Spektralatlas für Astroamateure - UrsusMajor
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<strong>Spektralatlas</strong> <strong>für</strong> <strong>Astroamateure</strong> 15<br />
5 Übersicht und Merkmale stellarer Spektralklassen<br />
5.1 Die Temperatursequenz<br />
Die grobe, eindimensionale Bestimmung der Spektralklassen O, B, A, F, G, K, M, ist einfach<br />
und bereits <strong>für</strong> leicht fortgeschrittene Amateure möglich. Diese Buchstabensequenz, welche<br />
noch in dezimale Subklassen unterteilt wird, folgt direkt der abnehmenden Oberflächentemperatur<br />
der klassierten Sterne, beginnend von den sehr heissen O- Typen mit mehreren<br />
10‘000 K bis zur kühlen M- Kategorie mit ca. 2‘400 – 3‘500 K. Die Sonne ist mit ca.<br />
5‘800 K als G2 klassiert.<br />
Spektrale Unterscheidungskriterien sind markante Merkmale wie Linien in Absorption oder<br />
Emission, welche bei bestimmten Klassen prominent auftreten und bei anderen ganz fehlen.<br />
Die folgende Darstellung zeigt überlagerte Beispielspektren der gesamten Klassensequenz<br />
von O – M. Hier sind die Originalprofile der Sterne zu sehen (200L Gitter), welche zur<br />
Vorstellung der einzelnen Spektralklassen verwendet wurden. So ermöglicht diese Auflösung<br />
bereits die Identifikation der intensivsten und daher auch meistdokumentierten Spektrallinien.<br />
Weiter kann auch grob der Einflussbereich einiger Elemente resp. Ionen und Moleküle<br />
auf die verschiedenen Spektralklassen abgeschätzt werden.<br />
Tafel 01 zeigt diese Überlagerung mit den synthetisch gewonnen Spektralstreifen, Tafel 02<br />
dasselbe mit Intensitätsprofilen, welche alle auf denselben Abschnitt normiert worden sind.<br />
Was hier deutlich auffällt:<br />
– im oberen Drittel der Tafel (B2–A5) die starken Linien der H- Balmerserie, d.h. Hα, Hβ,<br />
Hγ etc. Am stärksten treten sie beim Typ A2 in Erscheinung. Von dort aus werden sie gegen<br />
oben und unten zunehmend schwächer.<br />
– im unteren Viertel der Tafel (K5–M5) die auffälligen, molekularen Bandenspektren,<br />
hauptsächlich infolge des Titanoxids (TiO).<br />
– knapp unterhalb der Hälfte relativ „fade“ erscheinende Spektren (F5–K0), allerdings gespickt<br />
mit zahlreichen feinen Metallinien. Markant sind hier aber die Na I Doppellinie<br />
(Fraunhofer D1,2) und im Blaubereich die gegen unten eindrücklich kräftiger werdenden<br />
Fraunhofer Ca II Linien (K+H). Letztere, bei λ 3968, verdrängt ab ca. der F-Klasse die<br />
schwächer werdende Hε Wasserstofflinie bei λ 3970. Zudem ist die H- Balmerserie gegen<br />
unten immer schwächer ausgeprägt.<br />
– Zuoberst ist noch die extrem heisse O-Klasse mit sehr wenigen, feinen Linien, meist ionisiertes<br />
Helium (He II) sowie ein- bis mehrfach ionisierte Metalle. Die H- Balmerserie ist<br />
hier, infolge der extremen Temperaturen, nur schwach ausgeprägt. Die erdatmosphärisch<br />
bedingten H2O und O2 Absorptionsbänder sind in dieser Klasse am kräftigsten ausgebildet,<br />
da der Strahlungsschwerpunkt im Ultravioletten liegt und diese Linien im nahen<br />
Infrarot nur marginal überprägt werden. Im Gegensatz dazu liegt bei den kühlen (späten)<br />
Spektralklassen die maximale Strahlungsintensität im Infraroten, weshalb sich hier die<br />
stellaren, molekularen Titanoxidbänder gegenüber den tellurischen durchsetzen können.<br />
– Die Doppellinie des neutralen Natriums Na I (Fraunhofer D1,2) ist in den Spektren der<br />
heissen Sterne (ca. Klassen A – O) zwingend interstellaren Ursprungs. Neutrales Natrium<br />
hat eine sehr niedrige Ionisationsenergie von nur 5.1 eV (siehe Tabelle Kap. 30) und<br />
kann deshalb nur in den Atmosphären relativ kühler Sterne bestehen. Die Wellenlängen<br />
des ionisierten Na II liegen bereits im Ultraviolett Bereich und sind daher <strong>für</strong> Amateurausrüstungen<br />
unsichtbar.