[PDF] Jugendsexualität im Wandel der Zeit (2009) - Jugendarbeit.ch
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hat? Das ist alles an<strong>der</strong>e als erwiesen. In ärztli<strong>ch</strong>en<br />
Spre<strong>ch</strong>stunden zeigen si<strong>ch</strong> die meisten Jugendli<strong>ch</strong>en<br />
und gerade die Knaben ziemli<strong>ch</strong> zurückhaltend o<strong>der</strong><br />
sogar s<strong>ch</strong>ü<strong>ch</strong>tern. Sie a<strong>ch</strong>ten auf die emotionalen<br />
und affektiven Aspekte ihrer Beziehungen und sind<br />
dafür empfängli<strong>ch</strong>. Es gibt daher wohl eine gewisse<br />
Diskrepanz zwis<strong>ch</strong>en öffentli<strong>ch</strong>en Debatten, die sowohl<br />
von Jugendli<strong>ch</strong>en als au<strong>ch</strong> von Erwa<strong>ch</strong>senen<br />
angeheizt werden, und privaten Gesprä<strong>ch</strong>en mit einzelnen<br />
Jugendli<strong>ch</strong>en zu den Risiken bei <strong>der</strong> Entdeckung<br />
<strong>der</strong> Sexualität.<br />
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Einige Präventivmassnahmen zielen auf spezifis<strong>ch</strong>e<br />
Aspekte <strong>der</strong> Sexualität von Jugendli<strong>ch</strong>en ab: Das gilt<br />
zum Beispiel für die kürzli<strong>ch</strong>e Einführung des Impfstoffes<br />
gegen das Papillomavirus (HPV), die als Erfolg<br />
<strong>im</strong> Kampf gegen den Gebärmutterhalskrebs gewertet<br />
werden kann. Man kann si<strong>ch</strong> jedo<strong>ch</strong> fragen, ob in<br />
s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t informierten Kreisen einige Jugendli<strong>ch</strong>e, sogar<br />
au<strong>ch</strong> männli<strong>ch</strong>e, das Gefühl haben könnten, sie<br />
seien dur<strong>ch</strong> den Impfstoff au<strong>ch</strong> gegen an<strong>der</strong>e Risiken<br />
wie zum Beispiel Aids o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e sexuell übertragbare<br />
Krankheiten <strong>im</strong>mun. Wie ist auf das Aufkommen<br />
neuer Te<strong>ch</strong>nologien zu reagieren? Es ist wohl<br />
völlig illusoris<strong>ch</strong>, das Internet und dessen Inhalt kontrollieren<br />
zu wollen. Es geht vielmehr darum, den<br />
Jugendli<strong>ch</strong>en Mittel in die Hand zu geben, um mit<br />
dem Internet vernünftig umzugehen. Die Jugendli<strong>ch</strong>en<br />
sollen die Fähigkeit erwerben, Informationen<br />
zum Thema Gesundheit kritis<strong>ch</strong> zu beurteilen – die<br />
Englis<strong>ch</strong>spra<strong>ch</strong>igen nennen das «health literacy» (33,<br />
34). Ein weiterer spezifis<strong>ch</strong>er Ansatz beinhaltet die<br />
Umsetzung von Programmen, die auf potenziell gefährli<strong>ch</strong>e<br />
Situationen ausgeri<strong>ch</strong>tet sind, so zum Beispiel<br />
Bekämpfung des Raus<strong>ch</strong>trinkens am Wo<strong>ch</strong>enende<br />
o<strong>der</strong> Präsenz und Stände an Veranstaltungen,<br />
die viele Jugendli<strong>ch</strong>e anlocken (Festival, Sportanlässe<br />
usw.).<br />
Affektiv-sexuelle Erziehung:<br />
Prävention und För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> sexuellen Gesundheit<br />
Eine <strong>der</strong> grössten Herausfor<strong>der</strong>ungen für die Prävention<br />
liegt darin, dass Ansätze, die auf reiner Information<br />
beruhen, den Erwerb von angemessenen Verhaltensweisen<br />
wie Respekt gegenüber an<strong>der</strong>en o<strong>der</strong><br />
verantwortungsvolle Wahl eines Verhütungsmittels<br />
ni<strong>ch</strong>t herbeizuführen vermögen. Rollenspiele und<br />
<strong>der</strong> Einbezug <strong>der</strong> affektiven und emotionalen Aspekte<br />
<strong>der</strong> Sexualität in einen partizipativen Ansatz<br />
sind für den Erfolg sol<strong>ch</strong>er Massnahmen unerlässli<strong>ch</strong>.<br />
Glückli<strong>ch</strong>erweise verfügt man heute über viele Studien,<br />
wel<strong>ch</strong>e die Wirkung von Präventions-und För<strong>der</strong>ungsmassnahmen<br />
dieser Art belegen (35). Diese<br />
Ergebnisse s<strong>ch</strong>einen umso mehr Gültigkeit zu haben,<br />
da sie in vers<strong>ch</strong>iedensten geografis<strong>ch</strong>en und kulturellen<br />
Kontexten glei<strong>ch</strong> ausgefallen sind.<br />
Die affektiv-sexuelle Erziehung in <strong>der</strong> S<strong>ch</strong>ule<br />
bleibt somit sinnvoll (5, 36). Jedes Jahr kommt eine<br />
neue Generation von Jugendli<strong>ch</strong>en auf den «Markt».<br />
Ein grosser Teil davon profitiert in <strong>der</strong> S<strong>ch</strong>weiz und<br />
vor allem in <strong>der</strong> Wests<strong>ch</strong>weiz von Sitzungen mit ausgebildeten,<br />
neutralen Erwa<strong>ch</strong>senen, die eine Austaus<strong>ch</strong>-<br />
und Reflexionsplattform zum Thema Sexualität<br />
bieten (5). Sol<strong>ch</strong>e Begegnungen müssen über<br />
einfa<strong>ch</strong>e Informationen zur Anatomie und Physiologie<br />
hinausgehen. Damit die Jugendli<strong>ch</strong>en gegen<br />
die Welle von s<strong>ch</strong>onungslosen Bil<strong>der</strong>n und Äusserungen,<br />
von <strong>der</strong> sie überflutet werden, gewappnet<br />
sind, muss man ihnen unbedingt die Mögli<strong>ch</strong>keit geben,<br />
über ihre Erfahrungen zu reden. So können sie<br />
Abstand gewinnen und si<strong>ch</strong> ihrer eigenen Entwicklung,<br />
Wüns<strong>ch</strong>e und S<strong>ch</strong>wierigkeiten sowie <strong>der</strong> Werte<br />
bewusst werden, die ihre persönli<strong>ch</strong>e affektiv-sexuelle<br />
Entfaltung begünstigen.<br />
S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> könnte man si<strong>ch</strong> fragen, ob die Prävention<br />
ni<strong>ch</strong>t über sexualitätsspezifis<strong>ch</strong>e Massnahmen<br />
hinausgehen und auf an<strong>der</strong>e verwandte Berei<strong>ch</strong>e<br />
ausgedehnt werden sollte: Wie errei<strong>ch</strong>t man,<br />
dass Jugendli<strong>ch</strong>e dem von <strong>der</strong> visuellen Presse betriebenen<br />
Körperkult kritis<strong>ch</strong>er gegenüberstehen? Wie<br />
kann man Jugendli<strong>ch</strong>e für die Bedeutung <strong>der</strong> Ar<strong>ch</strong>etypen<br />
<strong>im</strong> Berei<strong>ch</strong> des affektiven Verhaltens sensibilisieren?<br />
Wie kann man sie dazu anregen, si<strong>ch</strong> Gedanken<br />
zu den für<strong>ch</strong>terli<strong>ch</strong> normativen Aspekten des<br />
Sexuallebens zu ma<strong>ch</strong>en, wie es <strong>im</strong> Kino und in den<br />
Medien präsentiert wird?<br />
Prävention bei anfälligen Jugendli<strong>ch</strong>en<br />
Wie wir gesehen haben, verfügen ni<strong>ch</strong>t alle Jugendli<strong>ch</strong>en<br />
über die glei<strong>ch</strong>en Voraussetzungen, um die Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> affektiv-sexuellen Entwicklung<br />
zu meistern. Deshalb sind Programme zu entwickeln,<br />
die spezifis<strong>ch</strong> auf best<strong>im</strong>mte Gruppen von Jugendli<strong>ch</strong>en<br />
ausgeri<strong>ch</strong>tet sind. Jugendli<strong>ch</strong>e Migrantinnen<br />
und Migranten <strong>der</strong> ersten und au<strong>ch</strong> <strong>der</strong> zweiten Generation<br />
sind ein Beispiel dafür. Es ist wi<strong>ch</strong>tig, ihre<br />
Integration und die Aneignung von Werten unserer<br />
Gesells<strong>ch</strong>aft zu för<strong>der</strong>n, dabei aber ihre kulturellen<br />
und religiösen Wurzeln zu respektieren und sie vor<br />
allem ni<strong>ch</strong>t als «Risikogruppen» zu brandmarken.<br />
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