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Reproduktionsmedizin im internationalen Vergleich - Bibliothek der ...

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102 <strong>Reproduktionsmedizin</strong> <strong>im</strong> <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong> V. Notwendigkeit eines Fortpflanzungsmedizingesetzes (FMG) aus rechtlicher Sicht 103<br />

lung <strong>der</strong> Nr. 5 bezweckt, das Entstehen von überzähligen Embryo­<br />

nen, d.h. solchen, die nicht mehr transferiert werden können, zu<br />

vermeiden und dient daher dem Embryonenschutz. Eine Befruch­<br />

tung auf Vorrat <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong> Unfruchtbarkeitsbehandlung ist<br />

nach dem ESchG unzulässig.<br />

Infolge <strong>der</strong> Anwendung dieser sog. »Dreierregel« entstehen in Deutsch­<br />

land in <strong>der</strong> Praxis <strong>der</strong> Unfruchtbarkeitsbehandlung Mehrlingsschwan­<br />

gerschaften in nicht unerheblichem Umfang. Insbeson<strong>der</strong>e höher­<br />

gradige Mehrlinge (mehr als Zwillinge) und ihre Mütter haben ein<br />

hohes gesundheitliches Risiko . Im Ausland, insbeson<strong>der</strong>e in Skan­<br />

dinavien, hat sich zur Vermeidung von Mehrlingsschwangerschaften<br />

inzwischen das Verfahren des eSET und eDET etabliert . Es handelt<br />

sich dabei nicht um ein invasives Verfahren und nicht um eine Erb­<br />

gutanalyse, son<strong>der</strong>n um eine prognostische Beurteilung <strong>der</strong> Entwick­<br />

lungsfähigkeit <strong>der</strong> befruchteten Eizellen mittels lichtmikroskopischer<br />

Betrachtung.<br />

Seit Jahren wird daher auch in Deutschland gefor<strong>der</strong>t, das Verfahren<br />

des eSET/eDET anzuwenden, da dies dem <strong>internationalen</strong> Stand <strong>der</strong><br />

Wissenschaft <strong>der</strong> Unfruchtbarkeitsbehandlung entspricht . Dabei<br />

wird argumentiert, das Absterben o<strong>der</strong> die Kryokonservierung eines<br />

wenige Tage alten Embryos, dessen Nidationschancen aufgrund mor­<br />

phologischer Beurteilung als ohnehin schlecht angesehen werden, sei<br />

ICSI­Versuch nur zwei Embryonen transferiert werden. Wünscht das Paar den<br />

Transfer von drei Embryonen, ist eine ausführliche Information und Aufklärung<br />

über das erhöhte Risiko für höhergradige Mehrlingsschwangerschaften und die<br />

damit verbundenen Risiken ärztliche Pflicht.<br />

Siehe oben Kap. III. 2.2.1.<br />

Siehe oben Kap. III. 1.3.<br />

S. Frommel, Zeitschrift <strong>Reproduktionsmedizin</strong> Band 18, Heft 4, August 2002,<br />

158–183: Ethische, verfassungsrechtliche und strafrechtliche Problematik.<br />

das geringere Übel gegenüber den gesundheitlichen negativen Folgen<br />

einer Mehrlingsschwangerschaft und einem evtl. erfor<strong>der</strong>lichen Feto­<br />

zid zur Mehrlingsreduktion. In den ärztlichen Berufsverbänden <strong>der</strong><br />

<strong>Reproduktionsmedizin</strong>, in den Landesregierungen, Ärztekammern<br />

und in <strong>der</strong> Rechtswissenschaft wird seit langem kontrovers diskutiert,<br />

ob das Verfahren des eSET und eDET bereits de lege lata, unter <strong>der</strong><br />

Geltung des Embryonenschutzgesetzes, angewendet werden darf .<br />

Teilweise wird <strong>der</strong> eSET und eDET als mit dem ESchG konform ange­<br />

sehen und offenbar bereits in großem Umfang in Deutschland prak­<br />

tiziert . Erlaubt sei es, wird zur Begründung gesagt, so viele Embryo­<br />

nen zu entwickeln, wie erfahrungsgemäß nötig sind, um die Absicht<br />

zu realisieren, <strong>im</strong> selben Zyklus eine Schwangerschaft herbeizuführen<br />

und wie <strong>im</strong> konkreten Einzelfall nach ärztlicher Erkenntnis notwen­<br />

dig sind, um ein o<strong>der</strong> höchstens zwei Embryonen zurücksetzen zu<br />

können. § 1 Abs. 1 Nr. 5 schreibe an<strong>der</strong>s als Nr. 3 keine starre Quo­<br />

te für die Befruchtung von Eizellen vor, weil erfahrungsgemäß nicht<br />

jede Befruchtung die Entstehung von entwicklungsfähigen und zum<br />

Transfer geeigneten Embryonen zur Folge habe. Wie viele Eizellen zu<br />

befruchten seien, bemesse sich vielmehr nach <strong>der</strong> Einschätzung des<br />

Arztes unter Berücksichtigung von Qualität und Eignung <strong>der</strong> verwen­<br />

deten Ke<strong>im</strong>zellen <strong>im</strong> Hinblick auf das Ziel, möglichst nur so viele ent­<br />

Siehe zur Kontroverse Nei<strong>der</strong>t (mit weiteren Nachweisen), »Entwicklungsfähigkeit«<br />

als Schutzkriterium und Begrenzung des Embryonenschutzgesetzes,<br />

in: MedR 2007, 279–286; Protokoll <strong>der</strong> Debatte <strong>der</strong> Fachkommission des DVR<br />

(Dachverband Reproduktionsbiologie und ­medizin e.V.) in: Journal <strong>Reproduktionsmedizin</strong><br />

und Endokrinologie 2004:4.<br />

Auf einer <strong>internationalen</strong> Konferenz <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft für <strong>Reproduktionsmedizin</strong><br />

(DGRM) in Berlin am 1./2.11.2007 (3rd International Conference<br />

on Science and Ethics of Assisted Human Reproduction and Stem Cell Research)<br />

bestätigte Prof. Geisthövel, Sprecher des Dachverbandes Reproduktionsbiologie<br />

und ­medizin e.V., auf Anfrage, dass seines Wissens nach das Verfahren<br />

des SET/DET in Bayern flächendeckend und in Baden­Württemberg zum Teil<br />

praktiziert werde.

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