Reproduktionsmedizin im internationalen Vergleich - Bibliothek der ...
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50 <strong>Reproduktionsmedizin</strong> <strong>im</strong> <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong> III. <strong>Reproduktionsmedizin</strong> in Deutschland und <strong>im</strong> <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong> 51<br />
Fetozid aus <strong>der</strong> antizipierten psychosozialen Notlage best<strong>im</strong>mt – unabhängig<br />
vom Aspekt <strong>der</strong> eventuell möglichen Tragzeitverlängerung.<br />
Es ist davon auszugehen, dass in Zukunft mit Wahrnehmung und gesellschaftlicher<br />
Akzeptanz des Fetozids von Mehrlingen nicht mehr<br />
das potentielle und kaum abschätzbare medizinische Risiko für die<br />
Mutter und/o<strong>der</strong> die schwer einzuschätzende Bedrohung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong><br />
durch Frühgeburt und Wachstumsretardierung als Rechtfertigung für<br />
eine Abruptio aller o<strong>der</strong> den Embryo/Fetozid einzelner Kin<strong>der</strong> dienen<br />
wird, son<strong>der</strong>n die Abwehr <strong>der</strong> langwierigen psychosozialen Belastung<br />
durch die höhergradigen Mehrlinge mit o<strong>der</strong> ohne krankem Kind die<br />
Indikation bzw. den Anspruch auf einen Fetozid begründen wird .<br />
q Tab. Übersicht über zulässige Verfahren in ausgewählten Län<strong>der</strong>n Europas.<br />
Land Eizellspende PID Embryonenauswahl nach<br />
morphologischen Kriterien<br />
Belgien Möglich Möglich Möglich<br />
Dänemark Möglich Möglich Möglich<br />
Deutschland Verboten Verboten Verboten<br />
Frankreich Möglich Möglich Möglich<br />
Großbritannien Möglich Möglich Möglich<br />
Italien Verboten Verboten Verboten<br />
Nie<strong>der</strong>lande Möglich Möglich Möglich<br />
Österreich Verboten Verboten Möglich<br />
Spanien Möglich Möglich Möglich<br />
Schweden Verboten Möglich Möglich<br />
Schweiz Verboten Verboten Verboten<br />
Tschechien Möglich Möglich Möglich<br />
H. Hepp, Höhergradige Mehrlingsgravidität – Auch ein Problem ethischen Fortschritts.<br />
Gynäkologe 1998; 31:261.<br />
3. <strong>Reproduktionsmedizin</strong> <strong>im</strong> <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong><br />
Bei gleichen, weltweit standardisierten technischen Abläufen inner<br />
halb <strong>der</strong> humanen <strong>Reproduktionsmedizin</strong> stellt sich die Rechtslage<br />
innerhalb Europas unterschiedlich dar. Dies führt zu verschiedenen,<br />
medizinisch indizierten Vorgehensweisen, je nach dem, was in dem<br />
einen Staat erlaubt und in dem an<strong>der</strong>en verboten ist (Tabelle 6). Dies<br />
hat erheblichen Einfluss, z.B. auf die Zahl <strong>der</strong> einzeitig transferierten<br />
Embryonen, auf den Einsatz <strong>der</strong> Kryokonservierung von Eizellen<br />
und/o<strong>der</strong> Embryonen und in letzter Konsequenz auf den Erfolg und<br />
die Risiken <strong>der</strong> Behandlung.<br />
Ein direkter <strong>Vergleich</strong> einzelner Län<strong>der</strong> hinsichtlich <strong>der</strong> erzielten<br />
Lebendgeburt und Mehrlingsraten ist aufgrund <strong>der</strong> Heterogenität<br />
<strong>der</strong> Gesetzeslagen, wie auch <strong>der</strong> sozialrechtlichen Bedingungen nur<br />
schwer möglich. Die jüngste Zusammenfassung europäischer IVF<br />
RegisterDaten erfolgte durch das »European IVFmonitoring (EIM)<br />
Consortium« und bezieht sich auf das Jahr 2004 . Allerdings ist festzuhalten,<br />
dass eine lückenlose Erfassung von Behandlungsdaten nicht<br />
existiert, da es keine einheitliche Regelung zur (verpflichtenden) Datenregistrierung<br />
für alle europäischen Staaten gibt. Die ermittelten<br />
Lebendgeburtraten pro Behandlungszyklus zeigen für das Jahr 2004<br />
eine breite Streuung von 11,8 Prozent in Italien, über 15,7 Prozent in<br />
Frankreich, 16,4 Prozent in Deutschland, 19,1 Prozent in Österreich,<br />
21,9 Prozent in Schweden, 23,4 Prozent in Norwegen, bis zu 39,3 Prozent<br />
in <strong>der</strong> Türkei. Die mittlere Zahl <strong>der</strong> einzeitig transferierten Embryonen<br />
weist ebenso eine starke Schwankungsbreite auf. Während<br />
beispielsweise in <strong>der</strong> Türkei (ein Land ohne gesetzlicher Regelung <strong>der</strong><br />
Zahl <strong>der</strong> max<strong>im</strong>al zu transferierenden Embryonen) in 39 Prozent bzw.<br />
33 Prozent <strong>der</strong> Behandlungszyklen drei, bzw. sogar vier Embryonen<br />
A.N. An<strong>der</strong>sen et al., Assisted reproductive technology in Europe, 2004: results<br />
generated from European registers by ESHRE. Hum Reprod 2008; 23:756–771.