����������������������������������� 12 «Sexualität tut dem Herzen gut, wenn es s<strong>ch</strong>ön und fein gelebt wird.» S<strong>ch</strong>einliebe
������������������������������������������������������������������� zwis<strong>ch</strong>en dem Aufkommen <strong>der</strong> Pille und den Frauenre<strong>ch</strong>tsbewegungen, au<strong>ch</strong> wenn die orale Verhütung eine ziemli<strong>ch</strong> ma<strong>ch</strong>istis<strong>ch</strong>e Rollenverteilung beibehält, da die Frau dabei allein für die Verhütung verantwortli<strong>ch</strong> ist. Zu dieser <strong>Zeit</strong> entstanden au<strong>ch</strong> Initiativen (eher in <strong>der</strong> Wests<strong>ch</strong>weiz als in <strong>der</strong> Deuts<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>weiz) zur verbreiteten Einführung von affektiv-sexueller Erziehung in den S<strong>ch</strong>ulen. Die Jugendli<strong>ch</strong>en profitierten vor allem ab den 1970er Jahren von diesen Initiativen und vom Zugang zur Antibabypille. Bis Mitte <strong>der</strong> 1980er Jahre war die Pille das wi<strong>ch</strong>tigste Verhütungsmittel bei den Jugendli<strong>ch</strong>en, und zwar au<strong>ch</strong> be<strong>im</strong> ersten Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tsverkehr (6). Das zweite prägende Ereignis <strong>der</strong> letzten Jahrzehnte war das plötzli<strong>ch</strong>e Auftreten von Aids in den 1980er Jahren (7). Na<strong>ch</strong> einer ersten Phase <strong>der</strong> Unsi<strong>ch</strong>erheit und man<strong>ch</strong>mal au<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Panik gab das Auftau<strong>ch</strong>en des HI-Virus <strong>der</strong> Sexualpädagogik und <strong>der</strong> Prävention von sexuell übertragbaren Krankheiten erhebli<strong>ch</strong>en Auftrieb. Die Jugendli<strong>ch</strong>en <strong>der</strong> 1970er und vor allem <strong>der</strong> 1980er Jahre profitierten au<strong>ch</strong> davon, dass die Erwa<strong>ch</strong>senen si<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Re<strong>ch</strong>te <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Jugendli<strong>ch</strong>en als Individuen bewusst wurden – wie die Verkündung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>re<strong>ch</strong>tskonvention (8) dur<strong>ch</strong> die Vereinten Nationen vor 20 Jahren zeigt. Diese Konvention gewährleistet den Kin<strong>der</strong>n zumindest in Län<strong>der</strong>n mit hohem Lebensstandard einen vertrauli<strong>ch</strong>en Zugang zur Gesundheitsversorgung, sobald ihnen Urteilsfähigkeit zuerkannt werden kann. Do<strong>ch</strong> die Bedrohung dur<strong>ch</strong> das HI-Virus wirkte si<strong>ch</strong> bezügli<strong>ch</strong> des Bewusstseins um die Bedeutung von Information und Sexualerziehung ni<strong>ch</strong>t nur positiv aus. Die Bedrohung bringt die Jugendli<strong>ch</strong>en nämli<strong>ch</strong> in eine zweideutige o<strong>der</strong> sogar wi<strong>der</strong>sprü<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Lage, da sie be<strong>im</strong> Erlernen des Umgangs mit Gefühlen und Sexualität die Begriffe Leben und Tod sowie Spontaneität und Vorsi<strong>ch</strong>t miteinan<strong>der</strong> vereinbaren müssen. Ausserdem trug eine starke Ausri<strong>ch</strong>tung des Bildungs- und Gesundheitswesens auf die Gefahren von Aids wohl zu einem ziemli<strong>ch</strong> te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>en und medikalisierten Bild <strong>der</strong> Sexualität bei. Es gibt unzählige Fa<strong>ch</strong>artikel und au<strong>ch</strong> Beiträge in ni<strong>ch</strong>t spezialisierten Medien, die auf die «Gefahren» <strong>im</strong> Zusammenhang mit Sexualität hinweisen. Man<strong>ch</strong>mal wird Sex sogar nur no<strong>ch</strong> als reine Gefahr dargestellt, wie die amerikanis<strong>ch</strong>en Abstinenzkampagnen zeigen (9, 10). Die dritte «Revolution», die in den 1990er und vor allem 2000er Jahren stattfand und wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong> die affektiv-sexuelle Entwicklung vieler Jugend- li<strong>ch</strong>er beeinflusst, ist das Aufkommen des Internet mit seinen positiven und negativen Seiten (11–14). Als positive Seite ist hervorzuheben, dass das Internet ein potenzielles Informations-, Erziehungs- und Präventionsinstrument ist, das man no<strong>ch</strong> zu wenig nutzt. Websites wie Ciao/Ts<strong>ch</strong>au (www.ts<strong>ch</strong>au.<strong>ch</strong> auf Deuts<strong>ch</strong> und www.ciao.<strong>ch</strong> auf Französis<strong>ch</strong>) in <strong>der</strong> S<strong>ch</strong>weiz, Globules (http://questionsreponses. globules.com) in Frankrei<strong>ch</strong> o<strong>der</strong> go ask Alice (http:// www.goaskalice.com) in den USA geben Jugendli<strong>ch</strong>en in einem ungezwungenen und anonymen Rahmen Antworten auf ihre Fragen (15). Beson<strong>der</strong>s die Knaben, die oft s<strong>ch</strong>ü<strong>ch</strong>tern und prüde sind, sobald es um Fragen zu ihrer eigenen Sexualität geht, profitieren wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong> stark von einem direkten Zugang zu qualitativ ho<strong>ch</strong>stehenden Informationen bezügli<strong>ch</strong> Pubertät, Sexualverhalten und Gefühlsleben. Jugendli<strong>ch</strong>en, die si<strong>ch</strong> Gedanken über ihre sexuelle Ausri<strong>ch</strong>tung ma<strong>ch</strong>en, kann das Internet Zuspru<strong>ch</strong> geben. Es bietet Austaus<strong>ch</strong>mögli<strong>ch</strong>keiten und Stossri<strong>ch</strong>tungen zur Bewältigung aller damit verbundenen Probleme. So profitieren Jugendli<strong>ch</strong>e, die angemessen auf die neuen Te<strong>ch</strong>nologien vorbereitet und dabei betreut werden (16), von einem ras<strong>ch</strong>en und direkten Zugang zu elektronis<strong>ch</strong>en Austaus<strong>ch</strong>-, Diskussions- und Begegnungsplattformen, die ihnen nützli<strong>ch</strong> sein und die Orientierung erlei<strong>ch</strong>tern können. Die Kehrseite <strong>der</strong> Medaille ist, dass Kin<strong>der</strong> und Jugendli<strong>ch</strong>e <strong>im</strong> kaum kontrollierbaren Universum des Internet Zugang zu Bil<strong>der</strong>n haben können, auf <strong>der</strong>en S<strong>ch</strong>onungslosigkeit sie ni<strong>ch</strong>t vorbereitet sind. Ausserdem werden die Waghalsigsten unter ihnen zu Begegnungen verleitet, die ni<strong>ch</strong>t ohne Risiko sind (17, 18). Zu diesen spezifis<strong>ch</strong>en Risiken kommt hinzu, dass viele jugendli<strong>ch</strong>e User ihr Verhältnis zum öffentli<strong>ch</strong>en Raum verän<strong>der</strong>n, wenn sie hemmungslos ihre Erfahrungsberi<strong>ch</strong>te, Bil<strong>der</strong> und Filme ins Netz stellen. Die jüngsten unter ihnen realisieren s<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>t ni<strong>ch</strong>t, in wel<strong>ch</strong>em Masse alles, was sie ins Netz stellen, von an<strong>der</strong>en abgerufen werden kann. Dadur<strong>ch</strong> gerät das gesamte Verhältnis zum öffentli<strong>ch</strong>en Raum, zur Privatsphäre und zur Int<strong>im</strong>ität dur<strong>ch</strong>einan<strong>der</strong> (2, 11, 17, 18). ��������������������������������� ��������������������������� Wie wirken si<strong>ch</strong> diese Verän<strong>der</strong>ungen auf das Sexualverhalten <strong>der</strong> Jugendli<strong>ch</strong>en aus? Gemäss Abbildung 1, <strong>der</strong>en Zahlenmaterial auf vers<strong>ch</strong>iedenen in <strong>der</strong> S<strong>ch</strong>weiz dur<strong>ch</strong>geführten Erhebungen beruht, 13