Spektralatlas für Astroamateure - UrsusMajor
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<strong>Spektralatlas</strong> <strong>für</strong> <strong>Astroamateure</strong> 87<br />
21.3 „Intrinsische“ und „extrinsische“ („symbiotische“) S-Sterne<br />
Gemäss [2] kann diese Systematik nicht die Gesamtheit aller S -Klasse- und Kohlenstoffsterne<br />
erklären. So zeigen viele nicht oder nur gering variable S-Sterne, welche zudem oft<br />
ausserhalb des AGB stehen, kein instabiles, kurzlebiges 99 Tc Isotop (Technetium) im Spektrum<br />
– daher englisch „Tc - poor“ genannt. Dies betrifft immerhin ca. 40% aller registrierter<br />
MS und S Typen [160]. Eine aktuelle, noch debattierte Theorie, postuliert bei diesen Typen<br />
einen Massetransfer, der das ZrO von einem nahen Begleitstern in die Sternatmosphäre<br />
bringen soll. Sie werden daher auch als „extrinsic“ oder „symbiotic“ bezeichnet. Paradebeispiel<br />
ist der relativ helle und nur leicht variable (V ≈ 5.2 m ) BD Camelopardalis (Tafel 66a).<br />
Tatsächlich sind solche Objekte relativ heiss und bilden Komponenten von engen Doppelsternsystemen.<br />
Diese Eigenschaften, sowie eine geringe Variabilität und das Fehlen von<br />
99 Tc im Spektrum, bilden gegenwärtig die wesentlichen Erkennungsmerkmale eines<br />
„extrinsischen“ S-Klasse Sterns. In der Spektralklassierung wird diese Unterscheidung<br />
manchmal mit dem Zusatz „symbiotic“ oder „extrinsic“ angegeben. Im Gegensatz dazu zeigt<br />
die AGB Variante der S-Klasse thermische Pulse, ist meist stark variabel und wird englisch<br />
als „Tc - rich“ oder „Intrinsic“ bezeichnet, d.h. die <strong>für</strong> die S-Klassierung verantwortlichen<br />
Elemente/Moleküle werden vom Stern selbst erzeugt.<br />
21.4 Hinweise zur Beobachtung von S-Sternen<br />
Auf dem AGB erfüllt eine Sternatmosphäre die Bedingung ⁄ ≈ 1nur<br />
während einer kurzen<br />
Phase. S-klassierte Sterne sind daher sehr selten. Für unsere Galaxis sind nur ca. 1300<br />
registriert [160]. In der Amateurliteratur wird als Paradeobjekt oft Chi Cygni vorgeschlagen,<br />
dessen Helligkeit im Maximum bis 3.3 m erreichen kann. Leider hat dieser, wie auch alle anderen,<br />
hellen S-Sterne, einen sehr tiefen C/O Index. Entsprechend gross ist bei Anfängern<br />
die Enttäuschung, wenn in niedrig aufgelösten Spektren, wenn überhaupt, nur schwache<br />
Anzeichen von Zirkonium gesehen werden können. Es gibt aber einige Vertreter mit hohem<br />
C/O Index, deren Helligkeit im Maximum bis ca. 7 m erreicht. In diesem Stadium werden sie<br />
<strong>für</strong> Spaltspektrografen an nachgeführten Teleskopen mittlerer Öffnung erreichbar. Dazu<br />
gehören R Cygni HD185456 und R Geminorum HD 53791. Weiter auch R Lyncis HD<br />
51610, U Cassiopeiae HD 4350, S Ursae Maioris HD 110813 und V Cancri 70276. Für die<br />
meisten variablen S-Sterne kann die aktuelle Helligkeit bei AAVSO [507] gefunden werden.<br />
21.5 Kommentierte Spektren<br />
Tafel 65: Demonstration der spektralen Entwicklung auf dem AGB. Zum Vergleich zwei<br />
überlagert dargestellte Breitbandspektren (200L). M(e) Stern Mira (o ceti) (siehe Tafel 63)<br />
und S-Klasse Stern R Cygni (S4/6e) [2] mit hohem C/O Index = 6. Der Vergleich der beiden<br />
Profile zeigt eindrücklich den radikalen Wandel von der Spektralklasse M(e) zu einem extremen<br />
S-Typen mit hohem C/O Index und eindrücklichen ZrO Absorptionen.<br />
R Cygni, HD 185456 (? Lj), ist stark veränderlich, gemäss AAVSO: Vvar ≈ 7.5 m – 13.9 m , und<br />
zeigt eine Periode von ca. 429 Tagen (LPV). Die Helligkeitsmaxima und -minima zeigen, im<br />
Vergleich der einzelnen Perioden, grössere Abweichungen. Bei der sauerstoffreichen Mira<br />
Atmosphäre dominieren noch die markanten TiO Bänder. Im Profil von R Cygni sind, infolge<br />
des starken Sauerstoffmangels, praktisch nur noch ZrO Absorptionsbanden, atomare Linien<br />
von S-Prozess Elementen, sowie eine kräftige Na I Absorption zu sehen. Infolge verschiedener<br />
Effekte, siehe [2], sind bei der extremen S-Klasse die äusseren Atmosphärenschichten<br />
„transparenter“ geworden. Deshalb erscheinen hier auch sämtliche Emissionslinien der H-<br />
Balmerserie – Hα allerdings, im Vergleich zu den Vorgaben des Balmerdekrements, deutlich<br />
gedämpft. Bei Mira sind nur Hγ und Hδ in Emission. Die Identifikation der 99 Tc Linien<br />
(„Intrinsic Marker“ Technetium) bei λλ 4238, 4262 und 4297 ist bei dieser niedrigen Auflösung<br />
unsicher. Das Profil wurde am 3.4.2011 (JD 2455654.56) im Bereich des Helligkeitsmaximums<br />
V ≈ 7.5 m (AAVSO) mit dem Celestron C8, 4x240 Sekunden, aufgenommen.<br />
Die detaillierte ZrO Linienidentifikation wurde hier ermöglicht durch [141] – in zweiter Linie<br />
mit [2].