Reproduktionsmedizin im internationalen Vergleich - Bibliothek der ...
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112 <strong>Reproduktionsmedizin</strong> <strong>im</strong> <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong> VI. Zusammenfassung 113<br />
VI.<br />
Klaus Diedrich<br />
ZuSaMMenFaSSung<br />
Die Gesundheitsversorgung von Paaren mit unerfülltem Kin<strong>der</strong><br />
wunsch durch fortpflanzungsmedizinische Maßnahmen hat in den<br />
letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Eine <strong>der</strong> Ursa<br />
chen liegt in gesellschaftlichen Verän<strong>der</strong>ungen, die das durchschnitt<br />
liche Alter, in dem Frauen in Industrienationen ihre erste Schwanger<br />
schaft anstreben, ansteigen lassen.<br />
Ziel <strong>der</strong> Fortpflanzungsmedizin ist es, die Ursachen für eine Kin<strong>der</strong><br />
losigkeit zu erkennen, zu behandeln und so eine Schwangerschaft<br />
sowie die Geburt eines Kindes zu ermöglichen. Gesundheitsrisiken<br />
für die Patienten (Paar und Kind) sind dabei zu min<strong>im</strong>ieren. Dies<br />
muss unter fortwähren<strong>der</strong> Berücksichtigung des medizinischen Fort<br />
schritts erfolgen.<br />
Die Fortpflanzungsmedizin hat sich in den vergangenen Jahrzehnten<br />
<strong>im</strong> Hinblick auf die Effektivität des Verfahrens erheblich weiterent<br />
wickelt. Aber auch das wichtigste Risiko, eine Mehrlingsschwanger<br />
schaft mit den hohen gesundheitlichen Gefahren für die werdende<br />
Mutter und die meist zu früh geborenen Kin<strong>der</strong>, kann heute erheblich<br />
gesenkt werden.<br />
Dies geschieht in <strong>der</strong> Mehrzahl <strong>der</strong> europäischen Staaten durch An<br />
wendung des Verfahrens des elektiven SingleEmbryoTransfers (eSET).<br />
Die invitro gezeugten Embryonen werden nach morphologischen<br />
Kriterien, die eine Implantationsfähigkeit und einen Behandlungser<br />
folg erwarten lassen, ausgewählt und es wird bei Patientinnen mit<br />
hohem Risiko für eine Mehrlingsschwangerschaft nur <strong>der</strong> Embryo<br />
<strong>im</strong>plantiert, <strong>der</strong> dieses Kriterium erfüllt.<br />
Das Embryonenschutzgesetz (ESchG) legt dagegen fest, dass bis zu<br />
drei Embryonen während eines Behandlungszyklus entstehen dürfen,<br />
alle entstandenen Embryonen aber auch transferiert werden müssen.<br />
Eine Auswahl des Embryos mit den größten Implantationschancen,<br />
ohne dass alle entstandenen Embryonen mit dem Risiko <strong>der</strong> Mehr<br />
lingsschwangerschaft <strong>im</strong>plantiert werden müssten, ist nach dem<br />
ESchG nicht möglich.<br />
Infolge <strong>der</strong> Regelungen des ESchG findet die Fortpflanzungsmedizin<br />
in Deutschland nicht mehr auf dem Stand <strong>der</strong> medizinischen Wissen<br />
schaft und Technik statt – mit <strong>der</strong> Folge eines medizinischen, ethischen<br />
und rechtlichen und nicht zuletzt persönlichen individuellen Dilem<br />
mas bei den betroffenen Paaren. Dieses sollte durch ein Fortpflan<br />
zungsmedizingesetz gelöst werden, das die Ziele – <strong>der</strong> Wunsch <strong>der</strong><br />
Paare nach einem Kind durch fortpflanzungsmedizinische Hilfen<br />
und Gesundheitsschutz sowie <strong>der</strong> Schutz des Embryos – zu einem an<br />
gemessenen Ausgleich bringt und den eSET ermöglicht.<br />
Als Folge <strong>der</strong> Anwendung des Verfahrens des eSET werden jedoch in<br />
größerem Ausmaß als bisher entwicklungsfähige Embryonen <strong>im</strong> Rah<br />
men <strong>der</strong> Behandlung entstehen. Solche überzähligen Embryonen mit<br />
Entwicklungspotential sollten für weitere Behandlungen des Kin<strong>der</strong><br />
wunschpaares kryokonserviert werden und müssen nach Abschluss<br />
<strong>der</strong> fortpflanzungsmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten dem<br />
Absterbenlassen zugeführt werden. Dies sollte gesetzlich geregelt wer<br />
den. Eine fremdnützige Verwendung <strong>der</strong> Embryonen (z.B. Forschung)<br />
sollte verboten bleiben.<br />
Darüber hinaus sollten in einem Fortpflanzungsmedizingesetz auch<br />
die an<strong>der</strong>en bisher ungeregelten o<strong>der</strong> nur lückenhaft geregelten Ver<br />
fahren wie die donogene Samenspende, die Prä<strong>im</strong>plantationsdiagnos<br />
tik sowie die Kontrolle und Aufsicht über die Fortpflanzungsmedizin<br />
geregelt werden.