Munich School of Management Magazine 2011/12 - Fakultät für ...
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Die Bewertung wandelanlei -<br />
hen finanzierter Unternehmen<br />
Von wesentlicher Bedeutung <strong>für</strong> den Unternehmenswert ist die<br />
Kapitalstruktur des zu bewertenden Unternehmens, da diese einen<br />
wesentlichen Einfluss auf die Höhe, den zeitlichen Anfall und<br />
das Risiko der bewertungsrelevanten Zahlungsströme besitzt.<br />
Die in Theorie und Praxis verwendeten Bewertungsgleichungen<br />
stellen jedoch Eigenkapital und nicht wandelbares Fremdkapital<br />
einander gegenüber. Eine explizite Auseinandersetzung der<br />
Werteffekte einer Finanzierung mit wandelbarem Fremdkapital<br />
fand bisher nicht statt. Eine verbreitete Form von wandelbarem<br />
Fremdkapital sind Wandelanleihen. Diese kombinieren eine Anleihe<br />
mit einem Wandlungsrecht, das es dem Inhaber gestattet,<br />
die Anleihe entweder binnen eines festgelegten Zeitraumes oder<br />
am Laufzeitende der Anleihe zu einem festgelegten Verhältnis in<br />
Aktien des Emittenten zu tauschen. Wählt der Wandelanleiheninhaber<br />
die Wandlung, erwirbt er im Austausch gegen künftige<br />
Zins- und Tilgungszahlungen einen anteiligen Anspruch an den<br />
Ausschüttungen an die Eigenkapitalgeber.<br />
Im Wandlungsfall ergibt sich somit eine Veränderung der<br />
bewertungsrelevanten Kapitalstruktur des Unternehmens. Da<br />
die Wandlungsentscheidung von den künftigen stochastischen<br />
Zahlungsströmen des zu bewertenden Unternehmens abhängt,<br />
sind konventionelle Annahmen hinsichtlich künftiger Verschuldungsgrade<br />
nicht anwendbar. Somit ist die Veränderung der Kapi-<br />
Forschung<br />
talstruktur aus Sicht des Bewertungszeitpunktes unsicher. Diese<br />
Unsicherheit ist bei der Bestimmung der Kapitalkosten im Sinne<br />
einer erwarteten risikoadäquaten Renditeforderung der Kapitalgeber<br />
zu berücksichtigen. Im Rahmen eines Adjusted-Present-<br />
Value-Verfahrens, das eine getrennte Bewertung von operativen<br />
und kapitalstrukturinduzierten Werteffekten vornimmt, gelingt<br />
es, theoretisch fundierte Gleichungen zur Bewertung wandelanleihenfinanzierter<br />
Unternehmen abzuleiten. Aus didaktischen<br />
Gründen wird dabei zuerst ein einperiodiges Modell entwickelt,<br />
das anschließend sukzessive auf den mehrperiodigen Fall ohne<br />
und mit der Möglichkeit einer vorzeitigen Ausübung des Wandlungsrechts<br />
erweitert wird.<br />
Hierzu wird in einem ersten Schritt ein arbitragefreier Kapitalmarkt<br />
definiert, auf dem alle denkbaren künftigen Zahlungsströme<br />
friktionslos gehandelt werden können. Das zu bewertende<br />
Unternehmen ist mit Eigenkapital und einer Wandelanleihe<br />
finanziert und erwirtschaftet in allen künftigen Perioden Free<br />
Cash Flows, die durch periodenspezifische Wahrscheinlichkeitsverteilungen<br />
charakterisiert sind. Am Ende jeder Periode wird<br />
zuerst der Free Cash Flow von dem Wandelanleiheninhaber beobachtet,<br />
bevor dieser seine Wandlungsentscheidung trifft. Aus<br />
dem Modell ergibt sich folgendes Wandlungskriterium:<br />
Der Wandelanleiheinhaber<br />
wird die Wandlung wählen, wenn der<br />
im Zuge der Wandlung erwerbbare Anspruch<br />
an den künftigen Ausschüttungen<br />
größer ist als die Summe der Zins- und<br />
Tilgungszahlungen, die im Wandlungsfall<br />
<strong>für</strong> den Wandelanleiheninhaber verloren<br />
gehen. Unter Rückgriff auf das Wandlungskriterium<br />
lassen sich die künftigen<br />
Zahlungsströme an die Eigenkapitalgeber sowie an den Wandelanleiheninhaber<br />
in Abhängigkeit von den künftigen stochastischen<br />
Free Cash Flows des Unternehmens bestimmen. Die entsprechenden<br />
risikoadäquaten Kapitalkosten ergeben sich unter<br />
Rückgriff auf das CAPM aus der Wahrscheinlichkeitsverteilung<br />
des Free Cash Flow und der Wahrscheinlichkeitsverteilung der<br />
Rendite des Marktportfolios. Da zwischen dem Wert der Wandelanleihe<br />
und dem Wert des Gesamtkapitals Interdependenzen<br />
bestehen, hat die Ermittlung des Werts des Eigenkapitals und der<br />
Wandelanleihe rekursiv zu erfolgen.<br />
Die sich ergebenden Bewertungsgleichungen bilden im Gegensatz<br />
zu den konventionellen Bewertungsgleichungen das Wandlungsrisiko<br />
ab, das neben dem operativen Risiko den Wert des<br />
Unternehmens prägt. Daher betritt die Arbeit nicht nur Neuland,<br />
sondern ist auch theoretisch wie praktisch relevant. Andreas H<strong>of</strong>herr<br />
Literatur<br />
H<strong>of</strong>herr, Andreas: Die Bewertung wandelanleihenfinanzierter Unternehmen,<br />
im Erscheinen, Frankfurt am Main 20<strong>12</strong><br />
LMU – <strong>Munich</strong> <strong>School</strong> <strong>of</strong> <strong>Management</strong> <strong>2011</strong>/<strong>12</strong> | 11