[PDF] Jugendsexualität im Wandel der Zeit (2009) - Jugendarbeit.ch
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Au<strong>ch</strong> weitere Gruppen von Jugendli<strong>ch</strong>en verdienen<br />
beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit. Bei Kin<strong>der</strong>n und Jugendli<strong>ch</strong>en,<br />
die Opfer von Gewalt und sexuellem<br />
Missbrau<strong>ch</strong> werden, besteht – wie alle Studien zeigen<br />
– ein erhöhtes Risiko, dass ihre mentale und<br />
sexuelle Gesundheit in irgendeiner Form S<strong>ch</strong>aden<br />
n<strong>im</strong>mt. In <strong>der</strong> S<strong>ch</strong>weiz wurden diesbezügli<strong>ch</strong> mit<br />
<strong>der</strong> Einführung des Opferhilfegesetzes und spezifis<strong>ch</strong>en<br />
Opferprogrammen (man<strong>ch</strong>mal in Form von<br />
Selbsthilfe- o<strong>der</strong> Therapiegruppen) ziemli<strong>ch</strong> grosse<br />
Forts<strong>ch</strong>ritte erzielt. Allerdings werden no<strong>ch</strong> zu viele<br />
Fälle gar ni<strong>ch</strong>t bekannt, weil das Umfeld ni<strong>ch</strong>t auf<br />
Alarmsignale wie abrupter Abfall <strong>der</strong> s<strong>ch</strong>ulis<strong>ch</strong>en Leistung,<br />
plötzli<strong>ch</strong>e Abkapselung o<strong>der</strong> unbest<strong>im</strong>mbare<br />
körperli<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>merzen reagiert. Wie wir gesehen<br />
haben, sind sozial s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t integrierte Jugendli<strong>ch</strong>e<br />
ohne berufli<strong>ch</strong>e Perspektiven eine weitere Gruppe,<br />
für die spezifis<strong>ch</strong>e und neuartige Strategien zu erarbeiten<br />
sind.<br />
S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> gehören au<strong>ch</strong> homosexuelle Jugendli<strong>ch</strong>e<br />
zu den anfälligen Gruppen. Wie weiter oben<br />
dargelegt, erfor<strong>der</strong>t <strong>der</strong> oft he<strong>im</strong>li<strong>ch</strong>e Beginn ihres<br />
aktiven Sexuallebens spezifis<strong>ch</strong>e Massnahmen hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong><br />
<strong>der</strong> psy<strong>ch</strong>ologis<strong>ch</strong>en Betreuung und <strong>der</strong><br />
Information zu den Risiken best<strong>im</strong>mter Vorgehensweisen<br />
wie etwa die Partnersu<strong>ch</strong>e <strong>im</strong> Internet o<strong>der</strong><br />
an Orten, die nur von Homosexuellen aufgesu<strong>ch</strong>t<br />
werden.<br />
Die S<strong>ch</strong>weiz bewies eine bemerkenswerte Kreativität,<br />
um auf all diese Probleme einzugehen. Je na<strong>ch</strong> Region<br />
wurden Aktionen in unmittelbarer Nähe <strong>der</strong><br />
Orte lanciert, die von anfälligen Jugendli<strong>ch</strong>en aufgesu<strong>ch</strong>t<br />
werden: Stop-Aids-Bus, Peer-Arbeit, Einbezug<br />
des Theaters, Mentoring («grosse Brü<strong>der</strong>»),<br />
Aktionen von Strassenerziehern, Aufs<strong>ch</strong>altung von<br />
spezifis<strong>ch</strong>en Websites, Helplines usw. Allerdings sind<br />
sol<strong>ch</strong>e Aktionen – ni<strong>ch</strong>t zuletzt wegen <strong>der</strong> strikt aufgeteilten<br />
Finanzierung – zu oft auf eine best<strong>im</strong>mte<br />
Problematik wie Aids o<strong>der</strong> ungeplante S<strong>ch</strong>wangers<strong>ch</strong>aften<br />
ausgeri<strong>ch</strong>tet. Stattdessen müsste das Tätigkeitsfeld<br />
dieser Initiativen alle Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />
einbeziehen, vor denen diese Jugendli<strong>ch</strong>en stehen:<br />
Ernährungsprobleme, Familienkonflikte, Konsum<br />
von best<strong>im</strong>mten Produkten, ausgeübte und erlittene<br />
Gewalt, s<strong>ch</strong>ulis<strong>ch</strong>er und berufli<strong>ch</strong>er Misserfolg.<br />
Wäre es unter diesem Blickwinkel ni<strong>ch</strong>t sinnvoller,<br />
ents<strong>ch</strong>iedener gegen die Ursa<strong>ch</strong>en von unangemessenen<br />
Verhaltensweisen – spri<strong>ch</strong> fehlende Berufs-<br />
und Lebensperspektiven – vorzugehen, statt<br />
übermässig «gezielte» Programme voranzutreiben?<br />
Globale Programme wie Supra-F (37) (unterstützt<br />
vom Bundesamt für Gesundheit) bieten einen multisektoriellen<br />
Ansatz zur besseren Einglie<strong>der</strong>ung von<br />
bena<strong>ch</strong>teilig ten Jugendli<strong>ch</strong>en. Das soll nun ni<strong>ch</strong>t heissen,<br />
dass auss<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> ein Ansatz auf Kosten des<br />
an<strong>der</strong>en voranzutreiben ist, aber es ist wi<strong>ch</strong>tig, in<br />
Zukunft die Präventionsmassnahmen für best<strong>im</strong>mte<br />
anfällige Gruppen von Jugendli<strong>ch</strong>en unter einem<br />
globalen und positiven Blickwinkel besser zu koordinieren.<br />
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Die Weltgesundheitsorganisation entwickelte in den<br />
letzten Jahren in Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> UNICEF<br />
und dem UNFPA ein auf Jugendli<strong>ch</strong>e zuges<strong>ch</strong>nittenes<br />
Gesundheitsversorgungskonzept («adolescent<br />
friendly health services») (38). Gemäss diesem Konzept<br />
müssen Fa<strong>ch</strong>stellen, die Jugendli<strong>ch</strong>e betreuen,<br />
vers<strong>ch</strong>iedene Kriterien erfüllen: Neben <strong>der</strong> Zugängli<strong>ch</strong>keit<br />
und dem Respekt <strong>der</strong> Vertrauli<strong>ch</strong>keit sei die<br />
Fähigkeit <strong>der</strong> Mitarbeitenden genannt, mit einem<br />
globalen, interdisziplinären und entwicklungsför<strong>der</strong>nden<br />
Ansatz, <strong>der</strong> das Gefühls- und Sexualleben<br />
einbezieht, auf die Gesundheitsbedürfnisse <strong>der</strong> Ratsu<strong>ch</strong>enden<br />
einzugehen. Theoretis<strong>ch</strong> sollten sowohl<br />
s<strong>ch</strong>ulmedizinis<strong>ch</strong>e Einri<strong>ch</strong>tungen als au<strong>ch</strong> Arztpraxen<br />
in diese Gesundheitsversorgungs- und Präventionstätigkeit<br />
eingebunden werden.<br />
Immer mehr S<strong>ch</strong>ulen in <strong>der</strong> S<strong>ch</strong>weiz und <strong>im</strong> Ausland<br />
verfügen über Gesundheitspersonal, das in Teil- o<strong>der</strong><br />
Vollzeit anwesend ist. Im Laufe <strong>der</strong> Jahre hat si<strong>ch</strong><br />
das Tätigkeitsprofil dieser Berufsleute verän<strong>der</strong>t: Neben<br />
den Impfungen, die aktueller denn je sind, umfasst<br />
die Arbeit <strong>der</strong> S<strong>ch</strong>uls<strong>ch</strong>western <strong>im</strong>mer stärker<br />
au<strong>ch</strong> psy<strong>ch</strong>osoziale Beratung und Gesundheitsför<strong>der</strong>ung.<br />
Au<strong>ch</strong> wenn wir ni<strong>ch</strong>t über Arbeiten verfügen,<br />
die si<strong>ch</strong> spezifis<strong>ch</strong> mit diesem Thema befassen, kann<br />
man si<strong>ch</strong> fragen, ob das Gesundheitspersonal einer<br />
S<strong>ch</strong>ule gut auf sol<strong>ch</strong>e Aufgaben <strong>im</strong> Berei<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Sexualität<br />
vorbereitet ist. Es ist ni<strong>ch</strong>t si<strong>ch</strong>er, dass Jugendli<strong>ch</strong>e<br />
(vor allem Knaben) sol<strong>ch</strong>e Personen als kompetent<br />
auf diesem Gebiet era<strong>ch</strong>ten.<br />
Diese Frage stellt si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> bezügli<strong>ch</strong> <strong>der</strong> ersten<br />
Anlaufstellen für eine ambulante Behandlung. Viele<br />
praktizierende Ärzte fühlen si<strong>ch</strong> ungenügend ausgebildet<br />
und ausgerüstet, um si<strong>ch</strong> mit <strong>der</strong> nötigen Gelassenheit<br />
mit dem Sexualleben ihrer jugendli<strong>ch</strong>en<br />
Patientinnen und Patienten zu befassen. Gewisse<br />
amerikanis<strong>ch</strong>e Autoren empfehlen, den HIV-Test<br />
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