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Die Gelehrtenfamilie Stöckhardt - Uwe Fiedler, Dresden and ...

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Clara Schumann 67<br />

Priorität. Während ihrer Ehe komponierte sie vorwiegend ihrem Ehemann zu Gefallen. Es ist deshalb nicht<br />

verwunderlich, dass sie diese Aktivität nach seinem Tod endgültig einstellte. Clara Schumanns Werke werden<br />

heutzutage selten zu Gehör gebracht. Sie sind dabei keinesfalls schlecht oder geringwertig. Komponiert für die<br />

eigenen Auftritte, sind sie virtuos und entsprechen dem Musikgeschmack des 19. Jahrhunderts.<br />

<strong>Die</strong> drei Lieder aus Opus 12, die Clara Schumann komponierte, zählen neben dem Klaviertrio op. 17 und den drei<br />

Romanzen für Klavier und Violine op. 22 zu den besten Kompositionen, die sie geschrieben hat. Der Liederzyklus,<br />

den Clara Schumann als op. 13 anschließend veröffentlichte und in dem sie Gedichte von Heinrich Heine, Emanuel<br />

Geibel und Friedrich Rückert vertonte, f<strong>and</strong> auch bei ihrem Mann höchste Anerkennung. Trotzdem schreibt er wenig<br />

später über ihre Kompositionen:<br />

„Clara hat eine Reihe von kleineren Stücken geschrieben, in der Erfindung so zart und musikreich, wie es ihr<br />

früher noch nicht gelungen. Aber Kinder haben und einen immer fantasierenden Mann und komponieren, geht<br />

nicht zusammen […].“<br />

Clara Schumann als Virtuosin<br />

Als Klaviervirtuosin hingegen hatte Clara eine für ihre Zeit außergewöhnliche Stellung. Das beginnende 19.<br />

Jahrhundert brachte eine Reihe von hervorragenden Solisten hervor, deren überwältigendes Können auf ihrem<br />

Instrument das Publikum faszinierte. Dementsprechend groß war auch die Nachfrage nach solistischen Auftritten der<br />

Künstler. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren dies beispielsweise die Violinisten Paganini – (der<br />

„Teufelsgeiger“, wie er gern bezeichnet wurde) – und Joseph Joachim (mit dem Clara zahlreiche gemeinsame<br />

Konzerte bestritt). Unter den Pianisten waren es neben Clara Schumann Liszt, Chopin, Sigismund Thalberg und<br />

Friedrich Kalkbrenner, denen der Ruf vorauseilte, auf dem Klavier unübertroffen zu sein. Nicht übersehen werden<br />

darf dabei, dass auch objektive Umstände die Entwicklung der Klaviervirtuosen begünstigten: <strong>Die</strong> Instrumente<br />

Flügel und Klavier erfuhren in der Zeit immer wieder Verbesserungen: Stahlsaiten wurden eingezogen, der<br />

Tonumfang erweitert und die Mechanik ausgeklügelter (<strong>and</strong>ers als bei Beethoven und Hummel, die als<br />

herausragende Pianisten der Wiener Klassik noch nicht in den Genuss der erst 1821 von Sébastien Érard erfundenen<br />

doppelten Auslösung, dem double échappement gekommen waren Repetitionsmechanik). Den technischen<br />

Fortschritt ließen die Künstler in ihre Arbeiten einfließen, sowohl in die Darbietung solistischer Stücke als auch in<br />

ihre Kompositionen.<br />

Was Clara Schumann besonders auszeichnete: Sie best<strong>and</strong> in einer männerdominierten Welt. Sie ließ sich nicht auf<br />

die Präsentation von Salon-Stückchen reduzieren, spielte u. a. anspruchsvolle Sonaten von Beethoven und einige<br />

seiner Klavierkonzerte (auch das fünfte, das als schwierig galt) und wurde deswegen in ganz Europa gefeiert und mit<br />

Ehrungen bedacht. Während ihr Mann ständig das Gefühl hatte, um Anerkennung ringen zu müssen (legendär ist die<br />

Geschichte, dass man ihn, als er Clara auf der Konzertreise nach Russl<strong>and</strong> begleitete, gefragt haben soll: „Und Sie?<br />

Was machen Sie? Machen Sie auch etwas mit Musik?“), genoss sie hohes Ansehen, was für eine Frau damals nicht<br />

selbstverständlich war. Dass ihr Vater durch seine strenge Schule einen Grundstein hierfür legte, erklärt nur zu<br />

einem kleinen Teil ihren Erfolg. Clara Schumann war ein außerordentliches Talent, und sie hatte das Bedürfnis, es<br />

auszuleben, auch wenn sie es immer wieder gegen <strong>and</strong>ere Verpflichtungen und Hemmnisse (Mutterschaft, Robert<br />

Schumanns Einfluss) durchsetzen musste. Wie herausragend ihre Stellung für jene Zeit war, zeigt die Tatsache, dass<br />

Clara – neben Ausnahmeerscheinungen wie beispielsweise Fanny Hensel geb. Mendelssohn – eine der wenigen<br />

Pianistinnen des 19. Jahrhunderts war, die es zu hoher Bekanntheit brachten.<br />

Das Werk ihres Mannes, das Clara durch Konzertauftritte der Öffentlichkeit bekannt machte, beschäftigte sie auch,<br />

nachdem sie sich vermehrt aus dem Konzertbetrieb zurückgezogen hatte. Sie förderte nach seinem frühen Tod die<br />

Veröffentlichung seiner Kompositionen im Musikverlag Breitkopf & Härtel, sammelte aber auch alle seine Schriften<br />

und Tagebücher, publizierte sie und setzte ihm so ein Andenken. Ihre wichtige Rolle bei der Entstehung des<br />

modernen Konzertrepertoires (Repertoire-Kanonisierung) wurde in jüngerer Zeit durch die statistische Analyse ihres<br />

Lebensrepertoires auf Grundlage von 1312 Programmzetteln ihrer sämtlichen öffentlichen Konzerte aufgezeigt.

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