Reproduktionsmedizin im internationalen Vergleich - Bibliothek der ...
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2 <strong>Reproduktionsmedizin</strong> <strong>im</strong> <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong> IV. Ethische Gesichtspunkte zu <strong>der</strong>zeitigen Behandlungsstandards <strong>der</strong> Fortpflanzungsmedizin 3<br />
Zu Punkt a): Zur Verantwortbarkeit des Handlungsziels ist zu sagen,<br />
dass an <strong>der</strong> ethischen Legit<strong>im</strong>ität <strong>der</strong> morphologischen Best<strong>im</strong>mung<br />
eines entwicklungsfähigen Embryos mit Transfer dieses einen Em<br />
bryos kein Zweifel bestehen kann, weil das Verfahren dem Gesund<br />
heitsschutz <strong>der</strong> Patientin und <strong>der</strong> geborenen Kin<strong>der</strong> zugute kommt.<br />
Zu Punkt b): Was die MittelZweckRelation anbelangt, so ist aus dem<br />
medizinischen Teil dieses Gutachtens zu entnehmen, dass das Ver<br />
fahren tatsächlich geeignet ist, die Mehrlingsrate zu senken und die<br />
Aussicht auf eine erfolgreich verlaufende Schwangerschaft zu wahren.<br />
Tragfähige, gleichwertige Handlungsalternativen stehen z. Zt. nicht<br />
o<strong>der</strong> noch nicht zur Verfügung. Alternative o<strong>der</strong> sonstige Verfahren,<br />
die noch nicht hinreichend erprobt sind, sollten nicht vorschnell an<br />
geboten werden .<br />
Grundsätzlich gilt, dass <strong>der</strong> Patientin bzw. dem Paar realistische Ein<br />
schätzungen über den Sinn und die Erfolgsaussicht <strong>der</strong> unterschied<br />
lichen reproduktionsmedizinischen Behandlungsverfahren vermittelt<br />
werden sollen.<br />
Zu Punkt c): Die Handlungsnebenfolgen sind an dieser Stelle ausführ<br />
licher abzuwägen. Bei <strong>der</strong> Methode <strong>der</strong> morphologischen Beobach<br />
tung mit folgendem eSET können – von <strong>der</strong> Ärztin/dem Arzt und von<br />
<strong>der</strong> Patientin/dem Kin<strong>der</strong>wunschpaar an sich nicht gewollt – über<br />
zählige Embryonen entstehen. Diese Handlungsnebenfolge, die ver<br />
fahrensbedingt in Kauf genommen werden muss, berührt das Schutz<br />
recht von Embryonen, auf das daher nachfolgend aus ethischer Sicht<br />
in mehreren Schritten einzugehen ist.<br />
Siehe hierzu Kap. III 1.2.2.<br />
1. Das am 01.01.1991 in Kraft getretene ESchG sieht für den au<br />
ßerkörperlich erzeugten Embryo ein hohes Schutzniveau vor und<br />
wollte die Entstehung überzähliger Embryonen verhin<strong>der</strong>n. Das<br />
Gesetz hat sich jedoch keinen uneingeschränkten Embryonen<br />
schutz zu Eigen gemacht, da es zulässt, dass eine Frau die Übertra<br />
gung eines Embryos verweigert: »Die zwangsweise Übertragung<br />
eines Embryos auf die Frau ist nicht möglich. Insoweit genießt das<br />
Selbstbest<strong>im</strong>mungsrecht <strong>der</strong> Frau Vorrang vor dem Lebensrecht<br />
des Embryos. Auch wenn die Frau einer InvitroFertilisation <strong>der</strong><br />
von ihr gewonnenen Eizelle zugest<strong>im</strong>mt hat, kann sie nicht ver<br />
pflichtet werden, dieses Einverständnis auf die Übertragung <strong>der</strong><br />
befruchteten Eizelle zu erstrecken; ebenso wenig kann sie an dem<br />
einmal erteilten Einverständnis festgehalten werden« . Das Ge<br />
setz trägt dem – ethisch fundamentalen sowie verfassungsrecht<br />
lich unhintergehbaren – Selbstbest<strong>im</strong>mungsrecht <strong>der</strong> Frau und<br />
ihrem Recht auf körperliche Unversehrtheit also ausdrücklich<br />
Rechnung. Vor diesem Hintergrund sind in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />
Deutschland in geringer Zahl überzählige Embryonen legal vor<br />
handen.<br />
Darüber hinaus begrenzt das ESchG den Schutzanspruch ex<br />
trakorporaler, mit medizinischer Assistenz erzeugter Embryonen<br />
insofern, als es definitorisch lediglich auf die Entwicklungsfähig<br />
keit Bezug n<strong>im</strong>mt . Weil sich medizinisch <strong>im</strong> Einzelfall nicht mit<br />
letzter Gewissheit aussagen lässt, ob und in welchem Maß ein Em<br />
bryo tatsächlich Entwicklungsfähigkeit besitzt, wird innerhalb <strong>der</strong><br />
R. Keller/H.L. Günther/P. Kaiser, Embryonenschutzgesetz. Kommentar zum<br />
Embryonenschutzgesetz, Stuttgart 1992, 226, vgl. ebd. 95.<br />
§ 8 ESchG; vgl. auch das Gesetz zur Sicherstellung des Embryonenschutzes<br />
<strong>im</strong> Zusammenhang mit Einfuhr und Verwendung menschlicher embryonaler<br />
Stammzellen vom 28. Juni 2002 (Stammzellgesetz) § 3 Nr. 4.