Spektralatlas für Astroamateure - UrsusMajor
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<strong>Spektralatlas</strong> <strong>für</strong> <strong>Astroamateure</strong> 122<br />
26 Molekulare Absorptionsbanden der Erdatmosphäre<br />
Tafel 95: Übersicht der prominentesten, molekularen Absorptionen der Erdatmosphäre<br />
Schwerpunktmässig zwischen ca. λλ 6200 – 7700 wimmelt es buchstäblich von erdatmosphärisch<br />
bedingten, molekularen H2O- und O2 Absorptionsbanden. Vereinzelt treten in diskreter<br />
Form Linien „tellurischer“ Herkunft noch jenseits von ca. λ 5700 auf und täuschen<br />
das Vorhandensein stellarer Absorptionen vor. Der Begriff „tellurisch“ bedeutet: die Erde<br />
betreffend, von ihr stammend (lateinisch tellus = Erde). Auf der Tafel ist der Ausschnitt von<br />
λλ 6800 – 7800 des Sonnenspektrums dargestellt (900L Gitter). Hier erscheinen diese Absorptionen<br />
so prominent, dass ihnen Fraunhofer die Linienbezeichnungen A und B zugeteilt<br />
hat. Er konnte damals noch nicht wissen, dass diese Linien nicht von der Sonne stammen,<br />
sondern erst in der Erdatmosphäre entstehen.<br />
Für den Astronomen sind sie nur hinderlich, es sei denn, er braucht z.B. feine Wasserdampflinien<br />
bekannter Wellenlänge zur Eichung der Spektren. Diese „Kalibriermarken“<br />
werden durch komplexe molekulare Vibrationsvorgänge, als unübersichtlicher und sehr<br />
breit verstreuter Schwarm erzeugt.<br />
Der Atmosphärenphysiker kann aus den H2O Absorptionen Feuchtigkeitsprofile in der Troposphäre<br />
ableiten. Die O2 Bänder (Fraunhofer A und B) erlauben ihm Rückschlüsse auf die<br />
Schichttemperaturen, in welchen diese Linien entstehen [180].<br />
Für den „Durchschnittsamateur“ ist lediglich die Erkenntnis wichtig, dass in diesem Bereich<br />
bei der Linienidentifikation grösste Vorsicht angebracht ist. Zweifelsfrei ragt da meist lediglich<br />
noch die Hα Linie über diesen tellurisch bedingten „Dschungel“ von Absorptionslinien<br />
und -bändern hinaus. Dies gilt in besonderem Masse <strong>für</strong> die frühen Spektralklassen, deren<br />
Kontinuumsmaximum im Ultravioletten liegt. Eine Ausnahme bilden hier aber „stellare Exoten“<br />
wie z.B. die Be- Sterne (Kap. 11) und solche, welche infolge Massenverlustes starke<br />
P Cygni Profile zeigen (Tafel 13). In diesen Fällen kann meistens noch die Helium Linie He l<br />
bei λ 6678 sicher identifiziert werden. Deren Form, sowie Halbwerts- und Äquivalentbreite,<br />
ist <strong>für</strong> die Untersuchung solcher Sterne von entscheidender Bedeutung [30].<br />
Sterne später K- und aller M-Klassen, sowie diejenigen der AGB Sequenz, strahlen vorwiegend<br />
im Infrarot Bereich. Deshalb können hier vor allem intensive Titanoxid Absorptionsbänder<br />
(TiO) diese tellurischen „Störsignale“ entscheidend überprägen (siehe entsprechende<br />
Spektraltafeln). Die Reflexionsspektren der grossen Gasplaneten zeigen vorwiegend in<br />
diesem Bereich die eindrücklichen Absorptionslücken im Kontinuumsverlauf.<br />
Diese Bänder und Linien lassen sich unter relativ grossem Aufwand bis zu einem gewissen<br />
Grad reduzieren, indem z.B. ein synthetisch erzeugtes Standardprofil der tellurischen Linien<br />
vom Spektrum subtrahiert wird (siehe z.B. Vspec Manual). Weiter kann noch der Profilvergleich<br />
mit Standardsternen beigezogen werden. Erschwerend ist jedoch, dass Intensität<br />
und Profilverlauf tageszeitlichen und wetterbedingten Einflüssen unterliegt und vom Elevationswinkel<br />
des Objektes über dem Horizont abhängt. Für weiterführende Informationen<br />
verweise ich z.B. auf [180] [181].