[PDF] Jugendsexualität im Wandel der Zeit (2009) - Jugendarbeit.ch
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ihnen anbietet, damit sie si<strong>ch</strong> als Teil <strong>der</strong> s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en<br />
Gesells<strong>ch</strong>aft fühlen können.<br />
Die Auseinan<strong>der</strong>setzung zwis<strong>ch</strong>en <strong>der</strong> Zugehörigkeit<br />
zu den Gemeins<strong>ch</strong>aften und zur Gesells<strong>ch</strong>aft verlangt<br />
von den jungen Frauen und Männer eine hohe Flexibilität<br />
und Anpassungsfähigkeit bei <strong>der</strong> Bildung ihrer<br />
sexuellen Identität.<br />
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Es gibt in <strong>der</strong> S<strong>ch</strong>weiz wenig Fors<strong>ch</strong>ung über Sexualität<br />
<strong>im</strong> Migrationskontext, die über die Bedürfnisse,<br />
Ängste und For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Jugendli<strong>ch</strong>en mit<br />
Migrationshintergrund beri<strong>ch</strong>tet und Informationen<br />
über das Spannungsfeld <strong>im</strong> Berei<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Sexualität <strong>im</strong><br />
Migrationskontext vermitteln.<br />
Vorhanden sind Fakten und Fälle aus <strong>der</strong> Beratungsarbeit<br />
von Fa<strong>ch</strong>stellen, die ni<strong>ch</strong>t unbedingt <strong>der</strong><br />
«normalen Situation» von Jugendli<strong>ch</strong>en entspre<strong>ch</strong>en<br />
– weil es Fälle sind, die in einer best<strong>im</strong>mten Krisensituation<br />
erfasst werden.<br />
In den Aussagen von Jugendli<strong>ch</strong>en, die in Porträts<br />
und Interviews, in <strong>Zeit</strong>s<strong>ch</strong>riften und Websites<br />
von Fa<strong>ch</strong>stellen, Projekten 7 und bei <strong>der</strong> Dur<strong>ch</strong>führung<br />
<strong>der</strong> Präventionskurse von sexueller Gewalt des<br />
Projektes LUNA 8 erfasst wurden, zei<strong>ch</strong>nen si<strong>ch</strong> folgende<br />
Spannungsfel<strong>der</strong> ab:<br />
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Informationen über Frauen aus an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n<br />
sind stark von stereotypisierten und postkolonialistis<strong>ch</strong>en<br />
Bil<strong>der</strong>n geprägt. Die Wahrnehmung <strong>der</strong> jungen<br />
Frauen aus aussereuropäis<strong>ch</strong>en Län<strong>der</strong>n wird bezügli<strong>ch</strong><br />
ihrer Sexualität auf eine Dualität reduziert:<br />
Sie sind verfügbar, wie sie in Tourismusprospekten<br />
aus karibis<strong>ch</strong>en o<strong>der</strong> asiatis<strong>ch</strong>en Län<strong>der</strong> dargestellt<br />
werden – o<strong>der</strong> sie sind ni<strong>ch</strong>t frei, ihre Sexualität zu<br />
erleben, wie über Frauen aus Län<strong>der</strong>n mit rigiden religiösen<br />
Werten beri<strong>ch</strong>tet wird. Diese Dualität bei <strong>der</strong><br />
Wahrnehmung <strong>der</strong> Sexualität ausländis<strong>ch</strong>er Frauen<br />
wird auf die jungen Frauen mit Migrationshintergrund<br />
übertragen.<br />
Die Fremdzus<strong>ch</strong>reibung <strong>der</strong> Sexualität <strong>der</strong> Jugendli<strong>ch</strong>en<br />
mit Migrationshintergrund festigt diese<br />
Stereotypen als Referenzen, auf die si<strong>ch</strong> die Jugend-<br />
7 Beispiele finden wir in <strong>der</strong> Website von L<strong>im</strong>ita, Lust&Frust, L<strong>im</strong>its,<br />
Beratungsstellen für Familienplanung, S<strong>ch</strong>wangers<strong>ch</strong>aft und Sexualität<br />
und Dur<strong>ch</strong>blick.<br />
8 LUNA, Präventionsprojekt von sexueller Gewalt <strong>im</strong> Migrationskontext<br />
2004–2007, Beratungsstelle Nottelefon Züri<strong>ch</strong>. Im Rahmen des<br />
li<strong>ch</strong>en bei <strong>der</strong> Bildung ihrer sexuellen Identität beziehen.<br />
Die medialen Repräsentationen von Sexualität –<br />
in denen S<strong>ch</strong>önheit und Verfügbarkeit zentrale Rollen<br />
übernehmen – engen den Spielraum <strong>der</strong> jungen<br />
Frauen und Männer ein, ihre eigenen Erfahrungen<br />
zu ma<strong>ch</strong>en. Diese Repräsentationen standardisieren<br />
das sexuelle Verhalten und beeinflussen die Vorstellung<br />
von sexuellen Erlebnissen.<br />
Deshalb ist es kein Zufall, dass Jugendli<strong>ch</strong>e mit<br />
Migrationshintergrund mit stereotypisierten Aussagen<br />
und Erwartungen bezügli<strong>ch</strong> ihrer «ausländis<strong>ch</strong>en<br />
Sexualität» konfrontiert werden. Oft passiert, dass<br />
diese Fremdzus<strong>ch</strong>reibung ihrer Sexualität ni<strong>ch</strong>t nur<br />
von Fremden (Lehrpersonen, Berufsbildnerinnen,<br />
Sozialarbeitenden und Unbekannten) festgelegt wird,<br />
son<strong>der</strong>n au<strong>ch</strong> von ihren S<strong>ch</strong>ulkolleginnen und -kollegen,<br />
die sie seit ihrer Kindheit kennen und die ihr<br />
Verhalten und ihre Gewohnheiten gut kennen – aber<br />
bei <strong>der</strong> Sexualität auf das stereotypisierte Bild <strong>der</strong><br />
Auslän<strong>der</strong>in und des Auslän<strong>der</strong>s zurückkommen. Es<br />
kann eine s<strong>ch</strong>were Belastung für Jugendli<strong>ch</strong>e sein,<br />
wenn sie aufgrund ihrer physiognomis<strong>ch</strong>en Eigens<strong>ch</strong>aften<br />
einer ethnis<strong>ch</strong>en Gruppe zuges<strong>ch</strong>rieben und<br />
als an<strong>der</strong>s betra<strong>ch</strong>tet werden.<br />
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Jugendli<strong>ch</strong>e mit Migrationshintergrund werden oft<br />
als Vertreterinnen und Vertreter ihres Herkunftslandes<br />
o<strong>der</strong> des Landes ihrer Eltern wahrgenommen<br />
und ni<strong>ch</strong>t als individuelle Personen, die hier sozialisiert<br />
sind. Die Wahrnehmung ihrer Sexualität basiert<br />
auf <strong>der</strong> Annahme, dass sie aus traditionellen Familien<br />
stammen.<br />
Die Problematik existiert na<strong>ch</strong> Ursula Boos-Nünning<br />
au<strong>ch</strong> in Deuts<strong>ch</strong>land, in dem junge Migrantinnen<br />
oft traditionalistis<strong>ch</strong>er als die jungen Deuts<strong>ch</strong>en bes<strong>ch</strong>rieben<br />
werden. «Je na<strong>ch</strong> dem Instrument, mit<br />
dessen Hilfe die Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terrolleneinstellung gemessen<br />
wird, ergibt si<strong>ch</strong> ein deutli<strong>ch</strong> traditionalistis<strong>ch</strong>eres<br />
Bild <strong>der</strong> jungen Türkinnen und Türken <strong>im</strong><br />
Verglei<strong>ch</strong> zu Personen an<strong>der</strong>er Nationalität. Sehr<br />
s<strong>ch</strong>nell wird dieses Ergebnis mit <strong>der</strong> Zugehörigkeit<br />
zur musl<strong>im</strong>is<strong>ch</strong>en Religion in Verbindung gebra<strong>ch</strong>t<br />
Projektes wurde das Lehrmittel «Mit mir ni<strong>ch</strong>t. Mit dir ni<strong>ch</strong>t. Jugendli<strong>ch</strong>e<br />
und sexuelle Gewalt» konzipiert. Zur <strong>Zeit</strong> läuft LUNA II unter<br />
<strong>der</strong> Trägers<strong>ch</strong>aft von PLANeS, www.plan-s.<strong>ch</strong><br />
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