Spektralatlas für Astroamateure - UrsusMajor
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<strong>Spektralatlas</strong> <strong>für</strong> <strong>Astroamateure</strong> 43<br />
11 Be Sterne<br />
Be Sterne bilden eine grössere Untergruppe der<br />
Spektralklasse B, zeigen eine hohe Rotationsgeschwindigkeit<br />
und kommen in geringer Zahl auch<br />
noch in der frühen A-Klasse vor. Sie stehen meist<br />
noch auf- oder nahe der Hauptreihe, mit einzelnen<br />
Exemplaren, welche das Riesenstadium erreicht haben.<br />
Die obere Grenze liegt bei der Leuchtkraftklasse<br />
III. Als erster Be- Stern wurde γ Cassiopeiae bereits<br />
1868 von Pater Angelo Secchi entdeckt, welcher<br />
sich über die „hellen Linien“ in diesem Spektrum<br />
University Western Ontario<br />
wunderte (Tafel 14A). Der Kleinbuchstabe e (Be) besagt bereits, dass hier Emissionslinien<br />
auftreten. Da das Be Stadiums oft nur temporär auftritt, fehlt bei dieser Sternklasse in einigen<br />
Datenbanken der Suffix e. Im Gegensatz zu den Sternen, welche durch expandierende<br />
Materie P Cygni Profile zeigen (Tafel 13), handelt es sich bei den Be-Typen um eine häufig<br />
nur temporär auftretende, in der Äquatorebene zirkumstellar rotierende Gasscheibe. Deren<br />
Entstehungsmechanismus ist noch nicht voll verstanden. Dieses Phänomen wird begleitet<br />
von Wasserstoff- und Heliumemissionen im Spektrum, sowie starker Infrarot- und Röntgenstrahlung.<br />
Ausserhalb dieser Phasen kann der Stern ein scheinbar normales Dasein in der<br />
B-Klasse fristen.<br />
Der ca. 450 Lj entfernte Dschubba , dominierende Komponente eines vierfach Sternsystems,<br />
ist seit etwa 2000 von der Spektralklasse B0.3 lV in den Be- Status mutiert und hat<br />
eine charakteristische Gasscheibe ausgebildet. Die scheinbare Rotationsgeschwindigkeit<br />
des Sterns wird mit ca. 180 km/s angegeben [505].<br />
Die Spektren in Tafel 14 reflektieren den Zustand der Gasscheibe zu verschiedenen Zeitpunkten.<br />
Die Hα Linie wurde am 18.8.2009 aufgenommen und steht voll in Emission. Ihre<br />
Intensität ist deutlich niedriger als bei P Cygni,<br />
trotzdem aber noch so gross, dass das interessante,<br />
schwächere Doppelpeak Profil der Heliumlinie<br />
bei λ 6678 übersehen werden könnte.<br />
∆V peak<br />
Um Details sichtbar zu machen, muss auch hier<br />
R<br />
ins Spektrum gezoomt werden. Dieser Doppelpeak<br />
entsteht aus einer Kombination von Doppler-<br />
und Perspektiveffekten, wie die Grafik zeigt.<br />
V<br />
Die Intensitäten V und R, sowie der Abstand der<br />
beiden Peaks, verraten einiges über den aktuell<br />
1 Kontinuumsniveau Ic=1<br />
erscheinenden Zustand der Scheibe. Detaillierte<br />
Infos mit Formeln und Beispielen siehe [30]<br />
Ic<br />
und [31].<br />
Auf diese Linien konzentriert sich das Hauptinteresse<br />
der Forschung. Es sind aber noch wei-<br />
0<br />
λHα Wellenlänge λ<br />
tere bemerkenswerte Effekte zu sehen. So zeigt auch Hβ eine Emissionslinie, welche hier<br />
aus einer breiten, photosphärischen Absorptionslinie des Zentralsterns emporwächst<br />
[250]. Solche spektralen Strukturen werden daher englisch auch emission- oder shell cores<br />
genannt [2]. Hγ, Hδ und Hε hingegen erscheinen bei dieser Auflösung als „normale“ Absorptionslinien,<br />
eine Anregung <strong>für</strong> Amateure, sich auch diese Linien mal höher auflösend<br />
anzusehen. Weiter ist bei ca. λ 3700 noch eine intensive Doppelpeak Emission zu sehen.<br />
Eine vergleichbare Struktur hat in diesem Wellenlängenbereich H.A. Abt als „Disk Line“ unter<br />
A-Type Disk Stars [702] beschrieben. In [2] wird das sechsstufige Klassierungssystem<br />
nach Lesh vorgestellt. Je mehr Linien der H Balmerserie (und einiger anderer Elemente) in<br />
Emission erscheinen, desto intensiver (höher) wird demnach das Be-Phänomen klassiert.<br />
Hier als Hinweis noch die erforderliche Anregungsenergie [eV] einiger H-Balmerlinien, ausgehend<br />
vom Grundzustand =1: Hα: 10.2, Hβ: 12.1, Hγ: 12.7, Hδ: 13.0<br />
Normierte Intensität<br />