Munich School of Management Magazine 2011/12 - Fakultät für ...
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Forschung<br />
<strong>Munich</strong> Behavioral Insurance<br />
Workshop <strong>2011</strong> Internationale<br />
Wissenschaftler diskutieren über<br />
Verhaltensökonomie in der<br />
Versicherungswirtschaft<br />
Am <strong>12</strong>. und 13. Dezember <strong>2011</strong> fand in der Carl-Friedrich von Siemens<br />
Stiftung in München der erste <strong>Munich</strong> Behavioral Insurance<br />
Workshop statt. Mehr als 50 internationale Wissenschaftler kamen<br />
zusammen, um über die Verwendung von verhaltensökonomischen<br />
Ansätzen in der Versicherungsökonomie zu diskutieren.<br />
Wie in der allgemeineren ökonomischen oder finanzwirtschaftlichen<br />
Forschung wird auch im versicherungsökonomischen<br />
Bereich zunehmend festgestellt, dass klassische Theorien nicht in<br />
der Lage sind, das menschliche Verhalten adäquat zu beschreiben.<br />
Der Forschungsbereich Behavioral Insurance soll dazu beitragen,<br />
das tatsächliche Verhalten von Individuen auf Versicherungsmärkten<br />
besser zu verstehen. Dazu werden auf Basis psychologischer Erkenntnisse<br />
neue Theorien zur Versicherungsnachfrage entwickelt,<br />
die „irrationales“ Verhalten der Entscheidungsträger zulassen.<br />
Die Idee, in München einen Workshop zu diesem Schwerpunkt<br />
zu veranstalten entstand aus mehreren Gründen. Der Behavioral<br />
Insurance Workshop hat einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet,<br />
diesem Forschungsschwerpunkt des <strong>Munich</strong> Risk and Insurance<br />
Center (MRIC) internationale Sichtbarkeit zu verschaffen.<br />
Interessanterweise gab es noch keine vergleichbare Veranstaltung,<br />
obwohl immer häufiger Forschungsprojekte zu diesem Themenkreis<br />
bearbeitet werden. Ferner liefert die interdisziplinäre Grundausrichtung<br />
des MRIC eine ideale Grundlage <strong>für</strong> den gegenseitigen<br />
Austausch zu einem derart vielseitigen Thema.<br />
Pr<strong>of</strong>. Andreas Richter<br />
20 | LMU – <strong>Munich</strong> <strong>School</strong> <strong>of</strong> <strong>Management</strong> <strong>2011</strong>/<strong>12</strong><br />
Der Workshop wurde vom MRIC in Kooperation mit dem Center<br />
for the Economic Analysis <strong>of</strong> Risk (CEAR) an der Georgia State<br />
University durchgeführt, an dem Mitte Februar 20<strong>12</strong> eine ähnliche<br />
Veranstaltung stattfand. Organisatoren der Münchner Veranstaltung<br />
waren Andreas Richter, der Sprecher des MRIC, und Jörg<br />
Schiller von der Universität Hohenheim. Ausgewählte Beiträge<br />
beider Workshops werden in einem Special Issue des Journal <strong>of</strong><br />
Risk and Insurance erscheinen. Insgesamt wurden <strong>für</strong> den Münchner<br />
Workshop mehr als 40 Beiträge von Wissenschaftlern aus aller<br />
Welt eingereicht, von denen 20 akzeptiert wurden. Die Auswahl<br />
erfolgte durch ein Komitee, dem neben Andreas Richter und Jörg<br />
Schiller auch Alexander Mürmann von der Wirtschaftsuniversität<br />
Wien, Harris Schlesinger von der University <strong>of</strong> Alabama und<br />
Charles Noussair von der Tilburg University angehörten.<br />
Die Veranstaltung begann mit einer kurzen Begrüßung durch<br />
Andreas Richter und einer Einführung in bestehende Erkenntnisse<br />
und noch <strong>of</strong>fene Forschungslücken im Bereich Behavioral<br />
Insurance durch Glenn Harrison, dem Leiter des CEAR. Anschließend<br />
wurden die Beiträge in parallelen, thematisch gegliederten<br />
Sessions präsentiert, u.a. zu den Themenbereichen Versicherungsbetrug,<br />
Versicherungsvermittlung und Ambiguitätstheorien. Wie<br />
auf wissenschaftlichen Konferenzen üblich, folgte auf die etwa<br />
halbstündige Präsentation der Forschungsprojekte jeweils eine<br />
kurze „Discussion“ durch einen anderen Konferenzteilnehmer sowie<br />
eine allgemeine Diskussionsrunde.<br />
Besondere Highlights waren die Keynote Speaches von Martin<br />
Weber von der Universität Mannheim und Jeffrey Brown von der<br />
University <strong>of</strong> Illinois. Unter dem Titel „Investors Care about Risk,<br />
but Can‘t Cope with Volatility” präsentierte Martin Weber Ergebnisse<br />
eines Online-Experiments zum Thema Risikowahrnehmung<br />
und Portfolioallokation. Jeffrey Brown diskutierte in seiner<br />
Präsentation „Can Behavioral Economics Help Solve the Annuity<br />
Puzzle?” die Frage, ob verhaltensökonomische Erklärungsansätze<br />
zur Lösung des „Annuity Puzzle” beitragen können, das sich mit<br />
der aus Sicht der klassischen ökonomischen Theorie überraschend<br />
geringen Nachfrage nach Leibrenten beschäftigt.<br />
Insgesamt war die Veranstaltung ein voller Erfolg, der nicht<br />
zuletzt der Carl-Friedrich von Siemens Stiftung und unseren<br />
Sponsoren (Verein zur Förderung der Versicherungswissenschaft<br />
in München, <strong>Munich</strong> Re, Sparkassenversicherung, Wüstenrot &<br />
Württembergische, Katie <strong>School</strong> <strong>of</strong> Insurance and Financial Services)<br />
zu danken ist. Die Teilnehmer waren nicht nur vom Workshop<br />
selbst, sondern auch vom vorweihnachtlichen (wenn auch<br />
leider schneefreien) München begeistert. Alle waren sich einig,<br />
dass eine solche Veranstaltung regelmäßig stattfinden sollte. Der<br />
Workshop wird deshalb auch im Jahr 20<strong>12</strong>, am 10. und 11. Dezember,<br />
wieder (in München) stattfinden und soll dann abwechselnd<br />
in Atlanta und München ausgerichtet werden.<br />
Johannes Jaspersen, Christian Knoller, Stefan Neuß