[PDF] Jugendsexualität im Wandel der Zeit (2009) - Jugendarbeit.ch
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Jugendli<strong>ch</strong>e konsumieren sexuelle Inhalte jedo<strong>ch</strong><br />
über diverse Medien, und dies offenbar mehr und<br />
au<strong>ch</strong> über einen einfa<strong>ch</strong>eren Zugang, als die Generationen<br />
vor ihnen. In den Augen <strong>der</strong> Massenmedien<br />
ma<strong>ch</strong>t sie dies zur «Generation Porno».<br />
Der Zugang zu Bil<strong>der</strong>n, Texten o<strong>der</strong> au<strong>ch</strong> dem<br />
Austaus<strong>ch</strong> von erotis<strong>ch</strong> geprägten Bots<strong>ch</strong>aften (Chat)<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> zwei- resp. eindeutigen Selbstdarstellung <strong>im</strong><br />
Web 2.0 hat si<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> die digitalen interaktiven Medien<br />
verän<strong>der</strong>t. Zudem ist die Werbung geprägt von<br />
erotis<strong>ch</strong>en Attributen, Plakatwände zieren verführeris<strong>ch</strong>e,<br />
künstli<strong>ch</strong> ges<strong>ch</strong>önte Körper. Die Jugendzeits<strong>ch</strong>riften<br />
s<strong>ch</strong>reiben unverblümt über Sexualität und<br />
<strong>im</strong> Spätprogramm des Fernsehens trifft man auf fast<br />
jedem Kanal auf Werbung, wel<strong>ch</strong>e erotis<strong>ch</strong>e Hotlines<br />
anpreist. Sex sells.<br />
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Spri<strong>ch</strong>t man über Mediensozialisation, stehen zwei<br />
Perspektiven <strong>im</strong> Vor<strong>der</strong>grund. Einerseits die Frage,<br />
wie Mens<strong>ch</strong>en den Umgang mit Medien erlernen und<br />
wel<strong>ch</strong>e Formen des Umgangs si<strong>ch</strong> unters<strong>ch</strong>eiden lassen<br />
(vgl. Bonfadelli: 1981, Süss: 2004, Aufenanger:<br />
2008) – an<strong>der</strong>erseits, wie Medien die allgemeinen Sozialisationsprozesse<br />
von Heranwa<strong>ch</strong>senden und Erwa<strong>ch</strong>senen<br />
beeinflussen und ob sie dabei entwicklungsför<strong>der</strong>nd<br />
o<strong>der</strong> -gefährdend sind. Diese Fragen<br />
sind wi<strong>ch</strong>tig in einer medialisierten Gesells<strong>ch</strong>aft, in<br />
<strong>der</strong> das Selbst-, Mens<strong>ch</strong>en- und Weltbild dur<strong>ch</strong> Medien<br />
mitgeprägt wird und Entwicklungsaufgaben<br />
au<strong>ch</strong> mit Hilfe von Medien bewältigt werden.<br />
Flammer und Alsaker benennen unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Bau<br />
steine, die den Sozialisationsprozess bilden. Die Entwicklung<br />
<strong>der</strong> eigenen Persönli<strong>ch</strong>keit, den Aufbau int<strong>im</strong>er<br />
Beziehungen, einer Zukunftsperspektive und<br />
sozialer Kompetenzen. Au<strong>ch</strong> eine kritis<strong>ch</strong>e Haltung<br />
gegenüber <strong>der</strong> Gesells<strong>ch</strong>aft und das Verständnis komplexer<br />
Zusammenhänge in Politik und Wirts<strong>ch</strong>aft zählen<br />
dazu (vgl. Flammer / Alsaker: 2002). Wenn wir davon<br />
ausgehen, dass Kin<strong>der</strong> und Jugendli<strong>ch</strong>e heutzutage<br />
von medialen Leitbil<strong>der</strong>n mitsozialisiert werden, dann<br />
ges<strong>ch</strong>ieht dies au<strong>ch</strong> <strong>im</strong> Berei<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Sexualität.<br />
Zu glauben, dass die Heranwa<strong>ch</strong>senden <strong>der</strong> erotis<strong>ch</strong>en<br />
Reizüberflutung s<strong>ch</strong>utzlos ausgeliefert sind,<br />
wäre ni<strong>ch</strong>t korrekt. Der Sexualwissens<strong>ch</strong>aftler Gunter<br />
S<strong>ch</strong>midt bes<strong>ch</strong>reibt, dass die Jugend von heute<br />
dur<strong>ch</strong> die mit sexuellen Bil<strong>der</strong>n und Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten<br />
voll gestopften Medienwelten <strong>im</strong> Umgang mit erotis<strong>ch</strong>en<br />
Reizen ausserordentli<strong>ch</strong> «cool drauf» ist. Wo<br />
ihre Eltern no<strong>ch</strong> entsetzt reagiert hätten, bleiben die<br />
Kids ganz gelassen (vgl. S<strong>ch</strong>midt: 2004).<br />
Genau genommen ist die übersexualisierte Jugend<br />
von heute gar ni<strong>ch</strong>t so «porno», wie sie s<strong>ch</strong>eint. Während<br />
sie si<strong>ch</strong> cool geben, sehnen sie si<strong>ch</strong> vor allem<br />
na<strong>ch</strong> Liebe, Freunds<strong>ch</strong>aft und Anerkennung. Interessanterweise<br />
haben die Jugendli<strong>ch</strong>en laut Uwe Sielert<br />
dur<strong>ch</strong> die permanente Reizüberflutung neue Verarbeitungsmodi<br />
entwickelt. Ents<strong>ch</strong>eidend ist letztendli<strong>ch</strong><br />
<strong>der</strong> Übergang vom Gehörten o<strong>der</strong> Gesehenen <strong>im</strong><br />
Berei<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Sexualität zur lebensweltli<strong>ch</strong>en Realsexualität<br />
(vgl. Sielert: 2001).<br />
Dieser Übergang ist von Lernen geprägt. Geht<br />
man davon aus, dass si<strong>ch</strong> Jugendli<strong>ch</strong>e in <strong>der</strong> Pubertät<br />
sehr intensiv sexuelles Wissen aneignen, lassen<br />
si<strong>ch</strong> zwei wesentli<strong>ch</strong>e Zweige unters<strong>ch</strong>eiden, wenn<br />
es um <strong>Jugendsexualität</strong> und Medien geht.<br />
Erstens lernen sie, was es heisst, int<strong>im</strong>e Beziehungen<br />
einzugehen, zu pflegen und das eigene und<br />
das an<strong>der</strong>e Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t zu verstehen. Dazu gehört<br />
au<strong>ch</strong> eine kritis<strong>ch</strong>e Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Fragen<br />
über Sexualität und das Übernehmen von Verantwortung<br />
für si<strong>ch</strong> und an<strong>der</strong>e. Für diese Entwicklungsaufgabe<br />
ist es wi<strong>ch</strong>tig, dass Jugendli<strong>ch</strong>e si<strong>ch</strong><br />
sowohl alleine als au<strong>ch</strong> mit Vertrauenspersonen mit<br />
dem Thema Sexualität auseinan<strong>der</strong>setzen.<br />
Zweitens gehört für einen Jugendli<strong>ch</strong>en, <strong>der</strong> den<br />
grössten Teil seiner Freizeit mit Medien verbringt, das<br />
Erlernen eines adäquaten und pragmatis<strong>ch</strong>en Medienumgangs<br />
dazu. Medienkompetenz als Teil des<br />
Sozialisationsprozesses meint au<strong>ch</strong> einen bewussten<br />
und kritis<strong>ch</strong>en Umgang mit sexuellen Medieninhalten.<br />
Mitunter am wi<strong>ch</strong>tigsten ist die S<strong>ch</strong>nittmenge<br />
von Entwicklungsaufgaben und dem Erlernen von<br />
Medienkompetenz: Die Fähigkeit, offen über Gehörtes<br />
o<strong>der</strong> Gesehenes zu kommunizieren. Diese Ans<strong>ch</strong>lusskommunikation<br />
kann Eindrücke relativieren<br />
o<strong>der</strong> bestätigen, genau dort, wo Pr<strong>im</strong>ärerfahrungen<br />
fehlen o<strong>der</strong> nur spärli<strong>ch</strong> vorhanden sind. In gewisser<br />
Weise handelt es si<strong>ch</strong> bei Pornographie um eine Reduktion<br />
von Komplexität: das mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Leben<br />
wird auf Sexualität reduziert, Beziehungskontexte<br />
werden sekundär und es wird eine ständige Verfügbarkeit<br />
und Bereits<strong>ch</strong>aft suggeriert. Die Rollen von<br />
Mann und Frau werden <strong>im</strong> Zusammenhang mit Pornographie<br />
sehr stereotyp dargestellt und von unerfahrenen<br />
Jugendli<strong>ch</strong>en als Spiegelung <strong>der</strong> Realität<br />
empfunden. Dieser Verglei<strong>ch</strong> kann <strong>der</strong> Realität kaum<br />
standhalten und genau aus diesem Grund sind Gesprä<strong>ch</strong>e<br />
unerlässli<strong>ch</strong>.<br />
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