wirtschaften und Bäcke-<br />

reien) und in «Winkelhüsern» angeboten, nachdem früher die Destillation<br />

nur den Apothekern und den Klöstern vorbehalten war (SCHUBIGER 1932).<br />

Aber die «Brönnhafen» und ihr Produkt waren leichter zu verheimlichen als<br />

ein Fass guten Weines. Trotz Kontrolle durch die Obrigkeit riss das Laster<br />

des Schnapstrinkens gewaltig ein und verstärkte sich im 19. Jahrhundert zu<br />

regelrechter Schnapspest, die auch im literarischen Bereich ihren Nieder-<br />

schlag fand. (GOTTHELF; für <strong>Solothurn</strong> HARTMANN). Mag schon im<br />

18. Jahrhundert der Branntwein den natürlich vergorenen Traubensaft zu-<br />

rückgedrängt haben, so wurde später der Schnaps zum alltäglichen Getränk,<br />

das ohne Bedenken konsumiert wurde. Die Pintenschenken schossen wie<br />

Pilze aus dem Boden und konnten von der Behörde kaum mit Erfolg kon-<br />

trolliert werden, da sie oft nur in einem Hinterstübchen angesiedelt waren.<br />

So zählt GOTTHELF in einem Dorf 17 Pintenschenken von armseligster Ein-<br />

richtung. «Der Wirt war selbst ein Hudel und hatte nicht so viel Geld im<br />

Haus, um die Patentgebühr zu bezahlen, geschweige denn ein Fass [...,] in<br />

einer Ecke der Gaststube kindbettete sein Weib und in der andern war seine<br />

Mutter im Sterben». Vielleicht ein etwas düster gemaltes Bild, doch auch in<br />

<strong>Solothurn</strong> gab es Pintenschenken, die aus nur zwei Räumlichkeiten bestan-<br />

den, Wirtschaftslokal und Wohn-Schlafzimmer des Wirtepaares.<br />

Die starke Zunahme des Branntweingenusses im 19. Jahrhundert ist nicht<br />

leicht zu erklären. Ein Hauptmoment war sicher der tiefere Preis im Ver-<br />

gleich zum Wein. Das Bier war insbesondere auf dem Land noch zu wenig<br />

bekannt, um als Konkurrent zum Schnaps auftreten zu können. Die begin-<br />

nende Industrialisierung führte zur Verarmung der sozial tieferen Schichten;<br />

das Einkommen reichte gerade noch zum «Gläschen des armen Mannes»,<br />

das auch leicht erhältlich war, da nun viele Landwirte selbst zu Brennern<br />

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