Reproduktionsmedizin im internationalen Vergleich - Bibliothek der ...
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32 <strong>Reproduktionsmedizin</strong> <strong>im</strong> <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong> III. <strong>Reproduktionsmedizin</strong> in Deutschland und <strong>im</strong> <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong> 33<br />
1.2.3. Der Blastozystentransfer<br />
Eine Variante <strong>der</strong> Embryonenauswahl stellt die Kultivierung des Embry<br />
os bis zum Blastozystenstadium am Tag 5/6 <strong>der</strong> Prä<strong>im</strong>plantationsent<br />
wicklung dar. Die Theorie des Blastozystentransfers stützt sich auf die<br />
Beobachtung, dass sich Prä<strong>im</strong>plantationsembryonen ohne jede Ak<br />
tivität ihrer Erbsubstanz bis zum 8ZellStadium entwickeln können.<br />
Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Embryonalentwicklung abhängig von<br />
Proteinen, verschiedenen zytoplasmatischen Faktoren und <strong>der</strong> Pro<br />
duktion von Proteinen aus Ribonucleinsäuren, die mütterlichen Ur<br />
sprungs sind, also aus <strong>der</strong> Eizelle stammen. Erst ab dem 8ZellStadi<br />
um erfolgt die Aktivierung <strong>der</strong> embryonalen Erbsubstanz, welche eine<br />
Voraussetzung für die weitere regelrechte Entwicklung und Einnistung<br />
ist. Unterbleibt diese Aktivierung, kommt es zum »embryonic arrest«<br />
während <strong>der</strong> invitro Kultur und bei Transfer solcher Embryonen in<br />
weiterer Folge zum Implantationsversagen. Um den Erfolg <strong>der</strong> IVFBe<br />
handlung zu steigern, versucht man jene Embryonen durch Kultivie<br />
rung bis in das Stadium <strong>der</strong> Blastozyste zu identifizieren, die sich über<br />
das 8ZellStadium hinaus entwickeln können und damit das beste<br />
Entwicklungspotential besitzen. Voraussetzung dafür ist allerdings,<br />
dass die Negativselektion durch »embryonic arrest« von Embryonen<br />
vom Tag 2/3 bis zum Tag 5/6 tatsächlich durch das vererbte Überle<br />
bens und Entwicklungspotential des Embryos bedingt wird, und<br />
nicht Konsequenz eines schädigenden Einflusses <strong>der</strong> Verlängerung <strong>der</strong><br />
Kultur unter artifiziellen Bedingungen ist.<br />
embryos. Hum Reprod. 2007 Jul; 22(7):1973–1981; A. Nicoli et al., L<strong>im</strong>ited<br />
<strong>im</strong>portance of preembryo pronuclear morphology (zygote score) in assisted<br />
reproduction outcome in the absence of embryo cryopreservation. Fertil Steril.<br />
2007 Oct; 88(4 Suppl):1167–73; A.K. Ludwig et al., The value of pronuclear<br />
scoring for the success of IVF and ICSIcycles. Arch Gynecol Obstet. 2006 Mar;<br />
273(6):346–54.<br />
Die Entwicklung entsprechen<strong>der</strong> Beurteilungssysteme zur Vorhersage<br />
<strong>der</strong> Embryonalentwicklung und Blastozystenbildung auf Basis des Al<br />
ters <strong>der</strong> Patientin, <strong>der</strong> Zahl an gewonnen Eizellen, <strong>der</strong> Fertilisierungs<br />
rate, <strong>der</strong> Morphologie <strong>der</strong> Embryonen am Tag 2 o<strong>der</strong> 3 und <strong>der</strong> Indika<br />
tion zur IVFBehandlung hat zu einer Verbesserung <strong>der</strong> Effizienz des<br />
Blastozystentransfers beigetragen . Allerdings ist die generelle Über<br />
legenheit des Blastozystentransfers <strong>im</strong> <strong>Vergleich</strong> zum konventionellen<br />
Vorgehen (Transfer <strong>der</strong> Embryonen an Tag 2 o<strong>der</strong> 3 <strong>der</strong> Embryonalent<br />
wicklung) umstritten, da in erster Linie jüngere Patientinnen, die eine<br />
hohe Zahl an Eizellen bzw. Prä<strong>im</strong>plantationsembryonen bilden, von<br />
einem Blastozystentransfer profitieren und dieses Kollektiv nur einen<br />
Bruchteil <strong>der</strong> Patientinnen mit Kin<strong>der</strong>wunsch ausmacht.<br />
1.2.4. Sonstige Methoden <strong>der</strong> Embryonenauswahl<br />
Über die genannten Verfahren hinausgehend wurden und wird eine<br />
Vielzahl weiterer Möglichkeiten kontinuierlich evaluiert, die zu einer<br />
Verbesserung <strong>der</strong> Embryonenauswahl führen sollen.<br />
Da selbst ein Transfer eines morphologisch idealen Embryos nicht in<br />
jedem Fall zu einer Lebendgeburt führt, ist davon auszugehen, dass<br />
weitere Einflussgrößen, wie beispielsweise genetische Faktoren, exis<br />
tieren. Das sogenannte Aneuploidie-Screening, eine invasive genetische<br />
Untersuchung, verfolgt durch Auswahl von Eizellen o<strong>der</strong> Embryo<br />
nen nach ihrem chromosomalen Status <strong>im</strong> Wesentlichen das Ziel <strong>der</strong><br />
Senkung <strong>der</strong> Abortrate. In <strong>der</strong> Mehrzahl menschlicher Aborte (50–55<br />
E.G. Papanikolaou et al., Live birth rates after transfer of equal number of blastocysts<br />
or cleavagestage embryos in IVF. A systematic review and metaanalysis.<br />
Hum Reprod. 2008 Jan; 23(1):91–9; D.A. Blake et al., Cleavage stage versus<br />
blastocyst stage embryo transfer in assisted conception. Cochrane Database<br />
Syst Rev. 2007 Oct 17;(4):CD002118.