Reproduktionsmedizin im internationalen Vergleich - Bibliothek der ...
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2 <strong>Reproduktionsmedizin</strong> <strong>im</strong> <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong> IV. Ethische Gesichtspunkte zu <strong>der</strong>zeitigen Behandlungsstandards <strong>der</strong> Fortpflanzungsmedizin 3<br />
IV.<br />
Hartmut Kreß<br />
ethISche geSIchtSpunkte Zu DeRZeItIgen<br />
BehanDlungSStanDaRDS DeR FoRtpFlan-<br />
ZungSMeDIZIn In DeutSchlanD<br />
1. notwendigkeit ethischer Reflexion<br />
Die nachfolgende ethische Argumentation geht davon aus, dass<br />
zur morphologischen Beobachtung von Embryonen mit nachfolgendem<br />
eSET sowie zur Blastozystenkultivierung auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong><br />
Gesetzgebung beson<strong>der</strong>s dringlich Regelungsbedarf besteht. An<strong>der</strong>e<br />
Themen <strong>der</strong> Fortpflanzungsmedizin, die ebenfalls regelungsbedürftig<br />
sind, z.B. die Prä<strong>im</strong>plantationsdiagnostik, werden in den folgenden<br />
ethischen Erwägungen ausgeklammert 0 . Was die ethischen<br />
Argumente und Abwägungen anbelangt, bestehen in verschiedener<br />
Hinsicht (Gesundheitsschutz <strong>der</strong> Patientin und <strong>der</strong> geborenen Kin<br />
0 Zur Prä<strong>im</strong>plantationsdiagnostik vgl. z.B. E. Schwinger, Prä<strong>im</strong>plantationsdiagnostik.<br />
Medizinische Indikation o<strong>der</strong> unzulässige Selektion? Gutachten <strong>im</strong><br />
Auftrag <strong>der</strong> FriedrichEbertStiftung, Bonn 2003; Chr. Woopen, Prä<strong>im</strong>plantationsdiagnostik<br />
und Polkörperdiagnostik: Die Positionen des Nationalen<br />
Ethikrates, in: K. Diedrich/H. Hepp/S. von Otte (Hg.), <strong>Reproduktionsmedizin</strong><br />
in Klinik und Forschung: Der Status des Embryos, Nova Acta Leopoldina NF<br />
Halle 2007; Bd. 96 Nr. 354:103–109; I. Nippert, Prä<strong>im</strong>plantationsdiagnostik – ein<br />
Län<strong>der</strong>vergleich. Die aktuelle Situation hinsichtlich <strong>der</strong> gesetzlichen Regelung,<br />
<strong>der</strong> Anwendung und <strong>der</strong> gesellschaftlichen Diskussion in Belgien, Frankreich<br />
und Großbritannien. Gutachten <strong>im</strong> Auftrag <strong>der</strong> FriedrichEbertStiftung, Berlin<br />
2006; unter Bezug auf dieses Gutachten: H. Kreß, Prä<strong>im</strong>plantationsdiagnostik<br />
aus ethischer Sicht, in: Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte 2007; 54 H.<br />
4:32–35. Ausführlicher zur PID aus <strong>der</strong> Sicht des Vf.s: H. Kreß, Prä<strong>im</strong>plantationsdiagnostik.<br />
Ethische, soziale und rechtliche Aspekte, in: Bundesgesundheitsblatt<br />
– Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz 2007; 50:157–167.<br />
<strong>der</strong>, Selbstbest<strong>im</strong>mungsrecht <strong>der</strong> Frau, Embryonenstatus, Etablie<br />
rung von Behandlungsstandards, die dem Stand <strong>der</strong> medizinischen<br />
Kenntnisse entsprechen, u.a.) allerdings sachbedingt Berührungs<br />
punkte.<br />
Als das Embryonenschutzgesetz beraten und verabschiedet wurde,<br />
war das Verfahren <strong>der</strong> morphologischen Beobachtung mit eSET, auf<br />
das sich die nachfolgenden Reflexionen exemplarisch konzentrieren,<br />
noch nicht bekannt. Inzwischen ist hierzu <strong>der</strong> aus ethischer Sicht<br />
problematische Sachverhalt eingetreten, dass fortpflanzungsmedizi<br />
nische Behandlungsstandards in Deutschland unterhalb des thera<br />
peutischen Niveaus bleiben, das in an<strong>der</strong>en europäischen Staaten er<br />
reicht worden ist. Der medizinische Teil des Gutachtens legte dar, dass<br />
durch die morphologische Beurteilung, die Auswahl eines Embryos,<br />
<strong>der</strong> entwicklungsfähig erscheint, und die nachfolgende Übertragung<br />
dieses einen Embryos (eSET) Zwillings o<strong>der</strong> höhergradige Mehrlingsschwangerschaften<br />
vermeidbar werden, aus <strong>der</strong> für die Patientin und<br />
für die geborenen Kin<strong>der</strong> beträchtliche Belastungen, ja sogar hohe<br />
Risiken resultieren können und die in einzelnen Fällen zu Fetoziden<br />
führen. Ethisch ist wünschenswert, eine deutliche Vermin<strong>der</strong>ung<br />
von Mehrlingsschwangerschaften bei gleichbleibendem Erfolg hinsichtlich<br />
<strong>der</strong> Geburtenraten auch in <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland<br />
zu erreichen. Zur Begründung ist auf die grundlegenden Normen <strong>der</strong><br />
Bioethik sowie auf das Patientenrecht auf Gesundheitsschutz und auf<br />
gesundheitliche Versorgung hinzuweisen.<br />
2. Bioethische prinzipien<br />
Um die morphologische Beurteilung mit nachfolgendem eSET o<strong>der</strong><br />
auch die Blastozystenkultivierung ethisch zu bewerten, sind die vier<br />
Prinzipien zu Rate zu ziehen, die oftmals als normativer Kern <strong>der</strong> heutigen<br />
Bio o<strong>der</strong> Medizinethik bezeichnet werden: